Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarze Blüte, sanfter Tod

Schwarze Blüte, sanfter Tod

Titel: Schwarze Blüte, sanfter Tod
Autoren: Harry Thürk
Vom Netzwerk:
haben können. Aber es war kein Mietwagen, denn er trug nicht das Schild der Verleihfirma am Armaturenbrett. Was hieß das?
    Da ich nicht an Wunder glaube, schied die Möglichkeit aus, daß der Frühlingsrollentransporteur woanders zu Besuch war als bei Miß Silva. Was konnte er wohl bei ihr zu erledigen haben, wenn sie auf mich als Gast wartete?
    Zurück bei meinem Toyota setzte ich mich hinter den Lenker und tippte Miß Silvas Telefonnummer in mein Handy. Aber so oft das Rufzeichen auch ertönte, Miß Silva nahm den Hörer nicht ab. War sie mit dem Braten der Lammkoteletts beschäftigt? Bereitete sie die Beilagen zu? Ich erinnerte mich an den Zuschnitt ihrer Wohnung. Das Telefon war da überall zu hören, in der Miniküche sowieso, aber selbst im Bad würde das Signal zu vernehmen sein. War sie vielleicht gerade in diesem Bad auf eine Art in Anspruch genommen, die es ihr nicht erlaubte, an den Apparat zu laufen? Ich drückte den Aus-Knopf und wartete. Zählte an den Fenstern die Etagen ab, bis ich bei der siebenten war. Und stellte fest, daß die beiden letzten Fenster, ganz hinten, auf die Außenwand zu, wo Miß Silvas Apartment lag, dunkel waren. War sie überhaupt zu Hause? Ich erinnerte mich, daß die anderen Fenster um die Hausecke lagen. Selbstverständlich würde sie zu Hause sein, wenn sie eine Einladung aussprach! Falls etwas geschehen sein sollte, das meinen Besuch unerwünscht machte, etwa das unerwartete Auftauchen dieses Liao Tu, hätte sie mich anrufen und unser Treffen verschieben können. Ebenso wie sie den ungebetenen Besucher auffordern konnte zu verschwinden. Sie hatte das offenbar nicht getan. Und sie hatte mich nicht angerufen!
    Wieder tippte ich ihre Nummer ein. Wartete. Nichts. Dann aber ging plötzlich in einem der Fenster, die nach meiner Schätzung zu Miß Silvas Apartment gehörten, Licht an. Was sollte das bedeuten? Ich wählte sofort wieder. Und wieder ertönte das Rufsignal, bis ich es aufgab.
    In dieser Sekunde erlosch das Licht hinter dem Fenster, das ich nicht aus den Augen gelassen hatte. Ich lehnte mich zurück und versuchte, meine Gedanken zu konzentrieren. Aber ich kam nicht weit. Mein Handy meldete sich.
    Die etwas aufgeregt wirkende Stimme von Miß Silva: »Ach ... bin ich froh ... Sind Sie noch unterwegs ...?« Sie wartete meine Antwort nicht ab. Sprudelte weiter: »Es tut mir ja so leid – wenn ich mir schon einmal etwas vornehme ...! Ich muß ... ich habe ... mußte einen Spezialkunden, Sie verstehen schon, er hatte Sonderwünsche ... ich bin mit ihm im Geschäft ... und er wählt ...«
    Die Stimme wurde leiser. »Es wird nicht mehr lange dauern! Einer dieser Kunden ... Sie verstehen! Ich würde unser Essen nicht gern verschieben! Könnte in einer vertretbaren Zeit da sein. Mein Schlüssel ist bei der Nachbarin. Ich habe ihr vorsichtshalber gesagt, es würde jemand kommen, der mein Vertrauen hat – sie würde Ihnen den Schlüssel geben. Wollen wir es so machen?«
    Einen Augenblick war ich versucht, sie zu fragen, ob sie nicht etwa doch aus ihrem Apartment spräche, weil da gerade Licht gewesen war. Aber dann erinnerte ich mich an Liao Tu, und ich mußte mich zusammennehmen, um einigermaßen freundlich zu bleiben, als ich sie gezielt wortreich tröstete: »Liebe Miß Silva, ich kann selbstverständlich auch morgen kommen! Es wäre vielleicht nicht gut für das Geschäft, wenn Sie den Sonderkunden zur Eile drängten ... Gar kein Problem für mich, morgen. Schließlich kann eine Geschäftsfrau wie Sie nichts dafür, wenn so ein potenter Kunde mit Spezialwünschen unerwartet erscheint. Wenn Sie wüßten, wie oft so etwas bei mir geschieht! Ganz ähnlich! Auch bei mir kommen da Leute zu ganz unmöglichen Zeiten ... Ich wäre für morgen. Gleiche Zeit. Einverstanden ...?«
    Mein Redeschwall stimmte sie nicht um. Ich sollte sie in ihrem Apartment erwarten. Selbst ein Erdbeben würde nichts mehr daran ändern, daß wir die Lammkoteletts aßen!
    Was soll da ablaufen? fragte ich mich. Sobald ich in der Tür ihres Apartments auftauchte – wenn ich bis dahin kam –, stünde ich Liao Tu gegenüber. Und dann – was? Ich erinnerte mich an die Warnung Bobby Hsiangs. Griff unwillkürlich nach meinem Chiefs Special, den ich im Hosenbund stecken hatte. Gleichzeitig fiel mir ein, statt ihr Apartment
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher