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Schwarz und Weiss (German Edition)

Schwarz und Weiss (German Edition)

Titel: Schwarz und Weiss (German Edition)
Autoren: Sam Carey
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Kantine geben würde. Ein einstimmiges Murren ging durch den Flur, aber schon nach wenigen Sekunden setzte ein stämmiger, kleiner Mann, in der Zelle schräg gegenüber von Tony, das erste skurrile Gerücht in die Welt: „Der alte Frank ist ausgebrochen und hat dabei zwei Wachen zusammengeschlagen! Das war ein Schauspiel, sage ich euch…“ Sofort wurde er von abwertenden Rufen zum Schweigen gebracht. Die gewünschte Wirkung hatte er allerdings erzielt und es behaupteten immer mehr Männer, etwas gesehen zu haben.
    „Was ist denn hier los?“ Tony schrak zusammen, als er Peters raue Stimme hörte. „Was hast du auf meinem Bett zu suchen, Kleiner?“ Er gähnte verschlafen. Tony sprang auf und suchte noch nach einer Entschuldigung, als die Tür aufgeschoben wurde und ein Wachmann sie nach draußen beorderte. Sie wurden ein weiteres Mal in die lange Reihe der Gefangenen eingeordnet und der Zug setzte sich in Bewegung.
    Der Weg zur Kantine schien Tony unendlich lang zu dauern, obwohl sie nur ein paar Flure durchqueren mussten, wie am vorigen Abend. Die Blicke der anderen waren größtenteils uninteressiert und müde und Tony beschloss, es ihnen gleichzutun. So würde er weniger auffallen.
    Endlich angekommen zwängten sich alle auf die Plastikbänke. Die Versuche der Aufsichtsmänner, für Ruhe und Ordnung zu sorgen, schlugen vollkommen fehl. Peter gab ein deutliches Gähnen von sich. Schließlich brüllte einer der obersten Aufseher in die Menge: „Ruhe! Das wird euch sicherlich interessieren!“
    „Das bezweifle ich!“, tönte es irgendwo von hinten links, aber trotzdem wurde es etwas leiser, sodass der Aufseher sprechen konnte.
    „Heute Nacht wurde Frank Dyson in seinem Bett ermordet…“ Von irgendwoher hörte man ein lautes Auflachen, dem grölende Rufe folgten. Frank Dyson war offenbar einer der etwas unbeliebteren Männer gewesen. Der Aufseher ließ sich nicht beirren.
    „Wie ihr alle wisst, hat er allein in seiner Zelle gewohnt und es gibt auch keine Spuren, dass sich jemand Eintritt verschafft hat. Deshalb frage ich euch: habt ihr etwas gesehen?“
    „Wieso fragt er das überhaupt?“, brummte Peter missgelaunt. Tony wusste, worauf er hinauswollte. Bekanntlich herrschte nicht sonderlich viel Kameradschaftlichkeit in einem Gefängnis und auch die Trauer um einen Verstorbenen ließ sehr zu wünschen übrig.
    Anscheinend realisierte der Aufseher das auch, denn ohne Umschweife redete er weiter: „Natürlich werden wir eine Untersuchung anstellen…“ Er hielt kurz inne. „Aber wir haben schon einen Hinweis auf den Täter, wir müssen nur noch herausfinden, wie er es angestellt hat.“ Drohend ließ er den Blick über die Männer schweifen. Als Antwort erhielt er trotzige Blicke.
    Tony musste sich zwingen, ruhig sitzen zu bleiben, als der Blick ihn streifte.
    „Mein Gott, du siehst aus, als hättest du ein Gespenst gesehen“, murmelte Peter ihm ins Ohr. „Halt die Klappe“, fauchte Tony.
    „Mann, hast du eine Laune, Kleiner“, meinte Peter, halb genervt, halb belustigt. Tony machte sich nicht die Mühe, sich zu entschuldigen. Als sie zu ihren Zellen zurückgebracht wurden, bekam Tony zufällig mit, wie der kleine, stämmige Mann, der vorhin behauptet hatte, Frank sei ausgebrochen, einen brutalen Schlag mitten ins Gesicht bekam.
    „Das ist für deine Lüge von vorhin!“, grölte der Täter, ein großer Mann, dem Tony besser nicht in die Quere kommen wollte. Der Mann machte eine wüste Geste in seine Richtung, als zwei Wachen angerannt kamen, um die beiden zu trennen. Alle, die gerade in der Nähe waren, brüllten vor Lachen.
    Tony bog nach links in seine Zelle und war überrascht, als hinter ihm die Tür zugeschlagen wurde. Er öffnete den Mund, um zu fragen, wo Peter sei, aber sein Wachmann kam ihm zuvor.
    „Du bleibst vorerst allein hier“, sagte er mit einem merkwürdigen Gesichtsausdruck und ging.
    Tony war verwirrt. Nicht, dass es ihn nicht freute, Peter los zu sein, aber der Blick, den ihm der Mann gerade zugeworfen hatte, gefiel ihm nicht. Gegen seinen Willen wurde er nervös. Die Unterhaltungen seiner Nachbarn hörte er kaum. Er entdeckte Peters alte Zeitung in der Ecke und sammelte die Teile zusammen, wobei ihm auffiel, dass das Deckblatt fehlte. Er suchte nach etwas interessantem und fand ein kleines Kreuzworträtsel auf der vorletzten Seite. Erst nach fünf Minuten fiel ihm auf, dass er unablässig auf dieselbe Zeile gestarrt hatte.
    Das Geräusch eines Schlüssels in seiner Tür
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