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Schwarze Engel

Schwarze Engel

Titel: Schwarze Engel
Autoren: Michael Connelly
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er.
    »Das weiß ich noch nicht«, sagte Bosch. »Wahrscheinlich nur ein paar Tage.«
    »Hier drauf ist eine Woche. Das sind alle Austragungen. Sie wollen doch die Austragungen, nicht die Eintragungen, richtig?«
    »Ja.«
    Damit sich Bosch das Log ansehen konnte, ohne daß Howdy mitbekam, was er tat, ging er mit dem Klemmbrett zu der Theke mit den Formularen. Er fand, was er suchte, auf der ersten Seite. Chastain hatte diesen Morgen um sieben Uhr den Erhalt eines Beweismittelbehälters bestätigt. Bosch griff sich eins der Ausgabeformulare und begann es auszufüllen. Beim Schreiben stellte er fest, daß der Bleistift ein Black Warrior No. 2 war, die bevorzugte Marke des LAPD.
    Er kehrte mit dem Klemmbrett und dem Formular zum Schalter zurück und schob beides durch den Schlitz.
    »Die Schachtel könnte noch auf dem Rückgabewagen sein«, sagte er. »Sie wurde erst heute morgen abgeholt.«
    »Nein, sie ist sicher schon wieder an ihrem Platz. Wir lassen hier keinen Schlendrian einreißen –« Er blickte auf das Formular und den Namen, den Bosch eingetragen hatte. »– Detective Friendly.«
    Bosch nickte und lächelte.
    »Das kann ich mir denken.«
    Howdy entfernte sich vom Fenster, stieg auf einen Golfcart und fuhr damit in das Innere des riesigen Lagerraums. Keine drei Minuten später tauchte er wieder auf und stellte den Wagen ab. Er trug eine mit Klebeband verschlossene rosafarbene Schachtel an den Schalter, entriegelte das Maschendrahtfenster und reichte Bosch die Schachtel.
    »Detective Friendly, hm? Sie werden an die Schulen geschickt, damit Sie mit den Kids reden, ihnen erklären, sie sollen nein zu Drogen sagen und sich von Gangs fernhalten, lauter solche Scheiße?«
    »Etwas in der Art.«
    Howdy zwinkerte Bosch zu und schloß das Fenster. Bosch ging mit der Schachtel in eines der geschlossenen Abteile, damit er sich ihren Inhalt ungestört ansehen konnte.
    Die Schachtel enthielt Beweismittel für einen abgeschlossenen Fall, die Ermittlungen, die Detective Francis Sheehan vor fünf Jahren anläßlich der Ermordung von Wilbert Dobbs geführt hatte. Nach ihrer Herausgabe an diesem Morgen war sie neu mit Klebeband verschlossen worden. Bosch durchtrennte das Band mit dem kleinen Messer, das er an seinem Schlüsselbund hatte, und öffnete die Schachtel. Sie aufzubekommen dauerte länger, als darin zu finden, wonach er suchte.
     
    Bosch ging durch die demonstrierende Menge, als wäre sie gar nicht da. Er schien sie nicht zu sehen und ihre Sprechchöre Keine Gerechtigkeit, kein Frieden nicht zu hören. Einige von ihnen bombardierten Bosch persönlich mit Beleidigungen, aber auch sie hörte er nicht. Er wußte, bloß vom Hochhalten eines Transparents oder eines Pappsargs bekam man keine Gerechtigkeit. Gerechtigkeit fand man nur, wenn man sich auf die Seite der Rechtschaffenen stellte, wenn man nicht vom rechten Weg abwich. Und er wußte, wahre Gerechtigkeit war für alle Farben blind bis auf eine: die Farbe von Blut.
    Nachdem er in sein Auto gestiegen war, öffnete Bosch seinen Aktenkoffer und suchte in seinen Unterlagen nach der Liste mit Telefonnummern, die er am Samstag morgen zusammengestellt hatte. Er wählte die Nummer von Chastains Pager und gab seine Handynummer ein. Dann saß er fünf Minuten im Auto und beobachtete die Demonstranten. Während er auf Chastains Rückruf wartete, verließen mehrere Fernsehteams ihre Stellungen und eilten mit ihrer Ausrüstung zu ihren Vans. Plötzlich merkte er, daß die Hubschrauber schon alle weg waren. Er setzte sich kerzengerade auf. Auf seiner Uhr war es zehn vor elf. Wenn die Nachrichtenteams geschlossen abzogen, bevor sie ihre Meldungen gebracht hatten, mußte etwas passiert sein – etwas Größeres. Er machte das Radio an, das bereits auf KFWB gestellt war, und geriet mitten in eine Meldung, die von einer vor Aufregung zitternden Stimme verlesen wurde.
    »– aus dem Fahrzeug, dann wurde die Menge handgreiflich. Verschiedene Umstehende versuchten zwar die Angriffe der aufgebrachten Jugendlichen zu verhindern, was ihnen jedoch nicht gelang. Die Feuerwehrmänner wurden von mehreren Gruppen von Randalierern überwältigt und attackiert, bis ein Zug von LAPD-Einheiten die Kreuzung stürmte, die Opfer befreite und sie in Streifenwagen wegbrachte – vermutlich, um sie im nahegelegenen Daniel Freeman Hospital ärztlich versorgen zu lassen. Das zurückgelassene Feuerwehrauto wurde, nachdem es der Mob vergeblich umzustürzen versucht hatte, in Brand gesteckt. Die Polizei
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