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Schwartz, S: Blutseelen 2: Aurelius

Schwartz, S: Blutseelen 2: Aurelius

Titel: Schwartz, S: Blutseelen 2: Aurelius
Autoren: Unbekannt
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blieb.
    Sie hatten einen Park erreicht. Von dem Hochhaus war nichts mehr zu sehen und von der Explosion nichts zu hören. Vögel sangen und neben ihnen erhob sich eine Kirche aus roten Steinen zwischen den Bäumen. Es war, als hätte es die Gefahr des einstürzenden Hauses nie gegeben.
    Aurelius setzte sich und legte sie neben sich ins Gras.
    Amalia spürte, wie schwach sie war. Ihr Blick verschleierte sich. Sie griff nach seinem Gesicht, das über ihr aufragte. Ein Engelsgesicht, umrahmt von goldenem Haar. Warum nur tat ihre Brust so weh? Lag es an der Umwandlung? Das Reden fiel ihr schwer.
    „Du bist gekommen“, flüsterte sie. „Du hast mich gerettet.“
    Er starrte auf die Wunde an ihrem Hals. „Was hat Rene dir angetan?“ Sie sah an seinem Blick, wie schlimm ihre Verletzung war. Vermutlich wäre sie schon tot, wenn Rene ihr nicht ihr Blut gegeben hätte.
    „Der dritte Teil des Rituals“, flüsterte sie. „Rene hat ihn vollzogen. Sie ... sie war in mir. Sie hat sich auf diese Weise die Erinnerungen geholt, und sie weiß jetzt, was sie wissen wollte. Sie weiß, wo Laira liegt.“
    Er streichelte über ihr Haar. „Hab keine Angst. Es wird alles gut.“
    Das Gefühl von Kälte, das schon die ganze Zeit über in ihr war, wurde noch intensiver. Amalias Zähne schlugen aufeinander. „Es ist so kalt. Ich bin müde.“ Sie dachte an Kamira, die schöne Wölfin, die in dem Hochhaus ihren Tod gefunden hatte, und vielleicht auch ihren Frieden. Auch sie war müde gewesen. „Ich will schlafen.“
    Sie hatte ihn noch einmal gesehen. Er war bei ihr. Sie lag in seinen Armen.
    Aurelius' Stimme klang erstickt. „Nein. Noch nicht.“ Er zog etwas aus seiner Jacketttasche. Es war ein kleiner Beutel, den er aufriss und an ihre Lippen legte. „Trink das.“
    Sie war müde. Warum ließ er sie nicht in Ruhe? In ihr brannte es, als würde sie sich selbst entzünden. Diese Hitze. Sie war wie ein wütendes Fieber. Das Gefühl war vernichtender als das der Kälte, das sie kurz zuvor gequält hatte.
    „Trink“, forderte Aurelius herrisch und zog sie in eine sitzende Position.
    War er böse auf sie? Aber warum? Es war doch alles gut. Sie blinzelte und schmiegte sich an ihn. Warum standen in seinen Augen Tränen? Seine Stimme war getränkt mit Schmerzen.
    „Amalia, du musst trinken. Wenn du es nicht tust, wird das Fieber dich verzehren, und du wirst die Umwandlung nicht überleben. Die Flüssigkeit an deinem Mund ist ein Mittel, das die Umwandlung aufhalten kann. Aber das geht nur, wenn du trinkst.“
    Er füllte ihren Mund, und sie schmeckte eine scharfe Bitterkeit. Sie wollte die Flüssigkeit ausspucken, doch Aurelius verschloss ihr mit brutaler Gewalt den Mund. Sie sah ihn an und erkannte die Angst in seinen Augen. War das ihr Tod? Mühsam schluckte sie die bittere Medizin hinunter. Erst, als sie alles getrunken hatte, ließ Aurelius sie los und streichelte über ihr Haar.
    „Ich bin so müde“, murmelte sie. „Ich könnte ein paar Jahrhunderte lang schlafen.“
    „Dann schlaf“, flüsterte er.
    „Bleibst du bei mir?“
    „Ich bleibe da. Ich beschütze dich.“
    Sie atmete seinen vertrauten Geruch tief ein und sah ein letztes Mal in diese schimmernden, grüngoldenen Augen. Dann glitt sie fort, in das Reich ihrer Träume.
    Aurelius hielt Amalia in seinen Armen. Sie war eingeschlafen, und ihr Atem ging flach. Konnte das Mittel die Umwandlung noch verhindern? Wenn es nicht wirkte, würde Amalia sterben.
    Er sah zurück in die Richtung des gesprengten Hochhauses. Sie mussten diesen Ort verlassen. Er lag zu nah an der Einsturzstelle. Obwohl er wusste, wie wichtig es war, Abstand zu gewinnen, blieb er im Gras sitzen und starrte auf das Gesicht der Frau, die er liebte.
    Wenn sie starb, verlor er alles.
    Ängstlich lauschte er auf ihre Atemzüge und war unendlich erleichtert, als sie sich normalisierten. Tief und gleichmäßig erklang das Geräusch, das Aurelius wie eine Sinfonie erschien. Das Mittel schlug an. Er schloss die Augen. „Danke“, murmelte er, ohne zu wissen, mit wem er sprach. Seine Brust fühlte sich frei und leicht an, und ihm war, als sei eine große Last von seinen Schultern gefallen. Sie würde überleben und kein Vampir werden. Auf der Schwelle des Todes war sie umgekehrt, um noch eine Weile an seiner Seite zu bleiben.
    Es war an der Zeit, sich einen Wagen zu mieten, und Berlin zu verlassen. Mit Amalia auf den Armen machte er sich auf den Weg.

F RANKFURT
    Gracia sah sich im Sitzungssaal des Tribunals
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