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Schwaben-Liebe

Schwaben-Liebe

Titel: Schwaben-Liebe
Autoren: Klaus Wanninger
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das heißen mochte. »Ein guter Freund der Familie«, hatte ihn Carolin Köhler vorgestellt, »technisch sehr versiert. Segeln ist sein Hobby, er half mir, das Boot auf Vordermann zu bringen.«
    Selbst wenn man bereit war, das Alibi des guten Freundes der Familie zu akzeptieren, wer garantierte, dass die erfolgreiche Managerin nicht eine andere Person, vielleicht einen anderen guten Freund der Familie mit dem beauftragt hatte, was am Samstagabend unterhalb der Grabkapelle am Rand Untertürkheims geschehen war?
    Neundorf hatte fast die gesamte Rückfahrt damit verbracht, sich die Aussagen Carolin Köhlers wie auch das selbstbewusste Auftreten der Frau wieder und wieder durch den Kopf gehen zu lassen. Irgendwie passte das nicht zusammen. Lag es an ihrer persönlichen Situation, dass sie zu keiner klaren Beurteilung der Managerin fand? Hatte sie durch die elf Monate währende partielle berufliche Abstinenz die Fähigkeit eingebüßt, ihren ermittlungsbedingten Anforderungen gerecht zu werden?
    Mitten in ihren selbstkritischen Überlegungen hatte sie den Signalton ihres Handys vernommen. Überrascht hatte sie das Display studiert, eine Nummer des Amtes als Absender erkannt.
    »I hans gfunde«, war Rössle ohne jede Begrüßung vorstellig geworden. »Jetzt grad in dem Moment. Und scho han i den Telefonhörer in der Hand.«
    »Um was geht es?«, hatte sie sich leicht irritiert erkundigt.
    »Um was es geht? Hano, alle Idiote von Sindelfinge, um was wohl?«
    Sie hatte nicht reagiert, stattdessen auf seine Erklärung gewartet.
    »Die Name und die Adresse von dene Nackede, was denn sonscht?«
    »Ach so.« Endlich hatte sie seine Andeutungen begriffen.
    »Ja ja, achso. So eifach war des net. Soll i davo afange, wie i die gfunde han? Ach was, do sitzet mir morge Abend noch am Apparat. Hauptsach, i han die Name von dene Nackede entdeckt.«
    »Ich war gerade völlig in Gedanken, du musst entschuldigen.«
    »Hano ja, isch ja scho gut. Die drei Fraue heißet Tanja Geible, Carolin Köhler und Rebekka Fromm. An die sind diese Geldforderunge jedenfalls adressiert. Welche Nackede des jeweils isch, han i net rausgfunde. Aber des isch ja au net wichtig. Die wisset scho selbscht, welche Körblegröße sie hent. Wichtig sind aber die Adresse von dene Fraue.«
    »Nämlich?«
    »Nur langsam, Frau Professora. Die Geible wohnt in Schwäbisch Hall und die zwei andere Fraue in Friedrichshafen.«
    »Wie bitte?«, hatte Neundorf ihren Kollegen überrascht unterbrochen. »Diese Frau Fromm wohnt ebenfalls in Friedrichshafen am Bodensee?«
    »Jedenfalls wie i des hier seh, ja. Die Erpresserbriefe sind an eine Rebekka Fromm in Friedrichshafen adressiert.«
    »So ein Mist! Hätte ich das früher gewusst …«
    »Hano, also verehrte Frau Professora, au mir schießet nur mit Pulver. Schneller als die Feuerwehr …«
    »Verzeihung, ja. Das war keine Kritik an dir. Aber ich habe mich heute den ganzen Mittag dort aufgehalten und sitze gerade im Zug zurück.«
    »Das tut mir leid. Aber so läuft’s halt manchmal.«
    Sie hatte sich die Adressen der Frauen notiert und von Rössle die Zusicherung erhalten, dass er sich weiter um die Auswertung der in Stiegelmaiers Wohnung entdeckten Unterlagen kümmern würde, war dann in ihr Büro gegangen, um der Staatsanwaltschaft eine Zusammenfassung ihrer Ermittlungen zu mailen.
    Rebekka Fromm wirkte nicht gerade wie das blühende Leben, als Neundorf ihr am nächsten Mittag kurz vor elf Uhr gegenüberstand. Sie hatte die Frau am frühen Morgen telefonisch zu erreichen versucht, sich dabei aber nur mit der mürrischen Stimme des Ehemannes konfrontiert gesehen.
    »Meine Frau? Wozu wollen Sie meine Frau sprechen?«, hatte er gepoltert. »Rebekka ist krank. Sie braucht ihre Ruhe.«
    Erst nach mühseligem Hin und Her, während dem sie sich vage über polizeiliche Ermittlungen im Umfeld eines Unfalls in der Friedrichshafener Innenstadt ausgelassen hatte, war der Mann bereit gewesen, ihren Besuch zu akzeptieren. Sie hatte im Amt Bescheid gegeben, war eine Stunde früher als am Vortag gefahren.
    »Sie sind von der Polizei und haben heute Morgen angerufen?«
    Neundorf zog ihren Ausweis, stellte sich vor. Die Frau vor ihr war von ausgeprägten Schattenringen um die Augen gezeichnet; die eingefallenen Wangen ließen darauf schließen, dass sie in den letzten Wochen nicht gerade üppigen Mahlzeiten zugesprochen hatte. Gekleidet war sie dagegen sehr adrett; eine geblümte, folkloristisch anmutende Bluse, ein langer, weiter Rock,
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