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Schutzkleidung is nich!: Unter Bauarbeitern (German Edition)

Schutzkleidung is nich!: Unter Bauarbeitern (German Edition)

Titel: Schutzkleidung is nich!: Unter Bauarbeitern (German Edition)
Autoren: Nicholas Grünke
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würde ich die gar nicht bezahlen.»

Schutzkleidung is nich! Hans
    «Ich war 18  Jahre jung. Mann, dat war ’ne wilde Zeit, sach ich dir. Haben natürlich viel gesoffen, dat war damals echt noch anders. Da hat
jeder
getrunken aufm Bau. Zum Frühstück, zum Mittag und direkt nachm Feierabend sowieso. Und im Winter, wenn dat so richtig kalt war, gab’s zwischendurch Schnäpse.
    In dem Alter war ich echt noch kräftig, nich so wie heute! Musste nich lachen, Nick. Ich hatte damals viel mehr Power, glaub mir. Immer zwei Zementsäcke gleichzeitig auf der Schulter, manchmal drei. Na ja, und wennde so jung bist, musste sowieso noch zeigen, watte kannst.
    Auf jeden Fall war dat irgendwann im Sommer. Bullenheiß war dat, und wir hatten die ganze Zeit Durst. An dem Tag ham wa riesige Metallträger eingemauert, dat weiß ich noch. Zum Mittag gab’s Bockwürste. Die anderen ham gefressen wie die Stiere, aber ich hab zwölf Stück geschafft! Bis heute mein Rekord! Dabei ham wa natürlich gesoffen. Da war der Hannes noch dabei. Den kennste noch, Richie, oder? Der hatte immer und überall ’nen kleinen Taschenrutscher dabei. Mann, hat der gesoffen!
    Als wir wieder aufm Bau sind und ich pinkeln muss, wird mir in dem scheiß Dixi-Klo schon leicht schwindelig. Aber mit 18 denkste, ach wat, is schon nich so schlimm. Kannst ja nicht schlappmachen. Handschuhe hab ich keine getragen und ’nen Helm schon gar nicht. Damals hättense dich sonst ausgelacht.
    Jedenfalls hab ich die schweren Träger an einer Seite immer alleine hochgestemmt, und die anderen haben die dann hochgezogen. Alle sind blau. Ich steh also unten und hab den Träger schon auf der Schulter, da wird mir plötzlich schwarz vor Augen, und ich verlier dat Gleichgewicht. Die Idioten sind natürlich zu schwach, dat Ding allein nach oben zu ziehen, und der Träger rutscht über die Kante vom Gerüst, genau in meinen Nacken. Hierhin, kannste noch spüren.
    Da bin ich schon angefangen zu buddeln. Da war Schicht. Den Rest weiß ich dann von Hannes. Ich lag bewusstlos im Sand, und der hat – besoffen, wie er war – zum Glück richtig reagiert. Hat mich erst rumgedreht, und dann hat er mir bergeweise die Kotze mit den Fingern aus dem Hals geholt. Sonst wär ich dran erstickt. Überall war Blut, und die dachten, ich wär hinüber. Später im Krankenhaus sagt Hannes dann zu mir:
    ‹Mann, Hans, kaust du überhaupt?›
    ‹Wat meinste?›
    ‹Ich hab dir halbe Würste aus dem Mund geholt!›
    Seitdem kaue ich meine Bockwürste immer ein bisschen länger.»

Kapitel  15 Die Sonne geht auf
    Das letzte Wochenende vor Weihnachten. Pau und ich stehen draußen vor dem Amboss, mit dem Rücken gegen die eisige Dezemberkälte. Der Ostwind pfeift über die Tram-Schienen und lässt die Lichterketten in den Bäumen tanzen. Wir warten auf Matze, der auch bei diesen Temperaturen mit dem Fahrrad kommt. Richie und Hans hatten die Idee, unsere Weihnachtsfeier und meinen Abschied zusammenzulegen und doppelt einen zu heben. Und laut Richie geht das natürlich nirgends besser als in seiner Stammkneipe.
    Die bekannten Gesellen am Tresen drehen wieder ihre Köpfe zur Tür, als wir eintreten. Es ist richtig muggelig in der festlich geschmückten Kneipe. Sogar ein Tannenbaum steht neben dem Stoffelch, über dessen Hertha-Mütze ein Plastikheiligenschein schwebt. Ich setze mich zwischen Richie und Hans, die schon auf uns gewartet hatten.
    «Werner, mach uns ma fünf Herrengedecke», bestellt Richie.
    «Na, auch wieder im Lande?», lacht Werner, der Deo-Roller, und nickt in meine Richtung, als er uns allen ein großes Bier und einen Schnaps bringt. Wir stoßen die Bierhumpen klirrend zusammen und nehmen einen kräftigen Schluck. Dann werden wieder reihenweise Kümmerlinge auf die Theke geklopft. Pau schaut entgeistert zu mir rüber.
    «Nicht denken, einfach nachmachen.» Das Zeug verklebt mir den ganzen Mund. So Deckel wieder drauf und … «Pau! Der Deckel muss in Richtung des Barkeepers zeigen! Sonst flippen die hier aus.»
    Matze kramt sein Tabak-Päckchen, Marke Schwarzer Krauser, raus und dreht sich eine. «Wat guckste denn so, Wanderarbeiter? Willste wieder eine?»
    «Ja, gerne.»
    «Mann! Seit sechs Wochen schnorrste bei mir. Bald bist du ma dran, wa?»
    «Tut mir ja leid, aber ich bin total pleite. Immer noch kein Geld von Peter.»
    «Ich weiß, war doch nur ’n Scherz.» Matze reicht ihm eine akkurat gedrehte Kippe.
    «Hat der euch inzwischen bezahlt?», frage ich Hans und Richie.
    «Nee,
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