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Schwarz-Indien

Schwarz-Indien

Titel: Schwarz-Indien
Autoren: Jules Verne
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williger als seinem Herrn; das beunruhigte mich. Großvater war eifersüchtig. Der Harfang und ich, wir versteckten uns meist, um beisammen sein zu können. Wir wußten beide, daß das besser sei… Doch ich plaudere da zu viel von mir; ich sollte vielmehr von Euch sprechen…
    – Nein, meine Tochter, unterbrach sie James Starr, erzähle uns Alles, wie es die Erinnerung Dir eingiebt.
    – Mein Großvater hatte Eure Nachbarschaft in der Kohlengrube immer mit sehr scheelen Augen angesehen, obwohl uns ein weiter, weiter Zwischenraum von Euch trennte. Er hatte sich ja seine Schlupfwinkel in möglichster Entfernung gesucht. Es mißfiel ihm schon, Euch dort nur zu wissen. Fragte ich ihn nach den Leuten da oben, so verfinsterte sich sein Gesicht noch mehr; er gab keine Antwort und blieb überhaupt stumm für längere Zeit. Vorzüglich aber brauste er zornig auf, wenn er zu bemerken glaubte, daß Ihr Euch nicht mehr mit dem alten Gebiete begnügen, sondern auch in das seinige eindringen wolltet. Er schwor hoch und theuer, es solle Euer Verderben sein, wenn es Euch gelänge, die neue, bis jetzt nur ihm bekannte Kohlengrube aufzuschließen. Trotz seines Alters hatte er noch eine riesige Körperkraft und seine Drohungen ließen mich ebenso für Euch wie für ihn fürchten.
    – Fahre nur fort, Nell, sagte Simon Ford liebreich zu dem jungen Mädchen, das sich, wie um die Gedanken besser zu sammeln, einen Augenblick unterbrochen hatte.
    – Als Ihr bei Gelegenheit des ersten Besuches, nahm Nell wieder das Wort, tiefer in die erste Galerie von Neu-Abersoyte eindrangt, schloß Großvater jene kurz vorher gesprengte Oeffnung und gedachte Euch dadurch für immer einzukerkern. Ich selbst kannte Euch nur als unbestimmte Schattengestalten, die ich wohl manchmal in der Grube da-oder dorthin wandeln sah, aber mir war der Gedanke zu furchtbar, daß Christenmenschen in diesen Tiefen elend Hungers sterben sollten; so unternahm ich es, auf die Gefahr hin, dabei ertappt zu werden, wiederholt etwas Brot und Wasser in Eure Nähe zu stellen! – Ich wollte Euch auch befreien, doch die Wachsamkeit meines Großvaters war zu schwer zu täuschen. Ihr wart dem Tode nahe! Da kam Jack Ryan mit mehreren Anderen… Gott fügte es, daß ich ihnen gerade an diesem Tage begegnete.
     

    »Wohin Du auch gehst, ich folge Dir.« (S. 196.)
     
    Ich lockte Jene bis zu Euch. Bei der Rückkehr ertappte mich der Großvater. Seine Wuth kannte keine Grenzen. Ich glaubte von seiner Hand sterben zu sollen! Seitdem ward das Leben für mich wahrhaft unerträglich. Meines Großvaters Gedanken verwirrten sich mehr und mehr. Er erklärte sich zum König des Schattens und des Feuers. Als er Eure Werkzeuge an die Kohlenadern klopfen hörte, die er für sein Eigenthum hielt, ward er wüthend und schlug mich unbarmherzig. Ich wollte fliehen – unmöglich! Er wachte zu argwöhnisch über mich. Endlich, vor nun drei Monaten, schleppte er mich in einem Anfalle von Wahnsinn tief in jenen Abgrund hinab, wo Ihr mich gefunden habt, und verschwand, nachdem er seinen treu bei mir ausharrenden Harfang vergeblich gerufen hatte. Wie lange ich dort gelegen? – Ich weiß es nicht. Mir ist nur erinnerlich, daß ich zu sterben wähnte, als Du, mein Harry, erschienst, mich zu erretten. – Doch das Eine siehst Du ein, des alten Silfax’ Enkelin kann nicht das Weib Harry Fords’ werden, weil es Dein, weil es Euer Aller Leben kosten würde!
    – Nell! rief Harry bestürzt.
    – Nein, nein, erwiderte das junge Mädchen. Ich muß mich als Opfer bringen. Nur ein Mittel giebt es, das Euch drohende Verderben zu beschwören: ich muß zu meinem Großvater zurück. Er bedroht ganz Neu-Abersoyte!… O, er hat einen unversöhnlichen Charakter, und Keiner kann wissen, was der böse Geist der Rache ihm noch eingiebt. Meine Pflicht liegt klar vor Augen. Ich wäre das verachtungswürdigste Geschöpf, wenn ich sie zu erfüllen zögern wollte. Lebt wohl – ich danke Euch! Ihr habt mich das Glück dieser Welt kennen gelehrt. Was auch geschehen möge, glaubt immer, daß mein Herz in Eurer Mitte bleibt!«
    Simon Ford, Madge und Harry sprangen bei diesen Worten erschrocken auf.
    »Wie, Nell! riefen sie verzweifelt, Du wolltest uns verlassen?«
    James Starr drängte alle Drei zurück, ging gerade auf Nell zu und ergriff deren Hände.
    »Es ist gut, mein Kind, redete er sie an, Du hast uns gesagt, was Du thun müssest; doch nun höre erst, was wir darauf zu antworten haben.
    Wir werden Dich niemals von hinnen
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