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Schwarz-Indien

Schwarz-Indien

Titel: Schwarz-Indien
Autoren: Jules Verne
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fand sich ein quer über das Schienengeleis gelegter Balken.
    Kurz, diese Vorkommnisse häuften sich derartig, daß unter den Bergleuten ein wahrhaft panischer Schrecken Platz griff. Nur das muthige Ausharren ihrer Vorgesetzten vermochte sie überhaupt noch bei der Arbeit zu verbleiben.
    »Hier treibt aber eine ganze Bande Uebelthäter ihr Wesen, meinte Simon Ford, und wir sind nicht einmal im Stande, auch nur eines Einzigen habhaft zu werden!«
    Die Nachforschungen begannen von Neuem. Tag und Nacht blieb die Polizeimannschaft des Bezirkes auf den Füßen, ohne irgend etwas zu entdecken. James Starr verbot Harry, auf den die Uebelthäter es besonders abgesehen zu haben schienen, sich allein außerhalb des Umkreises der Arbeiten aufzuhalten.
    In demselben Sinne suchte man auf Nell einzuwirken, der übrigens auf Harry’s Bitten alle jene verbrecherischen Versuche verheimlicht wurden, welche geeignet waren, sie an die Vergangenheit zu erinnern. Simon Ford und Madge bewachten sie Tag und Nacht mit einer Art Strenge oder vielmehr mit ängstlicher Besorgniß. Das arme Kind bemerkte es wohl, doch kein Widerspruch, keine Klage kam über ihre Lippen. Errieth sie vielleicht, daß dieser Handlungsweise nur ihr eigenes Interesse zu Grunde lag? Wahrscheinlich. Andererseits wachte auch sie über die Anderen, und fühlte sich nur dann ganz ruhig, wenn sie Alle, die ihrem Herzen theuer waren, in der Cottage vereinigt wußte. Abends, wenn Harry heim kam, vermochte sie eine fast närrische Freude kaum zu unterdrücken, was um so mehr auffallen mußte, da sie eigentlich mehr zurückhaltender, als mittheilsamer Natur war. Früh stand sie regelmäßig vor allen Anderen auf, und ihre Unruhe kehrte mit der Stunde des Aufbruches zu den Arbeiten in der Tiefe regelmäßig wieder.
    Um ihrer Ruhe willen hätte Harry gewünscht, daß ihre Vermählung schon zur vollendeten Thatsache geworden sei. Er glaubte, die Bosheit werde durch diesen unwiderruflichen Act entwaffnet sein und Nell sich als sein Weib wirklich sicher fühlen. James Starr ebenso wie Simon Ford und Madge theilten diese Ungeduld. Jeder zählte die Tage.
    In Wahrheit bedrückten Alle die düstersten Ahnungen. Man gestand sich, daß jener verborgene Feind, den man weder zu ergreifen, noch zu bekämpfen vermochte, an Allem, was Nell betraf, ein besonderes Interesse habe. Die feierliche Vermählung Harry’s und des jungen Mädchens konnte also recht wohl die Gelegenheit abgeben, seinen Haß noch einmal zu bethätigen.
    Eines Morgens, acht Tage vor dem für die Hochzeit bestimmten Termine, war Nell, von einem dunklen Vorgefühle getrieben, zuerst von allen Bewohnern im Begriffe, aus der Cottage zu treten, um deren Umgebung zu mustern.
    An der Schwelle angelangt, entfuhr ihr unwillkürlich ein lauter Schrei.
    Natürlich rief derselbe die Hausgenossen herbei, und wenige Augenblicke darnach standen auch schon Madge, Simon und Harry an ihrer Seite.
    Nell war bleich wie der Tod, ihr Gesicht entstellt, ihre Züge ein Bild des Entsetzens. Außer Stande zu sprechen, heftete sich nur ihr Blick auf die Thür der Cottage, die sie eben geöffnet hatte, und ihre Hand wies nach folgenden Zeilen, welche während der Nacht hier angeschrieben worden waren, und deren Anblick sie erstarren machte.
    Diese Zeilen lauteten:
     
    »Simon Ford, Du hast mir das letzte Flötz meines Kohlenwerkes gestohlen! Harry, Dein Sohn, hat mir Nell geraubt! Verderben über Euch! Verderben über Alle! Wehe ganz Neu-Abersoyte!
    Silfax.«
     
    »Silfax! riefen Simon Ford und Madge wie aus Einem Munde
    – Wer ist dieser Mann? fragte Harry, dessen Blicke sich einmal auf seinen Vater und dann auf das junge Mädchen richteten.
    – Silfax! wiederholte Nell voller Verzweiflung, Silfax!«
    Sie zitterte am ganzen Körper, als sie diesen Namen aussprach während Madge sie liebreich umfaßte und fast mit Gewalt in das Zimmer zurückdrängte.
    James Starr war herbei geeilt. Wiederholt durchlas er die drohenden Worte.
    »Die Hand, welche diese Zeilen schrieb, erklärte er dann, ist dieselbe, von der jener Brief herrührte, der das Gegentheil von dem Eurigen enthielt, Simon! Der Mann heißt also Silfax! Ich sehe an Eurer Erregtheit, daß Ihr ihn kennt. Nun sprecht, wer ist dieser Silfax?«
Zwanzigstes Capitel.
Der Büßer.
    Dieser Name hatte für den alten Obersteiger den vollen Werth einer Offenbarung.
    Es war der des letzten »Büßers« der Grube Dochart.
    Früher, vor Erfindung der Sicherheitslampe, hatte Simon Ford diesen wilden
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