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Schuldlos ohne Schuld

Schuldlos ohne Schuld

Titel: Schuldlos ohne Schuld
Autoren: Kjell-Olof Bornemark
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Börsenspekulant, der später ein Dutzend Mordanschläge auf Ausländer verübte und mehr als ein Dutzend Bankfilialen überfiel. Er ging als »Lasermann« in die schwedische Kriminalgeschichte ein und gehörte, als ehemaliger Filmvorführer, kurzzeitig zum Kreis der Verdächtigen – mehr dazu in Geliert Tamas’ Buch »Der Lasermann« (2002, deutsch 2007).
    Es galt also, nach dem Erkalten der »kurdischen Spur«, nicht mehr als undenkbar, dass ein Schwede der Mörder vom Sveavägen gewesen sein konnte. Bei der Prominenz des Opfers vermutete man natürlich, dass eine Gruppe von Verschwörern dahinter steckte. Auch ein psychopathischer Einzeltäter kam in Betracht, aber in diesem Fall waren die Aufklärungschancen gleich null, es sei denn, der Täter verriete sich selbst. Oder er wurde verraten …
    Plötzlich präsentierte die Fahndungsgruppe unter Kommissar Hans Ölvebro »solch einen Verrückten, einen haltlosen, mehrmals vorbestraften 41jährigen Gewaltverbrecher, einen verkrachten ehemaligen Schauspielschüler, der durch Alkohol und Rauschgift auf die letzte Stufe der sozialen Leiter im schwedischen Wohlfahrtsstaat herabgesunken war« (Jochen Preussler in seinem Buch »olof palme ermordet«, Berlin 1990). Dieser Mann, in den Medien nur als Christer P. bezeichnet, wurde am 14. Dezember 1988 verhaftet; einen Hinweis hatte die Polizei schon im Frühjahr 1986 aus Kreisen der »Unterwelt« erhalten.
    Das war ungefähr der Stand der Dinge, als Kjell-Olof Bornemark an seinem Roman arbeitete. Wie vielen schwedischen Intellektuellen war ihm klar, dass die Ermittler unter großem öffentlichen Druck standen, endlich den Attentäter zu finden. Hatte die Polizei auch wirklich den wahren Mörder gefasst? Am 27. Juli 1989 wurde Carl Gustaf Christer Pettersson zu einer lebenslangen Gefängnisstrafe verurteilt. Zweifel blieben, denn es gab keine technischen Beweise für seine Beteiligung an der Tat, und die Anklage stützte sich im Wesentlichen auf die Zeugenaussage der Witwe des Ermordeten. Lisbet Palme glaubte, Christer Pettersson wiederzuerkennen, doch sie hatte nach dem blutigen Anschlag deutlich unter Schock gestanden. Ein schlüssiges Motiv für die Tat konnte seitens der Anklage ebenfalls nicht formuliert werden; Pettersson war nie als Palme-Gegner aufgetreten. Zudem konnte er weder mit Schusswaffen umgehen noch hätte er sich in der Kürze der Zeit eine Pistole beschaffen können. So horchte die Öffentlichkeit auf, als bekannt wurde, dass sich ausgerechnet die beiden Berufsjuristen unter den acht Richtern gegen die Mehrheitsentscheidung der sechs Laienbeisitzer entschieden hatten.
    Dementsprechend wurde Bornemarks Roman »Schuldlos schuldig«, der einen anderen möglichen Täter präsentierte, nicht als Machwerk verworfen, sondern mit großem Interesse aufgenommen. Das Schockierende an Bornemarks Version war ja, dass der Täter gar nicht auf die Person Olof Palme geschossen hatte, sondern auf irgendeinen prominenten Politiker, auf ein Gesicht, das für ihn die Staatsmacht symbolisierte.
    Am 2. November 1989 wurde das Urteil gegen Christer Pettersson in zweiter Instanz aufgehoben. Das Gericht näherte sich in der Urteilsbegründung der Position der Verteidigung, die von einem organisierten Mord mit politischem Hintergrund ausgegangen war.
    Vielleicht standen kurdische Verschwörer hinter dem Mord, vielleicht Neonazis, vielleicht CIA-Killer, vielleicht schwedische Polizisten, vielleicht internationale Waffendealer – wir werden es wohl nie erfahren. Vielleicht aber war wirklich ein Martin Larsson der Täter, oder ein Lars Martinsson oder ein Sven Svensson oder irgendein anderer von denen, die sich nicht damit abfinden wollen, in den demokratischen, marktwirtschaftlich organisierten Wohlstandsländern Europas eine chancenlose »Unterschicht« zu bilden.
    Kjell-Olof Bornemarks Roman »Schuldlos schuldig« erschien zuerst im März 1992 als Knaur-Taschenbuch, konnte sich aber zu einer Zeit, da schwedische Kriminalliteratur in Deutschland nicht gerade hoch im Kurs stand, kaum verkaufen. Für die Neuausgabe in der Schwedischen Kriminalbibliothek wurde der Text durchgesehen und nach den geltenden Regeln der Rechtschreibung korrigiert.
     
    Hönow, im Juli 2007
     
    Erik Gloßmann
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