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Schwarze Themse

Schwarze Themse

Titel: Schwarze Themse
Autoren: Anne Perry
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Männer an. »Schießen Sie, wenn’s sein muss.« Er ließ keinen Zweifel bezüglich seiner Absichten. Orme gab ihm eine Blendlaterne, und Durban ging, von Monk gefolgt, zur Luke. Als Durban dort ankam, zog er sie mit einem Ruck auf, und der Gestank der eingeschlossenen Luft drang Monk in die Kehle und drehte ihm den Magen um. Er hatte vergessen, dass es so übel sein konnte. »Ich gehe runter«, sagte Durban, das Gesicht vor Abscheu verzogen. »Sie bleiben hier. Ich sage Ihnen Bescheid, wenn ich was finde.«
    Â»Ich komme ...«, setzte Monk an.
    Â»Sie tun, was ich Ihnen sage!«, fuhr Durban ihn an. »Das ist ein Befehl! Sonst lasse ich Orme auch Sie mit vorgehaltener Waffe bewachen!«
    Monk sah in Durbans Augen, dass es keinen Sinn hatte zu streiten, zudem hatten sie dafür keine Zeit. Er trat zurück und sah zu, wie Durban sich über die Kante schwang, den Niedergang ertastete, die Laterne in die andere Hand nahm und hinunterstieg. Er wusste genauso gut wie Monk – und hätten die Geschworenen die Luke auf der »Maude Idris« in Augenschein genommen, hätten sie es auch gewusst –, dass ein Mann, der vom Niedergang hinunterstürzte, unmöglich auf dem Balken landen, sich eine tödliche Kopfverletzung zuziehen und dort liegen bleiben würde. Sein Körper wäre abgeprallt und weiter hinuntergestürzt, und er hätte sich, wenn er aufgeschlagen wäre, wahrscheinlich den Hals oder das Rückgrat gebrochen.
    Auf halbem Weg drehte Durban sich um und hielt die Laterne
so, dass er einen möglichst guten Überblick über das gestapelte Holz und die Kisten mit Gewürzen gewinnen konnte. Soweit Monk, der von oben hinabschaute, sich erinnern konnte, schien alles genauso zu sein wie vor drei Wochen, als er mit Louvain unten gewesen war.
    Durban stieg ganz hinunter. Unten blieb er erst einmal stehen. Er befand sich direkt oberhalb der Bilge.
    Monk konnte nicht warten. Er schwang ein Bein über den Rand der Luke und machte sich an den Abstieg. Durban brüllte ihn an, doch er überhörte es einfach. Er konnte ihn mit dem, was er zu finden fürchtete, nicht allein lassen.
    Durban hatte sich hingekniet und hielt das Licht nur wenige Zentimeter über die Bohlen. Die Spuren eines Stemmeisens waren deutlich zu erkennen, Einkerbungen, gesplittertes Holz, Rattenkot.
    Durbans Gesicht war grau, selbst in dem gelben Licht. »Gehen Sie wieder rauf«, befahl er Monk, als dieser halb den Niedergang herunter war. »Ist nicht nötig, dass wir zu zweit sind.«
    Monk zitterte und hatte Mühe, den von dem infernalischen Gestank ausgelösten Brechreiz zu unterdrücken. Er ignorierte Durbans Befehl.
    Â»Tun Sie, was ich Ihnen gesagt habe«, sagte der mit zusammengebissenen Zähnen.
    Monk blieb genau da, wo er stand. »Was ist da drunter?«
    Â»Der Kielraum natürlich!«, fuhr Durban ihn an.
    Â»Jemand hat die Bohlen aufgestemmt«, bemerkte Monk.
    Durbans Augen blitzten. »Das sehe ich! Raus hier!«
    Monk konnte sich nicht bewegen, selbst wenn er gewollt hätte. Das Entsetzen angesichts dessen, was er erwartete, ließ ihn erstarren.
    Â»Raus hier!«, sagte Durban und schaute zu ihm hoch. Seine Gefühle standen ihm deutlich ins Gesicht geschrieben. »Völlig überflüssig, dass wir beide hier unten sind. Reichen Sie mir das Brecheisen da drüben, und dann gehen Sie zurück an Deck. Ich sag’s nicht noch mal.«

    Irgendwo im Dunkeln plumpste eine Ratte auf den Boden und flitzte davon. Schließlich gehorchte Monk, kletterte langsam wieder nach oben, bis er die frische Luft erreichte und sie keuchend einatmete.
    Â»Was ist?«, fragte Orme heiser. »Was ist da unten?« Er streckte Monk die Hand hin und zerrte ihn über die Kante der Luke auf Deck.
    Â»Ich weiß nicht«, antwortete Monk und richtete sich auf. »Noch nicht.«
    Â»Und warum sind Sie dann wieder raufgekommen? Warum haben Sie ihn da unten allein gelassen? Der Gestank aus dem Kielraum ist Ihnen wohl nicht bekommen, was?« In seiner Stimme und seinem höhnisch verzogenen Mund lag ungeheure Geringschätzung, nicht für einen empfindlichen Magen, sondern für einen Mann, der einen anderen bei Schwierigkeiten im Stich ließ.
    Â»Ich bin wieder heraufgekommen, weil er es mir befohlen hat!«, antwortete Monk unglücklich. »Er wollte keinen Schritt tun, bevor ich nicht verschwunden
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