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Schwarz-Indien

Schwarz-Indien

Titel: Schwarz-Indien
Autoren: Jules Verne
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scheute man sich auch nicht, die Bewohner von Coal-City über die der unterirdischen Colonie drohenden Gefahren zu unterrichten. Da Silfax hier mit Niemandem in heimlichem Einverständniß sein konnte, war ja keine Verrätherei zu befürchten. Auch Nell theilte man die ergriffenen Sicherheitsmaßregeln mit, welche diese, wenn auch nicht vollständig, doch einigermaßen beruhigten. Vor Allem aber war es die zuverlässige Versicherung Harry’s, ihr überallhin zu folgen, was ihr das Versprechen abrang, keine Fluchtversuche zu machen.
    Während der Nell’s und Harry’s Vermählung vorhergehenden Woche blieb Neu-Abersoyte von jedem Zwischenfall verschont. Auch die Bergleute erholten sich, wenn auch alle Vorsichtsmaßregeln streng aufrecht erhalten wurden, allmälig von dem Schrecken, der den ganzen Betrieb in Frage zu stellen drohte.
    James Starr ließ inzwischen nicht nach, den alten Silfax auszuspähen. Da der rachgierige Greis versichert hatte, daß Nell niemals Harry’s Gattin werden solle, mußte man annehmen, daß er vor keinem Mittel zurückschrecken werde, diese Verbindung unmöglich zu machen. Am besten erschien es, sich unter Schonung des Lebens seiner Person zu versichern. Man durchsuchte alle Gänge bis zu den oberen Etagen, welche in der Nähe von Irvine bei den Ruinen von Dundonald-Castle ausliefen, mit größter Sorgfalt, da man, gewiß mit Recht, annahm, daß Silfax auf dem Wege durch dieses verfallene Schloß nach der Oberwelt gelangte, um entweder durch Einkauf oder Bettelei die nöthigen Bedürfnisse für seine elende Existenz zu gewinnen. Bezüglich der »Feuerhexen« war James Starr nun überzeugt, daß der alte Silfax dann und wann ausströmende Wettergase, welche sich in jenem Theile der Grube entwickelten, angezündet und hierdurch jene öfters beobachtete Erscheinung hervorgerufen habe. Er irrte hiermit nicht. Leider blieben aber alle Nachforschungen erfolglos.
    James Starr fühlte sich während dieses unausgesetzten Kampfes gegen ein scheinbar ungreifbares Wesen höchst unglücklich, obwohl er das nach Kräften verbarg. Je näher der Hochzeitstag aber heranrückte, desto mehr wuchs seine Besorgniß, welche er ausnahmsweise dem alten Obersteiger mittheilen zu müssen glaubte. Auch an diesem nagte übrigens eine begreifliche Unruhe.
    Endlich kam der bestimmte Tag.
    Silfax hatte kein weiteres Lebenszeichen gegeben.
    Vom frühen Morgen ab war die gesammte Bewohnerschaft Coal-City’s auf den Füßen. Die Arbeit in Neu-Abersoyte wurde zeitweilig eingestellt. Steiger, Werkführer und Arbeiter ließen es sich nicht nehmen, dem alten Obersteiger und dessen Sohne ihre Anhänglichkeit und Ehrerbietung zu beweisen. Sie zahlten damit ja nur von der Schuld zurück, zu welcher sie sich gegen die beiden Männer, deren kühnem Ausharren man die erneute Blüthe Neu-Abersoyte’s verdankte, verpflichtet fühlten.
    Um elf Uhr sollte die Feierlichkeit in der Kapelle St. Gilles am Ufer des Malcolmsees vor sich gehen.
    Zur festgesetzten Stunde sah man Harry, der seine Mutter führte, und Simon Ford mit Nell am Arme aus der Cottage treten.
    Ihnen folgte, scheinbar ruhig, aber doch scharf auf Alles achtend, der Ingenieur James Starr, und diesem Jack Ryan, der sich in seinem Festkleide als Piper ganz schmuck ausnahm.
    Weiter schlossen sich die übrigen Techniker des Werkes, die Notabeln aus Coal-City, die Steiger und andere Freunde des alten Obersteigers an, ebenso wie alle Mitglieder dieser großen Bergmannsfamilie, welche die eigentliche Bevölkerung Neu-Abersoyte’s bildete.
    Draußen glühte einer jener sengenden Augusttage, welche vorzüglich in nördlichen Ländern so lästig sind. Eine gewitterschwüle Luft drang selbst bis in die Tiefe der Grube, wo die Temperatur eine ganz außergewöhnlich hohe war. Die Atmosphäre sättigte sich mit Elektricität durch die Wetterschächte und den großen Malcolm-Tunnel.
    Man hätte – eine ungemein seltene Erscheinung – in Coal-City heute ein auffallend tiefes Fallen des Barometers beobachten können, so daß in der That die Frage nahe lag, ob sich wohl ein Gewitter unter der Schieferwölbung der Himmelsdecke jener gewaltigen Höhle, entladen solle.
    In Wahrheit freilich beunruhigte sich da unten keine Seele wegen des drohenden atmosphärischen Aufruhrs an der Oberwelt.
    Selbstverständlich trug Jedermann seine besten Feierkleider.
    Madge schmückte ein Anzug, der lebhaft an die alten Zeiten erinnerte. Ihr Haar zierte ein »
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«, wie ihn bejahrtere Frauen lieben,
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