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Schwanengrab

Schwanengrab

Titel: Schwanengrab
Autoren: Petra Schwarz
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deutete einladend auf den freien Stuhl neben sich.
    Unsicher blickte ich mich um. Keine Ahnung, wo Mike steckte.
    »Gerne!«
    »Was möchtest du trinken?«
    »Eine heiße Schokolade«, entschied ich mich, ohne in die Karte zu sehen. Die liebte ich. Ordentlich viel, mit einer Extraportion Sahne und Schokostreusel darüber.
    »Mag ich auch gern«, gab er zu.
    Streber und Kakaotrinker! Es war mir egal, machte ihn für mich nur noch sympathischer.
    Er winkte der Bedienung und bestellte für mich mit: eine große Tasse mit extra Sahne. Konnte er Gedanken lesen?
    »Was ist das für ein Buch?«, fragte ich neugierig.
    » Schwanensee. « Er hielt es mir hin. »Wusstest du, dass in Tschaikowskis Urversion die Liebe über das Böse gesiegt hätte? Erst nach seinem Tod wurde das Stück von seinem Bruder Modest noch einmal überarbeitet. Seitdem endet es in einer Tragödie.«
    Ich wusste es nicht. » Schwanensee ! Das wird doch auch an der Schule aufgeführt. Ich werde Frau Krahe bei der Gestaltung des Bühnenbildes helfen«, erzählte ich.
    Er musterte mich eine Zeit lang. »Ach ja? Stell dir das nicht zu leicht vor! Die Handlung wird vor allem durch die Musik und den Tanz erzählt. Bei der Schulaufführung gibt es zwar Dialoge, aber die Schauspieler sollten unbedingt im Mittelpunkt stehen. Das müsstest du bei dem Entwurf des Bühnenbildes berücksichtigen.«
    Von hinten hörte ich das Klappern von Tassen. »Entschuldigung, dass es ein bisschen gedauert hat«, unterbrach die Bedienung. Ich drehte mich zu ihr um.
    Ein spitzer Schrei. Das Tablett flog durch die Luft, die Hälfte des Kakaos ergoss sich über meine Hose. Oh Mann, war das heiß! Erschrocken sprang ich auf, mein Stuhl kippte nach hinten und landete polternd auf dem Fliesenboden. Alle Gäste starrten uns an. Gelis Mund verzog sich spöttisch. Das morgige Gesprächsthema inder Schule stand somit fest, und ich spürte, dass ich krebsrot im Gesicht wurde.
    Die Bedienung sah mich fassungslos an. Dann sammelte sie sich schließlich. »Oh ... Entschuldigung ... Das tut mir furchtbar leid. Ich habe dich mit jemandem verwechselt«, stammelte sie.
    Mit wem denn bitte? Mit einem Alien?
    »Schon okay«, sagte ich, obwohl es das ganz und gar nicht war.
    Sie lief davon, kam aber Sekunden später mit Kehrschaufel und Putzeimer wieder. Nachdem sie alles aufgewischt hatte und zwei neue, dampfende Becher vor uns standen, sogar mit Schokostreusel auf der Extraportion Sahne, war ich wieder einigermaßen besänftigt. Zur Entschädigung gab es auch noch zwei Stück Schokokuchen auf Kosten des Hauses.
    Ich lächelte verlegen. »Okay, ich habe nasse Haare und sehe bestimmt nicht gerade wie ein Model aus, aber so heftig braucht sie auch nicht gleich zu reagieren.«
    »Sie hat dich verwechselt und die Ähnlichkeit ist wirklich enorm!«, meinte Christoph kauend.
    »Welche Ähnlichkeit?«
    »Mit einem Mädchen aus unserer Schule.«
    »Ach echt? Und wie heißt sie?«, fragte ich erstaunt.
    »Veronika«, sagte er leise. »Aber sie ist nicht mehr da.« Er drehte sein Gesicht zum Fenster und blickte hinaus. »Oh Mann, dieser Regen ...«
    Regen, Regen! »Ist so ein Wetter in dieser Gegendeigentlich normal?«, fragte ich und beobachtete die Menschen, die mit schnellen Schritten über den Marktplatz hetzten und gegen den Wind ankämpften, der an Kapuzen und Schirmen zerrte. Für einen kurzen Moment glaubte ich, in der Menge meinen Klassenlehrer erkannt zu haben.
    »Manchmal leider schon. Ist ja bereits Ende September. Dieses Jahr scheint der Herbst sehr pünktlich zu kommen. In Kalifornien ist das Wetter wohl besser.« Er steckte sich das letzte Stück Kuchen in den Mund.
    Aha! Er war ja gut informiert. Wusste sogar, aus welcher Ecke der USA ich kam. »Ja, meistens zumindest. Zurzeit scheint die Sonne.« Ich blickte ihn über den Rand meiner Tasse an. Der Kakao schmeckte himmlisch.
    »Ich würde noch total gerne weiter mit dir quatschen, aber leider muss ich los.« Christoph stopfte sein Buch in den Rucksack.
    »Ja, kein Problem. Ich trink noch aus.«
    »Also dann. Man sieht sich. Vielleicht morgen in der Schule?«, meinte er lächelnd.
    »Ja, bye!«, verabschiedete ich mich und blickte ihm nach, als er draußen im Regen verschwand. Kurz darauf verließ auch Geli das Café. Ich war erleichtert, dass sie endlich weg war. Nun fühlte ich mich nicht mehr beobachtet. Plötzlich fiel mir ein, warum ich eigentlich hier war. Mike. Hatte er mich versetzt? Vielleicht war er auch schon längst vor mir da
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