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Schuldig

Schuldig

Titel: Schuldig
Autoren: Jodi Picoult
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Hausaufgaben glatt. »Wieso sollte es mir nicht gut gehen?«
    Â»Ich wollte dir bloß sagen, wir finden alle, er ist ein Idiot.«
    Wir . Das konnte die Eishockeymannschaft sein, bei der Moss und Jason Kokapitäne waren. Es konnte die gesamte neunte Klasse sein. Es konnte jeder außer Trixie sein. Fast ebenso schwer wie die Trennung von Jason war es, sich durch das Minenfeld von ehemals gemeinsamen Freunden zu lavieren, herauszufinden, wer noch zu ihr gehörte.
    Â»Ich glaube, er muss sich einfach nur ein bisschen mit ihr austoben«, sagte Moss. Seine Worte waren wie eine Handvoll Steine, die von einer Klippe geschleudert wurden.
    Trixies Notizen verschwammen ihr vor den Augen. Bitte geh , dachte sie und hoffte inbrünstig, irgendeine telekinetische Kraft möge für Ablenkung sorgen. Und dieses eine Mal in ihrem Leben hatte sie Glück. Mr. Torkelson kam herein, knallte die Tür zu und baute sich vor der Klasse auf. »Ladys und Gentlemen«, begann er, »warum träumen wir?«
    Ein Witzbold in der letzten Reihe antwortete: »Weil Angelina Jolie nicht auf die Bethel High geht.«
    Der Lehrer lachte. »Okay, das ist ein Grund. Da würde dir vielleicht sogar Sigmund Freud zustimmen. Er hat den Traum als den ›Königsweg‹ zum Unbewussten bezeichnet, der aus all den verbotenen Wünschen besteht, die man hat, aber lieber nicht haben würde.«
    Träume waren wie Seifenblasen, dachte Trixie. Sie sahen hübsch aus. Aber sie konnten einem irgendwann fast unerträglich in den Augen brennen. Sie fragte sich, ob Jason wohl die gleichen Träume hatte wie sie, die Sorte, von denen einem beim Aufwachen die Luft wegblieb und das Herz sich flach wie eine Münze anfühlte.
    Â»Ms. Stone?«, wiederholte der Lehrer.
    Trixie wurde rot. Sie spürte Jasons Blick wie eine Wunde im Nacken.
    Â»Ich hab einen, Mr. T«, rief Moss irgendwo hinter ihr. »Ich gleite bei den Vorkämpfen raus aufs Eis und kriege einen Pass zugespielt, aber auf einmal ist mein Stock spaghettiweich …«
    Â»Freud hätte zwar seine helle Freude daran, Moss, aber ich möchte doch lieber hören, was Trixie zu sagen hat.«
    Wie bei einem der Superhelden ihres Vaters wurden Trixies Sinne messerscharf. Sie konnte hören, dass ein Mädchen ganz hinten eine heimliche Nachricht an ihre Freundin auf der anderen Seite des Ganges schrieb, spürte, dass Torkelson die Hände faltete und, das war am schlimmsten, dass Jason die Augen schloss und die Verbindung unterbrach. Sie bekritzelte ihren Daumennagel mit einem Stift. »Ich behalte nie einen Traum.«
    Â»Du verbringst ein Sechstel deines Lebens mit Träumen, Trixie Stone. Was in deinem Fall schon zweieinhalb Jahre ausmacht. Du hast doch wohl nicht zweieinhalb Jahre deines Lebens verdrängt?«
    Sie schüttelte den Kopf, sah zu dem Lehrer hoch und öffnete den Mund. »Ich … ich glaub, mir wird schlecht«, brachte sie heraus, und während das Klassenzimmer ins Schwanken geriet, packte sie ihre Bücher und rannte hinaus.
    Auf der Toilette übergab sie sich, obwohl sie geschworen hätte, dass sie vollkommen leer war. Dann setzte sie sich auf den Boden und presste ihre heiße Wange gegen die Metallwand.
    Es lag nicht daran, dass Jason genau an dem Tag mit ihr Schluss gemacht hatte, als sie drei Monate zusammen waren. Es lag nicht daran, dass Trixie – die unscheinbare Kleine, die offenbar das große Los gezogen hatte und durch ihren Freund plötzlich ungeahntes Ansehen genoss – ihren Prinzessinnenstatus verloren hatte. Es lag an ihrer festen Überzeugung, dass man auch mit vierzehn schon erleben konnte, wie Liebe die Geschwindigkeit änderte, mit der das Blut durch einen hindurchfloss, wie sie einen in kaleidoskopischen Farben träumen ließ. Es lag daran, dass Trixie, dessen war sie sich sicher, Jason nicht so sehr hätte lieben können, wenn er sie nicht auch so geliebt hätte.
    Trixie ging zu einem der Waschbecken und drehte das Wasser auf. Sie wusch sich das Gesicht, wischte es mit einem braunen Papierhandtuch ab. Sie wollte nicht zurück in den Unterricht, nie wieder, also holte sie Eyeliner und Mascara, Lipgloss und Schminkspiegel hervor. Sie hatte das volle kupferrote Haar ihrer Mutter, den dunklen Teint ihres Vaters. Ihre Ohren waren zu spitz und ihr Kinn zu rund. Nur die Lippen waren okay, fand sie. Einmal hatte ein Lehrer im Kunstunterricht gesagt,
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