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Schuhwechsel

Schuhwechsel

Titel: Schuhwechsel
Autoren: Rosa Villas
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keltischen Weg gehen, den Arthur mit seinen Mannen angeblich schon vor vielen hundert Jahren ging. Der Weg beginnt in der kleinen, romantischen Küstenstadt Boscastle. Mein Wanderführer erzählt irgendetwas von „Stile“ über die man drüber muss. Wir haben keine Ahnung was „Stile“ sind und gehen erst einmal geradeaus daran vorbei und immer weiter den Berg hoch, bis der Weg endet und wir ausschließlich von Kuhweiden umgeben sind. Mein Geliebter lacht sich schon wieder herzhaft einen ab, mein Organisationstalent ist sagenumwoben und mein Orientierungssinn wurde dem Zufall überlassen.
    Erst gestern, als wir durch das Dartmoor gewandert waren, kamen wir natürlich promt mitten in die Schießübungen des englischen Militärs. Das Moor war aus genau diesen Gründen gesperrt worden, aber ich hab das mal nicht so ernst genommen und deshalb sind wir da trotzdem hinein. Wir wollten ja schließlich wandern. Die Schüsse habe ich auch sehr deutlich vernommen, das war nicht das Problem, ich dachte nur, die wären so weit weg, dass uns das nicht mehr treffen würde.
    Bis dann ein Sicherheitsmann mit einer überdimensionierten Flagge sehr aufgeregt auf uns zu rannte und uns sehr höflich empfahl, unsere Wanderroute abzukürzen wenn wir nicht riskieren wollen, erschossen zu werden. Das fand ich wiederum sehr schade, denn eigentlich wollte ich die Wildpferde sehen und das kleine Stückchen Wald, welches in meinem Reiseführer so herrlich angepriesen wurde. Na ja, dann halt nicht und so kehrten wir wieder um.
    Jetzt stehen wir also auf dem Hügel am Ende des Weges, blicken über eine Kuhherde hinweg auf die Weite des Meeres und wissen nicht mehr weiter.
    Aber da ich eine Frau bin und keine Probleme damit habe, jemanden nach dem Weg zu fragen, mache ich das mal. So gehe ich zurück zur nächst besten Farm und frage den ersten Mann, den ich sehe, nach dem Weg. Inzwischen ist mein Geliebter ebenfalls auf der Farm eingetroffen, an deren Wegesrand Schweine mit bronzefarbenen Borsten im Sand liegen und sich sonnen.
    Dieser sehr nette Farmer erklärt uns, eingebettet in ein nettes Schwätzchen, sehr freundlich und absolut idiotensicher, was eine „Stile“ ist und wo ich sie finde und wie es dann weiter geht. Also die Geduld, mit der dieser Engländer mit uns desorientierten Touristen umgeht, ist schon sehr bemerkenswert.
    „Stiles“ sind demnach eine Klettervorrichtung zwischen den Hecken, die von Menschen überwunden werden können, aber nicht von Kühen.
    Ich hätte niemals erwartet, dass dieser „heilige“ Weg mitten durch eine Kuhherde geht. Hier in Südengland sind die Weiden nicht durch Zäune abgetrennt, sondern durch dichte Hecken und Gebüsch. Überhaupt gibt es hier unglaublich viele Hecken. Selbst an den Straßen entlang wachsen nur Hecken. Man sieht gar nichts von der Landschaft.
    So klettern wir über eine Stile nach der anderen, wandern durch eine Kuhherde nach der anderen und erreichen einen Bach. Dann wandern wir an einem Bach entlang, der von ein paar Bäumen umgeben ist, die sich langsam zu einem schönen Laubwald ausweiten.
    Bars oder Pubs, wie entlang des Jakobsweges, an denen man kurz rasten und sich erfrischen kann, gibt es hier keine. Es gibt ja nicht mal Wege. Wir wandern ja durch Kuhherden. Wohl dem, der melken kann.
    Nach einigen Stunden Wandern, treffen wir im Wald auf eine alte und verfallene Mühle am Bach. Meine innere Stimme sagt sehr laut und deutlich, ich solle von hier einen Stein mitnehmen. Meine innere Stimme hat mich schon sehr oft, sehr gut geleitet und so packe ich einen hübschen Brocken mit einer flachen Seite in meine Hosentasche und nehme ihn mit.
    Der Bach wird breiter, der Wald wird dichter. Irgendwann kommen wir zu einem Haus, in dessen Garten es Tee gibt. Wir wollen keinen Tee, wir wollen zu diesem Wasserfall.
    Um an den Wasserfall zu gelangen, müssen wir aber durch den Garten dieses Hauses, denn der Wasserfall steht auf privatem Grund. Aha. Deshalb müssen wir auch Eintritt bezahlen.
    Wir bekommen einen kleinen Beipackzettel, auf dem die Geschichte und die Legende der Einsiedelei und des Wasserfalls von St. Nectans Glen in Tintagel steht.
    Ich zitiere: „Der 21. Jahrhundertbesucher der Einsiedelei ist dem Pfad gefolgt um den Wasserfall, der aus dem 6. Jahrhundert von Pilgern genutzt wurde, um im Schrein des guten St. Nectan, der um 500 a.d. hier lebte, zu beten.“ Steht auf diesem Zettel.
    Wir gehen den schmalen Weg hinunter zum Wasserfall. Ich kenne mich hier aus, das ist
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