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Schwaben-Wut

Schwaben-Wut

Titel: Schwaben-Wut
Autoren: Klaus Wanninger
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ärztlichen Befund des Zustands Frau Eitles, zeigte ihren Ausweis.
    »Sprechen Sie mit Doktor Heller«, antwortete die Schwester, »der weiß Bescheid.«
    »Wo ist er?«
    »Ab zwölf Uhr etwa hier auf der Station. Er operiert im Moment.«
    »Solange können wir nicht warten.«
    Die Schwester konnte nicht helfen, winkte ab. »Tut mir leid.«
    Braig sah einen Krankenpfleger den Gang entlangkommen, streckte ihm seinen Ausweis entgegen. »Ist Frau Eitle schwer erkrankt oder nur leicht?«, fragte er. »Ich meine, wenn sie hier verschwindet, wäre sie sowieso bald entlassen worden oder nicht?«
    Der Pfleger schüttelte den Kopf, streckte seinen linken Arm vor, zeigte mit dem Daumen nach unten. Sein Gesicht hatte jeden heiteren Ton verloren.
    »Danke«, sagte Neundorf, »das reicht.« Sie zog ihre Visitenkarte aus der Tasche, reichte sie dem Mann. »Wenn Sie etwas Neues über Frau Eitles Aufenthalt erfahren, verständigen Sie mich bitte. Sobald als möglich.«
    Der Krankenpfleger nickte.
    Neundorf und Braig verließen die Station.
    »Du weißt, wo sie wohnt?«, fragte die Kommissarin.
    Braig verneinte, ließ sich per Handy von einem Kollegen die Daten Frau Eitles geben. Wohnort, Straße, Telefonnummer, Beruf.
    »Leonberg«, sagte er, nannte Neundorf die Straße, ihren Beruf.
    »Oh, Scheiße«, kommentierte sie.
    Braig nickte. Er ahnte, was es zu bedeuten hatte.
    Zwanzig Minuten später standen sie vor dem Haus. Es beherbergte mehrere Stockwerke, lag an der stark befahrenen Stuttgarter Straße.
    Sie läuteten an Bianca Eitles Namensschild, warteten vergeblich auf eine Reaktion. Erst ein zufällig aus dem Haus tretender Nachbar verschaffte ihnen Einlass.
    Neundorf bedankte sich freundlich, lief die Treppen hoch. Die Wohnung lag im ersten Obergeschoss. Sie läuteten nochmals, klopften mehrfach an die Tür, nicht allzu laut, um nicht irgendwelche Nachbarn aufmerksam zu machen. Frau Eitle gab keine Antwort.
    »Was meinst du?«, fragte Neundorf.
    »Hast du Werkzeug dabei?«
    Sie lief nach unten, schaute in ihrem Wagen nach, kam kurz darauf mit einem Packen Schraubenzieher zurück. Zehn Minuten später standen sie in der Wohnung. Sie war leer. Braig schloss die Tür sorgfältig von innen.
    Zwei Zimmer, Küche, Bad, Toilette, Diele, alles sauber und modern eingerichtet. Weiße Raufasertapeten, hellblaue Teppiche, viele Bilder mit Fotos eines jungen Mädchens.
    Manuela«, sagte Braig.
    Neundorf nickte.
    Sie begannen im Wohnzimmer. Eine kleine Schrankwand mit Büchern, Bildern, drei Schubladen, zwei Klappschränken.
    Neundorf öffnete eine der Schubladen, hatte einen dicken Ordner in der Hand. Sie wusste vom ersten Augenblick an, was er enthielt. Auf dem Umschlag das Foto Andreas Stechers, mindestens 20 auf 30 Zentimeter groß, in Farbe. Im Inneren unzählige weitere Bilder des jungen Mannes, alle aufgrund seines Alters eindeutig neueren Datums.
    »Woher hat sie die?«, fragte Braig.
    »Von Frau Stecher?«
    Der Ermordete war in allen Einzelheiten abgebildet, von vorne, von hinten, im Profil.
    Darunter ein zweiter Ordner mit Zeitungsartikeln, Berichten, Stadtplänen, Veranstaltungskalendern, Notizen.
    Neundorf seufzte laut. »Hier«, sagte sie, zeigte auf den Stadtplan von Schwäbisch Hall. »Die Arztpraxis.«
    Braig nickte.
    »Ihr Fluchtweg.«
    Er sah die Pfeile, die von der Rückseite des Hauses, in der der Arzt praktizierte, wegführten.
    »Sie hat es ganz allein getan. Oder?«
    Neundorf nickte. »Wer sollte ihr geholfen haben? Sie befreite ihn, brachte ihn um, schaffte ihn ins Gebüsch, total abgelegen, damit er möglichst lange unentdeckt blieb. Dann stellte sie das Auto in Öhringen ab und fuhr mit der Bahn weiter. Kein Wunder, dass wir keine Augenzeugen haben. Wir suchten nicht nach einer einzelnen Frau.«
    Ein Stadtplan von Backnang, eine Veranstaltungsübersicht über das diesjährige Straßenfest, die Adresse und Telefonnummer Greilings. Mit einem kleinen Kreuz markiert, der Treffpunkt am Steilhang über der Murr hinter dem Amtsgericht.
    »Sie hat sich verkleidet?«, sagte Braig.
    »Du hast ihren Beruf selbst gehört.«
    Maskenbildnerin beim Staatstheater in Stuttgart. Profi durch und durch. Jeden Tag Arbeit mit Schauspielern. Gab es bessere Voraussetzungen, einen anderen Menschen zu imitieren?
    Braig griff nach einem der Klappschränke, zog mehrere Perücken vor. Dunkelblonde, schwarze, graue.
    »Wo ist die Blonde?«, fragte er.
    Neundorf studierte den Inhalt des Ordners, sah nicht auf. »Du musst weitersuchen«, sagte
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