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Schwarze Blüte, sanfter Tod

Schwarze Blüte, sanfter Tod

Titel: Schwarze Blüte, sanfter Tod
Autoren: Harry Thürk
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Personal jemand zu später Stunde nicht mehr heimfahren wollte, stets einige Räume zur Verfügung. Ich selbst hatte sie schon wiederholt benutzt. Und so einigten wir uns schnell. Nur daß ich meiner Freundin beizubringen hatte, ich müßte noch einmal weg. Sie nahm es gelassen. War lange genug mit mir zusammen, um zu wissen, daß dieser Beruf Gesetze hatte, die man schon eher als Chaos bezeichnen konnte. Immerhin konnte ich mich in dem kleinen Quartier erst einmal für eine Weile auf die Couch legen, um Vorrat anzuschlafen für eine voraussichtlich lange Nacht.
    Der stille Raum, in dem der Lärm von Aberdeen fehlte, die Sirenen, die Motoren, das Stimmengewirr und das Klatschen der Wellen an die Bordwand, strahlte soviel Ruhe aus, daß meine innere Uhr diesmal versagte und die Pause sich länger ausdehnte, als ich beabsichtigt hatte.
    Pipi lachte schadenfroh, als ich an der Rezeption erschien. Sie verriet mir, sie hätte es am liebsten gehabt, wenn ich geschlafen hätte, bis ihr Dienst zu Ende war.
    Â»Ich hätte dich schon geweckt!« zog sie mich auf. Und sie warnte mich davor, bei meiner Rückkehr das Zimmer zu verwechseln. Nebenan schlafe die Tochter des Chefs!
    Eigentlich hatte ich ein lausiges Gewissen. Pipi ahnte zwar nichts davon, daß die aparte Dame aus der Juwelenbranche meine Gedanken arg durcheinander gebracht hatte. Aber nun ging es nicht mehr so sehr um ihren Eindruck auf mich, sondern vielmehr um das Versagen meines professionellen Instinktes für eine immerhin beträchtliche Zeit.
    Bobby hatte sich zwar Mühe gegeben, das nicht allzu deutlich auszusprechen, aber es war mir an dem, was er sagte, schon klargeworden. Und ein Ermittler, der über seiner Schwärmerei für die Schönheit einer Dame vergißt, daß sie eine der Hauptpersonen in einem Mordfall ist, verdient Minuspunkte. Auch wenn er es nur für kurze Zeit vergißt.
    Â»Ich gebe mir Mühe, bis Mitternacht zurück zu sein«, versprach ich Pipi. Und ich hatte in der Tat nicht die Absicht, mich bei Miß Silva länger aufzuhalten, als es ein Dinner und ein paar bisher versäumte Fragen erforderten, die ich ihr stellen wollte.
    Unweit des Excelsior kaufte ich noch bei einem Händler am Straßenrand einen Strauß tropischer Wildblumen, die als Aufmerksamkeit bei solchen Anlässen just in Mode gekommen waren. Dann ging es ab in Richtung Tunnel.
    Während der Fahrt nach Kowloon hatte ich genug Zeit, mir nochmals zu überlegen, wie ich bei Miß Silva vorgehen würde. Weil sie nicht nur viel mehr wußte, als sie zuzugeben bereit war, und weil es außerdem Anlaß gab, über ihr Verhalten sehr mißtrauisch zu sein, war ich entschlossen, keine Zurückhaltung mehr zu üben. Meine Bewunderung für die Dame war nach dem, was Bobby mir zu denken gegeben hatte, einem massiven Groll gewichen.
    Lady Silva hatte sehr früh bemerkt, daß ich für sie das hatte, was unsere britischen Herren in ihrer noblen Ausdrucksweise immer »eine weiche Stelle« zu nennen pflegten. Und sie hatte das kühl einkalkuliert. Den ganzen Umfang dessen, was sie betrieben hatte, oder noch betrieb, würde ich ans Licht bringen, jetzt. Zum Teufel mit der Bewunderung ihrer Schönheit! So leicht wie vorher würde mich ihr Lächeln nicht mehr einfangen, da war ich sicher ...
    Als ich die Park Drive erreicht hatte, merkte ich, daß die Gegend, obwohl die hohen Bauten zwischen dem Grün viele Mieter beherbergten, um diese Abendzeit bereits sehr ruhig war. Außerdem fiel auf, daß wenige Autos an der Straße herumstanden. Die Eigentümer der in die parkähnliche Landschaft gesetzten Wohnklötze hatten nicht nur ein Parkhaus bekommen, sondern außerdem noch eine Kette niedriger Garagenbauten, die sich an einen Supermarktkomplex mit Serviceeinrichtungen anschloß. Ich suchte mir erst einmal im Rücken des Silos, in dem Miß Silva ihr Apartment hatte, ein Laternenplätzchen, und das führte zu meiner ersten Überraschung: da stand, eine Laterne vor mir, ein bräunlich glänzender, älterer Ford, den ich an der Nummer sogleich als den erkannte, dem Mister Liao Tu in Aberdeen entstiegen war, heute vormittag!
    Ich besah mir das Auto näher. Es gab keinen Zweifel, dies war der Ford von heute morgen. Wenn es ein Leihwagen gewesen wäre, hätte ich die Chance eines Zufalls erwogen – ein anderer Kunde hätte ihn am Nachmittag gemietet
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