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Schuldlos ohne Schuld

Schuldlos ohne Schuld

Titel: Schuldlos ohne Schuld
Autoren: Kjell-Olof Bornemark
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ein. Das Gebrumm in der Ecke verstummt, und Martin dreht sich um.
    »Martin«, ruft der Hufschmied, geht zu ihm hin und gibt ihm einen freundlichen Klaps auf die Schulter. »Was machst du denn hier?«
    Der Hufschmied ist ein vernünftiger Mann, der Martin nie gedemütigt, aber auch nie seine Gesellschaft gesucht hat. Sie kennen sich aus der Kneipe, besser gesagt ihre Namen. Viel mehr ist es nicht.
    Martin gibt keine Antwort, aber der Hufschmied sieht in seinen Augen, dass dort ein Kummer und eine Verzweiflung vorhanden sind, die tiefer sind als die eigenen Probleme. Er weiß nicht recht, was er machen soll. Der Ernst lässt sich nicht immer durch Spaß vertreiben, auch wenn viele das versuchen. Deshalb klopft er Martin noch einmal auf die Schulter. Dann lässt er ihn in Frieden.
    Dem Ungarn gegenüber deutet der Hufschmied mit einer Gebärde an, dass es keinen Grund zur Beunruhigung gibt, dass er den Mann dort kennt und man sich, auch wenn er sich ein bisschen merkwürdig benimmt, keine Gedanken über ihn machen muss. Sie setzen die Unterhaltung in einem gedämpften Ton fort, aber die Fröhlichkeit ist weg.
    Der Taxifahrer weiß, dass er eigentlich schon zu lange geblieben ist. Trotzdem bestellt er sich noch eine Bratwurst. Nicht das Autofahren bereitet ihm Unbehagen – Autos hat er immer geliebt –, sondern die Menschen, die er befördern muss. Die Kunden, die Forderungen an ihn stellen und ihn als eine Art Knecht betrachten.
    Der Taxifahrer liebt die Menschen nicht. Er hasst sie auch nicht, aber er verachtet sie, jedenfalls die Sorte, die glaubt, ihm überlegen zu sein. Den Kerl, der dort in der Ecke sitzt und brummt, kann man zur Not ertragen, auch die meisten anderen, die hier herkommen, wenn er nur nicht mit ihnen reden muss.
    Da erhebt sich Martin, und man kann seinem ernsten Gesicht ansehen, dass ihm etwas aufgegangen ist und er einen Entschluss gefasst hat. Er steht da und wiegt sich einige Augenblicke am Ecktisch. Dann nimmt er seine Reisetasche und geht zur Theke.
    »Sind Sie frei?«, fragt er den Taxifahrer, und das mit einer Reserviertheit in der Stimme, mit der ein Vorgesetzter seinen Untergebenen anredet.
    Er bekommt einen frechen Blick und ein lässiges Schulterzucken zur Antwort.
    »Sehen Sie nicht, dass ich gerade Pause mache?«, erwidert der Taxifahrer dann und starrt Martin wütend an.
    »Und danach?«
    »Wir werden sehen.«
    Für einen Taxifahrer gibt es keine süßere Rache für alle eingesteckten Beleidigungen als die Weigerung, einen Fahrgast aufzunehmen, obwohl das Auto frei ist. Martin ist zwar gut gekleidet, aber er gehört nicht zu der Sorte, an der Rache zu nehmen besonders süß wäre. Deshalb hat er es sich fast sofort anders überlegt.
    »Drei Minuten«, brummt er, und jetzt klingt er bedeutend versöhnlicher.
    Martin nickt zufrieden.
    »Willst du verreisen?«, fragt der Hufschmied und wirft einen Blick auf Martins Reisetasche. »Mitten in der Nacht?«
    »Das geht dich nichts an.«
    Die Antwort kommt wie ein Peitschenhieb, und der Hufschmied runzelt die Augenbrauen. Eine solche Reaktion ist er nicht gewohnt.
    »Natürlich nicht«, antwortet er ruhig. »Deshalb gibt es aber keinen Grund, unverschämt zu sein.«
    Der schroffe Tonfall in der Stimme des Hufschmieds lässt den Ungarn erstaunt aufschauen.
    »So«, sagt er.
    Dann wird es ganz still. Alle sind sich der Spannung bewusst, die in der Luft liegt, und da sie erfahrene Männer sind, wissen sie auch, dass durch ein einziges unvorsichtiges Wort eine Explosion erfolgen kann. Der Ungar will keinen Streit haben und auch der Hufschmied nicht. Sein Selbstvertrauen ist groß und er denkt bereits, dass er sich ein wenig unpassend verhalten hat. Warum kümmert er sich darum, was einer wie Martin sagt? Der Hufschmied lächelt vor sich hin und wendet sich ab. Der Taxifahrer hat fertig gekaut. Eigentlich ist es ihm vollkommen gleichgültig, was passiert. Wenn es sich nur nicht in seinem Auto abspielt.
    »All right«, sagt der Taxifahrer zu Martin. »Fahren wir.«
    Es wird wohl noch ein Rest seiner alten Dienstbereitschaft sein, die den Taxifahrer dazu veranlasst, nach Martins Reisetasche zu greifen, um sie zum Auto zu bringen.
    »Loslassen!«, brüllt Martin und reißt die Tasche an sich, während seine Augen wieder den stieren Blick bekommen.
    Der Taxifahrer erstarrt. Er hat viel erlebt, und er ist an und für sich nicht ängstlich, aber er hat auch gelernt, sich keinem unnötigen Risiko auszusetzen.
    »Sie müssen mit einem anderen fahren als
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