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Schuld währt ewig

Schuld währt ewig

Titel: Schuld währt ewig
Autoren: Inge Löhnig
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Chirurgin stundenlang stehen muss? Hat er das?«
    Sanne schüttelte den Kopf.
    »Muss man aber. Und eines kann ich mit diesem Scheißbein garantiert nicht: stundenlang stehen. Hast du es jetzt verstanden?«
    Sanne hätte am liebsten gebrüllt: Nein! Das kann man nicht verstehen! Nicht, wenn man geistig gesund ist. Warum hast du im Jahr darauf das Abi nicht nachgeholt? Warum hast du nicht etwas anderes studiert? Warum übernimmst du keine Verantwortung für dich selbst? Was ist in deinem Leben derart schiefgelaufen, dass du deine Wunden nicht verheilen lässt, dass du den Menschen, der dich geliebt hat, in Schuldgefühlen gefangen gehalten hast, bis er es nicht mehr ertragen konnte? Das ist krank, krank, krank. Du gehörst in die Klapse.
    Sie biss sich auf die Lippe und setzte einen mitfühlenden Blick auf. Sie würde alles sagen, um heil von diesem Dach zu kommen. »Es tut mir so leid. Das wusste ich nicht.«
    Ein verächtlicher Zug erschien um Ulis Mund. »Du bist eine solche Heuchlerin, Sanne, und eine ganz miese Schauspielerin. Denkst du echt, du kannst deinen Arsch retten, indem du mir Honig ums Maul schmierst? Du unterschätzt mich schon wieder. Das solltest du nicht.« Sie lächelte. »Und es wird auch nie wieder vorkommen. Wenn du jetzt so nett wärst …« Mit der Waffe wies sie auf die Kante des Daches. »Es sind nur ein paar Schritte.«

87
    Wo blieb das SEK ? Sechs Minuten waren um.
    Die einen Spaltbreit geöffnete Tür gab ihm Deckung. Dühnfort hielt seine Waffe im Anschlag.
    Ulrike Rodewald hob die Beretta. »Wenn du jetzt so nett wärst. Es sind nur ein paar Schritte.«
    Er musste handeln. Die Frauen standen etwa zwei Meter voneinander entfernt. Wenn er Ulrike aufforderte, die Waffe wegzuwerfen, würde sie auf Susanne Möbus schießen. Wenn er wartete, bis die beiden an der Kante des Daches angekommen waren, konnte Ulrike Susanne mit einem Stoß in die Tiefe befördern. Wenn die Situation weiter eskalierte, musste er tun, was Alois getan hatte. Nothilfe leisten. Er musste den richtigen Moment erwischen. Langsam schob er die Tür weiter auf und brachte sich in Position.
    Ulrike Rodewald sah er von schräg hinten. Susanne Möbus stand mit gefesselten Händen seitlich vor ihr. Der Regen lief ihr aus den Haaren, ihre Kleidung war durchnässt. Wenn sie den Kopf einige Grad drehte, würde sie ihn bemerken.
    »Nein! Ich gehe keinen Meter. Ich werde nicht vom Dach springen. Du musst mich erschießen.« Sie wirkte erstaunlich bestimmt und konzentriert.
    Ulrike schnellte vor, versetzte Susanne einen Stoß vor die Brust. Sie stolperte zurück.
    »Du tust, was ich sage.« Der nächste Stoß.
    Susanne stolperte wieder zwei Schritte zurück, bevor sie sich fing. »Ich springe nicht.«
    »Doch! Genau das wirst du tun.« Ulrike hob die Waffe an Susannes Kopf.
    Merde!
    »Einen Schritt. Los!«
    Die Mündung der Waffe klebte an ihrer Stirn. Susanne trat einen Schritt zurück.
    Wo blieb das SEK ?
    »Noch einen. Für Ludwig!«
    Zögernd folgte ein weiterer.
    Nur noch zwei Meter bis zur Dachkante.
    »Na, geht doch. Und einen für deinen Helden da unten.«
    Susanne blieb stehen. Verzweifelt sah sie sich um. Dühnfort hob die linke Hand. Ihre Blicke trafen sich. Energisch riss er die Hand nach unten. Hoffentlich verstand sie.
    Susanne ließ sich fallen, knallte auf den Boden.
    Dühnfort schoss. Ulrike sackte zusammen. Die Beretta glitt ihr aus der Hand. Dühnfort rannte aufs Dach. Ulrike rollte sich stöhnend auf den Bauch, hangelte nach der Waffe. Er erreichte sie vor ihr, kickte sie außer Reichweite und hob sie auf.
    Blut schoss pulsierend aus einer Wunde am Oberschenkel. Er sicherte die Waffe, steckte sie in den Hosenbund. Ulrike Rodewalds Gesicht war weiß. Sie klapperte mit den Zähnen. Der Schock. »Scheißkerl! Das wirst du büßen!« Sie trat nach ihm. Er wich aus, sicherte seine Heckler & Koch, schob sie ins Holster und riss den Gürtel aus seiner Hose. »Halten Sie still.«
    Sie trat weiter um sich. »Ich muss das abbinden. Oder wollen Sie verbluten?« Es gelang ihm, das Bein zu fassen.
    Sie zerrte an seinem. Er verlor das Gleichgewicht, knallte auf den Boden und in eine Lache Blut. »Herrgott! Jetzt beruhigen Sie sich.«
    Endlich gab sie auf. Ob Einsicht oder Blutverlust, es war egal. Endlich gelang es ihm, den Gürtel um den Oberschenkel zu legen. Er zog ihn zu, so fest er konnte. Der Blutstrom wurde schwächer. Er trat an die Dachkante.
    Unten stand die Feuerwehr mit dem Sprungtuch bereit. Daneben der
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