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Schwarzbuch WWF: Dunkle Geschäfte im Zeichen des Panda (German Edition)

Schwarzbuch WWF: Dunkle Geschäfte im Zeichen des Panda (German Edition)

Titel: Schwarzbuch WWF: Dunkle Geschäfte im Zeichen des Panda (German Edition)
Autoren: Wilfried Huismann
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Wald wegbringen.«

    Muthamma, Stammesführerin
    30 Dörfer in der Gegend sollen verschwinden – insgesamt 15.000 Menschen. Muthamma hat mit den anderen Dörfern Kontakt und organisiert den Widerstand: »Wir leben seit Jahrhunderten mit den Tieren zusammen; wir töten sie nicht, und die Tiger töten uns nicht. Der Tiger ist für uns eine Gottheit. Drüben im Wald gibt es einen Tigeraltar. Die Naturschützer aus der Stadt verstehen den Wald nicht. Solange wir hier leben, sind auch die Tiere sicher. Wenn wir weg sind, haben die Holzfäller und Wilddiebe freie Bahn.«
    Von der ersten Vertreibung aus dem Nagarhole-Nationalpark hätten nicht die wilden Tiere profitiert, sondern die Geschäftemacher aus der Stadt, so Muthamma. Bestimmte Gebiete im Nationalpark wurden wenige Jahre nach der Vertreibung der Ureinwohner von der Regierung zu Waldnutzungszonen »umgewidmet«. Allein im Nagarhole-Park entstanden auf dem Gebiet von 40 ehemaligen Adivasi-Dörfern Eukalyptus- und Teakholzplantagen. Überall in Indien dringen Holzeinschlagsfirmen, Bergbauunternehmen und Fabriken in die Nationalparks vor und dezimieren sie. Oft ist die Enteignung der Adivasi nur der erste Schritt zur Eroberung des Waldes durch die Industrie.
    Das hinderte den WWF Indien nicht daran, die Adivasi im ganzen Land zumindest indirekt weiter unter Druck zu setzen. Er war mit der indischen Regierung unzufrieden, weil sie die Umsiedlungspolitik in den 1980er-Jahren schleifen ließ – aus Gleichgültigkeit oder auch, um weitere Konflikte zu vermeiden. Im August 1997 erwirkte der WWF Indien schließlich ein Urteil des Obersten Gerichtshofes, das die Regierungen der Bundesstaaten dazu zwang, die vereinbarten Umsiedlungen der Adivasi innerhalb eines Jahres durchzuführen.1 Der WWF sah in diesem Beschluss einen historischen Sieg der Naturschutzbewegung, Millionen Waldmenschen jedoch bekamen Angst; sie würden ihre Sachen packen und aus dem Wald verschwinden müssen. Wenn sie bleiben durften, mussten sie ihre wirtschaftlichen Aktivitäten einstellen: Jagen, Fischen oder das Sammeln von Waldfrüchten.
    Das vom WWF herbeigeführte Urteil war aus Sicht des prominenten indischen Umweltschützers und Greenpeace-Präsidenten Ashish Kothari »selbstmörderisch«. Denn überall im Land kam es als Folge des Richterspruchs zu Unruhen und Widerstandsaktionen. »Naturschützer, die glauben, dass wilde Tiere unter solchen Bedingungen geschützt werden können, leben in einem Paradies für Verrückte«2, so Ashish Kothari. Die Adivasi sahen jetzt in den Naturschützern ihre natürlichen Feinde, und die Menschenrechtsbewegung Ekta Pareshad organisierte einen Marsch von 30.000 Adivasi auf die Hauptstadt Neu Delhi. Vereinzelt gab es auch gewalttätige Aktionen: Einige Stämme gingen aus Verzweiflung dazu über, Tiger zu vergiften. Ohne Tiger keine Vertreibung, das war ihre letzte Hoffnung. Im gesamten Land führte die Umsiedlungspolitik zu Gewalt und Chaos.
    Der Widerstand der Adivasi gegen ihre Enteignung wurde so stark, dass das indische Parlament im Dezember 2006 das Gesetz über die Waldrechte verabschiedete, mit dem die Eigentumsrechte der Ureinwohner zum ersten Mal gesetz lich garantiert wurden. Jedem Adivasi stehen demnach 2,5 Hektar Waldland zu. Umsiedlungen darf es nur noch auf freiwilliger Basis geben. Das Gesetz rief heftigen Protest und juristische Gegenattacken von Naturschutzverbänden und der Forstbehörde hervor; im Alltag der Forstverwaltung wird der Beschluss häufig ignoriert. Immer wieder kommt es zu illegalen Vertreibungen. Immerhin haben die Adivasi und andere Waldvölker jetzt die Chance, ihre Rechte vor Gericht einzuklagen. Unterstützung erhielten sie auch von den Vereinten Nationen. Im September 2007 beschloss die UN-Vollversammlung in New York die Deklaration über die Rechte der indigenen Völker.
    Der WWF verweist gerne auf seine eigene »Prinzipienerklärung«, nach der Naturschützer und Naturvölker »natürliche Verbündete« im »Kampf für eine gesunde natürliche Welt« werden sollten. In dem Dokument erkennt der WWF an, dass die Naturvölker »häufig als Beschützer der Natur in Erscheinung getreten sind«. Trotz dieser hehren Erklärung hält der WWF in Indien an der Umsiedlungspolitik fest – allerdings müsse sie, wie es im Gesetz steht, auf »freiwilliger Basis« erfolgen.
    Muthamma kann darüber nur lachen. Um die Umsiedlungsbereitschaft ihres Stammes zu fördern, hat die Forstverwaltung ihm die Nutzung des Waldes verboten, der ihnen in
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