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Schwarze Pest aus Indien

Schwarze Pest aus Indien

Titel: Schwarze Pest aus Indien
Autoren: Stefan Wolf
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in gefährlicher Weise gewalttätig und in gewisser Weise
süchtig. Nicht nach Heroin, Haschisch oder Kokain, sondern nach aufputschenden
Tabletten. Deshalb hat er schon mehrmals Apotheken überfallen und ist in
Arztpraxen eingebrochen. Überhaupt: Überfälle und Einbrüche — damit verdient er
sich seinen Lebensunterhalt. Er hat zwei Vorstrafen. Gesucht wird er wegen
mehrerer Übeltaten. Bei der nächsten Verurteilung droht ihm langjähriger Knast.
Daß er ganz gut aussieht, könnt’ ihr ja feststellen“, sie deutete auf den
Steckbrief. „Wahrscheinlich ist diese Claudia in ihn verknallt. Und vielleicht
weiß sie gar nicht, an wen sie da ihr Herz gehängt hat.“
    Karl hob die Brauen über den Rand der
Nickelbrille. „Sagen wir’s ihr?“
    Tim schüttelte den Kopf. „Sie verteilt
zwar Extraportionen, aber Vernunft und Einsicht hat sie bestimmt nicht mit
Löffeln gefressen. Es besteht die Möglichkeit, daß sie Bescheid weiß über ihren
Macker — und trotzdem zu ihm hält. Weil er ihr Typ ist. Wenn wir dann mit der
Message ( Nachricht ) anrücken, hätte das nur zur Folge, daß sie ihn
warnt.“
    „Also“, schlußfolgerte Karl, „läuft es
darauf hinaus, daß wir Claudia Tümmel beschatten. Damit sie uns, ohne es zu
ahnen, zu Knobel hinführt. Dann greifen wir zu, und Gabys Vater hat eine Sorge
weniger.“
    Tim nickte. „Du sagst es.“
    „Und wie soll das ablaufen?“ fragte
Klößchen.
    „Claudia hat nachmittags und abends
frei. Wie wir. Da dürfte die Beschattung kein Problem sein. Außerdem deuten die
heftigen Küsse darauf hin, daß sie ihn nicht erst Weihnachten wiedertrifft.“
    Klößchen richtete sein inneres Auge auf
die Erinnerung. „Hast recht. Abschiedsküsse waren das nicht. Eher solche von
der Sorte: Auf ein neues!“
    Wieder beugte Tim sich über den
Steckbrief.
    Knobel hatte ein schmales, ebenmäßiges
Gesicht mit hellen Augen. Über der Nasenwurzel wuchsen die Brauen zusammen. Das
dunkle Haar war in der Mitte gescheitelt — zumindest auf dem Steckbrieffoto —
und hing in schwachen Wellen über die Ohren. Am linken steckte ein kleiner
Ring, vermutlich golden. Das Kinngrübchen fiel auf — und der pfenniggroße
Leberfleck unter dem linken Auge.

    „Er wirkt ausgeschlafen“, murmelte Tim.
„Wahrscheinlich hat er sich vor dem Fototermin Aufputschtabletten
reingepfiffen. Aber irgendwann macht das Schlafstörungen, und die Typen drehen
durch wie bei Tollwut.“
    Gaby ging zum nächsten Tisch und setzte
sich auf die Kante. Der blaue Pullover mit dem Zopfmuster war neu. Gaby hatte
den goldblonden Pferdeschwanz zu einem Dutt hochgedreht, was ganz süß aussah.
    „Wenn wir Knobel entdecken“, sagte sie,
„könnte das ein toller Schlag gegen die Unterwelt werden. Nach den neuesten
Erkenntnissen, die meinem Papi im Präsidium vorliegen, hat Knobel sich nämlich
mit zwei anderen Ganoven zusammengetan. Man spricht schon von der K-B-F-Gang. K
steht für Detlef Knobel, B für Richard Beize, genannt Dampfnase, F für Paul
Frese, der den Spitznamen Drücker hat, weil er früher als Hausierer und
Klinkenputzer umherzog — und immer auf die Klingelknöpfe drücken mußte, um
seinen Ramsch an der Tür zu verkaufen.“
    „Interessant!“ meinte Tim. „Es geht
doch nichts über Infos aus erster Hand. Weißt du noch mehr?“
    „Alle drei sind hauptberuflich
Einbrecher, aber mit unterschiedlicher Masche. Knobel gilt als Knacker, der
Safes und Tresore aufbricht. Dampfnase Beize ist ein sogenannter
Telefon-Ausbaldowerer. Das heißt, er sucht sich seine Opfer aus dem Telefonbuch
raus und ruft an, um festzustellen, ob — beziehungsweise wann — niemand zu
Hause ist. Dabei hat er die irrsten Tricks drauf. Frese ist ein typischer
Tageseinbrecher, bevorzugt noble Villen und wanzt sich an als hausierender
Klinkenputzer. Weil er das gelernt hat.“
    „Aber jeder ist Einzelgänger und
arbeitet solo?“ fragte Tim.
    Gaby bestätigte das.
    „Weshalb haben sie sich dann zu einer
Gang zusammengeschlossen?“
    „Mein Papi vermutet, daß sie sich zu
dritt stärker fühlen, wenn es darum geht, mit dem Hehler zu verhandeln, der
ihnen die Diebesbeute abnehmen soll. Wenn sie — die Lieferanten — sich
organisieren, können sie höhere Preise rausschinden.“
    „Das ist marktwirtschaftlich richtig“,
nickte Karl, „und überall üblich. Gleiches Recht für alle, also auch für die
Rechtsbrecher.“
    „Eine bedenkliche Zeiterscheinung“,
stellte Tim fest.
    Karl bückte sich.
    Ihm war der Katalog, den er
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