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Schwarze Madonna

Schwarze Madonna

Titel: Schwarze Madonna
Autoren: Astrid Vollenbruch
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Porzellanteller gerieten ins Rutschen. Der Mexikaner stieß einen Schrei aus und versuchte seinen Tisch festzuhalten, aber die anderen beiden Männer hielten ihn zurück. Der Tisch fiel um, krachte gegen das Geländer des Piers, und der gesamte Trödel rutschte hinunter. Einige Stücke krachten auf den Pier und zerbrachen, aber der Rest stürzte fünf Meter tief ins Wasser. Die Maskierten bogen sich vor Lachen – und dann packte der Größte der Männer den Händler und hob ihn scheinbar mühelos hoch. »Du hängst an deinem Zeug, was? Dann geh und hol es dir!« Und er schleuderte ihn über das Geländer. Mit einem Aufschrei stürzte der junge Mann nach unten und verschwand mit einem lauten Klatschen im Meer.
    Justus, Peter und Bob, die der kurzen Szene entsetzt zugesehen hatten, stürzten zum Geländer. Tief unten trieben ein paar Puzzlespiele und Figuren im dunklen Wasser. Die Wellen schlugen gegen die Holzpfeiler des Piers. Der junge Mann war verschwunden.
    Und er tauchte auch nicht wieder auf.

Der Held von Carino Beach
    Im nächsten Moment waren die vier Männer auf und davon und Peter kletterte auf das Geländer. Justus griff nach ihm, um ihn zurückzuhalten, aber er riss sich los und sprang. Mit einem Klatschen tauchte er ins Wasser ein, das ihm nach der Hitze auf dem Pier eiskalt vorkam. Der Schock nahm ihm kurz den Atem, dabei war das Meer hier höchstens fünf Meter tief und eigentlich recht warm. Er öffnete die Augen und schaute sich im dämmerigen Wasser um. Im Sand unter ihm lagen einige Gegenstände vom Stand des Trödlers, aber der junge Mann selber war nirgends zu sehen. Peter tauchte auf. Dicht neben ihm klatschte ein Rettungsring aufs Wasser und verfehlte seinen Kopf nur knapp. Er hielt sich daran fest und schaute sich um, während er kräftig gegen die Wellen anschwamm, um auf der Stelle zu bleiben. Hoch über ihm sah er die Köpfe seiner Zuschauer. Jemand rief nach der Polizei und der Küstenwache.
    »Justus!«, schrie er nach oben. »Bob! Könnt ihr ihn sehen?«
    »Nein!«, rief Justus zurück, und Peter tauchte wieder ab. Ein Schwarm silbriger Fische schoss davon und verschwand im dunklen Schatten zwischen den Holzpfeilern des Piers. Da! Da war doch eine Bewegung! Peter schaute genauer hin und sah gerade noch eine Gestalt in den Schatten verschwinden.
    Er tauchte auf, griff nach dem Rettungsring und zog ihn hinter sich her, als er zu den Pfeilern hinschwamm. Die Wellen warfen ihn immer wieder zurück und erst im letzten Moment erkannte er einen riesigen, gezackten Splitter, der aus dem Holz herausragte. Peter suchte sich eine andere Stelle, wuchtete den Rettungsring hinauf und kletterte hinterher. Dann sah er den jungen Händler: triefend nass kauerte er zwischen den Pfählen. Sein T-Shirt und die blauen Shorts klebten ihm am Körper, er zitterte heftig und presste eine Hand auf die Brust. Das bunt gemusterte T-Shirt war zerfetzt und blutdurchdränkt.
    Peter fluchte leise. Der Händler musste sich an dem Splitter verletzt haben, als er aus dem Wasser kletterte. Damit war der Rettungsring nutzlos geworden – mit einer solchen Verletzung durfte man nicht ins Wasser, wenn man keine Haie anlocken wollte.
    Vorsichtig kletterte er zu dem Verletzten hinüber. Jetzt konnte er sehen, dass der Mexikaner nur ein paar Jahre älter war als er selbst. Peter warf einen Blick auf die Wunde.
    »Sieht übel aus«, sagte er. »Komm! Ich helfe dir beim Klettern – ins Wasser kannst du damit nicht!«
    Der Mexikaner hob den Kopf und schien ihn erst jetzt zu bemerken. Sein Gesicht war schmerzverzerrt. »Hat Shef dich hinter mir hergeschickt?«, presste er hervor. »Hau bloß ab! Lass mich in Ruhe!«
    »Wie bitte?«, fragte Peter verdutzt. »Was für ein Jeff? Nein, mich hat niemand geschickt! Und mit so einer Verletzung gehörst du ins Krankenhaus. Wie heißt du?«
    »José Santanda. Aber ich –«
    »Ich bin Peter Shaw. Gib mir mal deine Hand, ich helfe dir da raus.« Peter klang mutiger als er war, denn er hatte keine Ahnung, wie er José zum Strand bringen wollte. Der Mexikaner schüttelte den Kopf und wehrte Peters Hand wütend ab. Plötzlich jedoch wurde er ganz bleich, verdrehte die Augen und kippte zur Seite. Peter konnte ihn gerade noch auffangen, bevor er ins Wasser rutschte.
    Verzweifelt blickte Peter sich um. Über seinem Kopf hörte er die aufgeregten Stimmen der Händler auf dem Pier. Das war doch zum Verrücktwerden – die Leute waren keine fünf Meter entfernt und konnten ihm trotzdem nicht helfen!
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