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Schwarze Dynastie

Schwarze Dynastie

Titel: Schwarze Dynastie
Autoren: C. M. Kornbluth
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lockern. Wie konnte es Sünde sein, Messen für Goodie Howats Seele zu stiften oder einen besseren Preis für Bier zu bekommen und die Heuernte des Dorfes zu retten? Der Teufel war natürlich ein raffinierter Bursche und kannte jeden Trick, den aber doch sicher nicht. Noch ein paar solcher Tricks, und die Pfarrei wäre in Paradies auf Erden!
    Vater Ambrosius eilte in die Kirche, um Erleuchtung zu suchen. Denn die Liebe zum Geld ist die Wurzel allen Übels, las er in der großen metallbeschlagenen Bibel.
    Und da überkam ihn die Erleuchtung. Die Worte des heiligen Paulus bezogen sich ganz bestimmt nicht auf des Goldschmieds Liebe zum Geld, sondern auf die von Sir Balduin.
    Mit wehender Kutte eilte er in seine Zelle zurück, und bald kratzte seine Feder über das Pergament. Der letzte Rest von Tacitus' Annalen ging unter in einem Sermon, der Sir Baldwin für ruchlosen Geiz, der gegen Gottes Gesetze verstieß, gründlich brandmarkte, einen Mann also, der sich weigerte, Fallowfield einem Geldverleiher zu überlassen. Man würde am Sonntag in der Kirche Beifallsgemurmel vernehmen, und Sir Baldwin mußte wohl manchen düsteren Blick hinnehmen, weil er den Wohltäter und Freund der Pfarrei, den Geldverleiher, zu betrügen versuchte.
    »Und das«, schloß F. W. Taylor lachend, »ist die Darstellung dessen, wie die Macht von einem Paar Händen in ein anderes übergeht und wie die Zustimmung der Öffentlichkeit dieser Veränderung folgt. Merkwürdig, aber die Leute glauben immer, jeder Machtwechsel sei der letzte, der sich je wieder ereignen könne.«
    »Onkel«, sagte Orsino, »jemand hat mich zu töten versucht.«
    Taylor starrte seinen Neffen eine Weile sprachlos an. »Was ist denn passiert?« fragte er schließlich.
    »Ich ging mit fünf Leibwächtern zum Theater. Deren Boß, ein Mann namens Halloran, schoß auf mich. Einer meiner Leibwächter trat ihm in den Weg. Er wurde getötet.«
    Taylors Finger trommelten einen Wirbel auf seiner Haussprechanlage, und auf verschiedenen Schirmen erschienen verschiedene Gesichter, die mit Befehlen beschossen wurden. »Charles Orsinos Chefleibwächter für heute namens Halloran. Nachprüfen. Er versuchte Orsino zu töten. Auch alle übrigen Leibwächter von heute überprüfen.«
    Er schaltete das Sprechgerät ab und wandte sich an seinen Neffen. »Und jetzt zu dir. Was hast du getan?«
    »Nur meine Arbeit, Onkel«, antwortete Orsino ein wenig unsicher.
    »Noch immer der kleine Geldeinsammler?«
    »Ja.«
    »Mit Weibern herumgespielt?«
    »Nichts, was der Rede wert wäre, Onkel. Nichts Ernsthaftes.«
    »In letzter Zeit einen degradiert oder zusammengestaucht?«
    »Nein, bestimmt nicht. Die Wache läuft wie eine Uhr. Ihre Moral kann sich mit jeder östlich vom Mississippi messen. Warum nimmst du das jetzt so ernst?«
    »Du bist der dritte. Die anderen beiden – dein Vetter Thomas McGurn und dein Onkel Robert Orsino – hatten keine Leibwächter, die sich vor sich stellten. Noch eine Frage.«
    »Ja, Onkel?«
    »Mein Junge, warum hast du mir das nicht sofort gesagt, als du hereinkamst?«

 
4.
     
    Am folgenden Tag wurde ein Familienrat einberufen. Orsino hatte seiner Jugend wegen noch nie einen miterlebt. Er wußte, weshalb man jetzt diese Ausnahme machte, und den Grund dafür mochte er gar nicht.
    Edward Falcaro ließ seinen prächtigen weißen Bart wippen und knurrte die etwa dreißig versammelten Syndikatsmitglieder an: »Ich denke, Produktionszahlen und dergleichen sparen wir uns. Ich will nur über diese verdammte Schießerei sprechen. Dick, berichte.«
    Richard W. Reiner stand auf. »Thomas McGurn«, sagte er, »ermordet am 15. April durch eine Salve aus einer Maschinenpistole in seinem privaten Speisezimmer im Astor. Elsie Warshofsky, seine Bedienung, mußte zwar die Hauptverdächtige sein, aber ...«
    »Verdächtig, zum Teufel!« fauchte Edward Falcaro. »Sie hat ihn doch ermordet, oder nicht?«
    »Das wollte ich eben sagen, aber der Beweis ist bisher doch nur kumulativ. Mrs. Warshofsky sprang, fiel oder wurde aus dem Fenster des Speisezimmer gestoßen. Die Waffe fand man neben dem Fenster. Zeugen kennen wir keine. Mrs. Warshofskys Geschichte weist keine ungewöhnlichen Züge auf. Eine Bekannte von ihr legte eine Erklärung vor, die aber, wie sie offen zugab, nur auf Vermutungen beruhte, daß Mrs. Warshofsky manchmal so gesprochen habe, als sei sie vielleicht Mitglied einer geheimen Terrororganisation, die wir unter dem Namen D.A.R. kennen. In diesem Zusammenhang sollten wir
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