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Schwarzer Engel

Schwarzer Engel

Titel: Schwarzer Engel
Autoren: Gena Showalter
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intelligent und einer der besten Fährtenleser im Himmelreich.
    Und Raphael würde sich von keiner Harpyie ablenken lassen, die er niemals würde kriegen können.
    Kriegen? Schmerzhaft verkrampfte sich Lysanders Kiefer. Er war nicht irgendein bösartiger Dämon. Er gierte nach nichts. Niemals. Und wenn er mit Bianka fertig war, wäre sie froh darüber. Es würde keine Spielchen mehr geben, kein Um-ihn-Herumflitzen, Berühren und Lachen. Die Anspannung in seinemKiefer ließ nach, doch gleichzeitig spürte er seine Schultern nach unten sacken. Vor Enttäuschung? Das konnte nicht sein.
    Vielleicht brauchte er selbst ein paar Tage, um sich zu beruhigen und es zu akzeptieren.
    Eine Woche lang hatte er sie allein gelassen, während hinter den Wolken die Sonne auf- und untergegangen war. Mit jedem Tag war Bianka wütender geworden – und wütender. Und wütender. Aber was schlimmer war: Sie war schwächer geworden. Harpyien konnten nur essen, was sie stahlen (oder verdienten, aber hier oben gab es keine Möglichkeit, sich auch nur den kleinsten Krümel zu erarbeiten). Und nein, das war keine Regel, die sie mal für eine Weile außer Acht lassen konnte. Es war ein Fluch. Ein Fluch der Götter, den ihr Volk seit Jahrhunderten ertragen musste. Verhasst wie die Harpyien waren, hatten die Götter sich zusammengefunden und bestimmt, dass keine Harpyie ein Mahl genießen konnte, das ihr aus freiem Willen gegeben oder von ihr selbst zubereitet worden war. Wenn sie es doch versuchten, mussten sie sich aufs Übelste übergeben. Was die Götter damit hatten erreichen wollen? Ihre Vernichtung.
    Stattdessen hatten sie allerdings dafür gesorgt, dass Harpyien von Geburt an lernten zu stehlen. Und fürs blanke Überleben würde selbst ein Engel sündigen.
    Das würde Lysander am eigenen Leib erfahren. Dafür würde sie sorgen. Arschloch.
    Hatte er das geplant, um sie zu foltern?
    In diesem Palast musste Bianka nur ein Wort sagen und das Gewünschte materialisierte sich direkt vor ihr. Ein Apfel – leuchtend rot und saftig. Truthahnbraten – üppig gefüllt und mit knuspriger Haut. Doch nichts davon konnte sie essen, und das brachte sie um. Wortwörtlich, verfluchte Scheiße.
    Zu Beginn hatte Bianka versucht auszubrechen. Mehrmals. Nur leider konnte sie im Gegensatz zu Lysander dem Grausamen nicht einfach von der Wolke springen. Wohin sie auch trat, breitete der Boden sich unter ihren Füßen aus, hart wie Marmor.Alles, was sie tun konnte, war, von einem traumartigen Zimmer ins nächste zu wandern und zu betrachten, wie sich auf den Fresken an den Wänden ganze Schlachten zutrugen. Einmal glaubte sie sogar Lysander entdeckt zu haben.
    Natürlich hatte sie im selben Augenblick „Stein“ befohlen und ein angenehm großer Felsbrocken war in ihrer Hand erschienen. Sie hatte ihn auf Lysanders Abbild geschleudert, aber das blöde Ding war einfach zur Erde gestürzt, statt Schaden anzurichten.
    Wo war er? Was machte er? Hatte er vor, sie auf diese Art umzubringen, trotz seiner Verneinung? Langsam und qualvoll? Wenigstens hatte sie keine Hungerkrämpfe mehr. Jetzt erfüllte sie nur noch ein zittriges Gefühl der Leere.
    Sie wollte ihn abstechen, sobald er ihr wieder unter die Augen kam. Und dann in Brand stecken. Und dann seine Asche auf einer Weide verstreuen, auf der richtig viele Tiere unterwegs waren. Er hatte es verdient, unter mehreren dicken, dampfenden Haufen erstickt zu werden. Wenn er allerdings noch länger wartete, wäre sie diejenige, die verbrannt und verstreut werden würde. Nicht einmal ein Glas Wasser konnte sie trinken.
    Außerdem – Kämpfen war nicht die richtige Art, ihn zu bestrafen. Das hatte sie schon an ihrem ersten Tag hier erkannt. Er ließ sich nicht gern berühren. Also war Berührung die beste Strafe für ihn. Und sie würde ihn berühren. Überall, von Kopf bis Fuß. Bis er sie anflehte, aufzuhören. Bis er sie anflehte, weiterzumachen.
    Sie würde ihn dazu bringen, es zu lieben , und es ihm dann wieder wegnehmen.
    Wenn sie solange durchhielt.
    Im Augenblick konnte sie sich kaum aufrecht halten. Aber warum versuchte sie es überhaupt?
    „Bett“, murmelte sie mit schwacher Stimme. Direkt vor ihr erschien ein großes Himmelbett. Seit ihrer Ankunft hier hatte sie nicht geschlafen. Normalerweise machte sie es sich auf einem Baum gemütlich, aber jetzt hätte sie es nicht nach oben geschafft,selbst wenn die Wolke damit vollgestanden hätte. Also ließ Bianka sich auf die dicke Matratze plumpsen, spürte die
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