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Schütze meine Seele: Soul Screamers 4 (German Edition)

Schütze meine Seele: Soul Screamers 4 (German Edition)

Titel: Schütze meine Seele: Soul Screamers 4 (German Edition)
Autoren: Rachel Vincent
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aber heute fühlt sich kalt und steril seltsam richtig an.
    Ich gehe den Flur hinunter, Emma ist neben mir. Dann sehe ich die beiden und bleibe wie angewurzelt stehen. Emma nicht. Sie registriert nichts Ungewöhnliches daran. Ich dagegen kann kaum atmen, meine Kehle ist wie zugeschnürt. Ich schaffe es gerade so, genug Luft in meine Lungen zu saugen, um nicht ohnmächtig zu werden, was das Schwindelgefühl in meinem Kopf jedoch auch nicht erträglicher macht. Als ob überhaupt irgendetwas erträglich sein könnte, solange sie so da herumstehen. Direkt vor meinem Spind, sodass ich das Schauspiel auf keinen Fall verpassen kann.
    Ihr Gesicht ist nicht zu erkennen, denn es klebt förmlich an seinem, aber ich weiß trotzdem, wen ich vor mir habe. Die glänzenden dunklen Haare, die bekloppte Männerhose, in der sie genauso widerlich heiß aussieht, wie sie es vermutlich in seinem T-Shirt tat, wenn das alles war, was sie trug. Und ich wusste, sie sprang vor ihm halb nackt, nur mit seinem Shirt bekleidet, durch die Gegend. Verdammt, sie hatte ihn besprungen. Und wären sie nicht mitten in der Schule, würde sie es wahrscheinlich auch jetzt machen. Viel fehlt jedenfalls nicht dazu.
    Ich gehe auf sie zu und komme erst knapp eine Armlänge von ihnen entfernt zum Stehen, wodurch sie mich nicht länger ignorieren können. Schon löst sie sich in Zeitlupentempo aus seiner Umarmung. Dabei fährt sie sich mit der Zunge über die Lippen, als könne sie nicht genug von seinem Geschmack bekommen, wobei mir instinktiv klar wird, dass dies tatsächlich der Grund ist. Mein Kiefer tut weh. Ich habe unbewusst angefangen, mit den Zähnen zu knirschen. Dann bemerke ich, dass wir nicht allein sind. Eine Menschentraube hat sich um uns gebildet. Natürlich. Wo was los ist, da sammeln sich auch neugierige Gaffer, und die Show, die wir hier bieten, will man sich auf keinen Fall entgehen lassen.
    Ich sage seinen Namen. Obwohl ich es nicht will. Ich will weder ihm Beachtung schenken noch dem, was er da gerade tut, aber ich kann nicht anders. Es ist nicht real. Solange er es nicht ausspricht, ist es nicht real, und ein Teil von mir glaubt felsenfest daran. Er wird es nicht sagen, sondern die richtigen Worte finden. Beteuern, dass es ein Fehler war, der ihm furchtbar leidtut, und in seinen Augen werde ich lesen können, dass er es ehrlich meint. Und diesen Ausrutscher wird er noch eine ganze Weile lang bereuen, doch irgendwann ist Gras über die Sache gewachsen und zwischen uns wieder alles in Ordnung.
    Doch stattdessen zuckt er mit den Schultern und blickt sich grinsend unter den Schaulustigen um. Die Gesichter beginnen zu flimmern und miteinander zu verschmelzen, bis ich sie nicht mehr auseinanderhalten kann, aber das spielt keine Rolle, denn die Meute hat ohnehin nur ein Gesicht. Das ist schließlich immer so. Auch du, Brutus? Eine Herde, getrieben von kollektiver Sensationsgier, und ich bin Cäsar, kurz bevor er niedergestochen wird.
    Oder vielleicht hat mich der tödliche Messerstich schon getroffen und ich bin nur zu blöd zu merken, wie ich in einer sich langsam ausbreitenden Lache aus meinem eigenen Blut stehe. Woran es jedoch keinen Zweifel gibt, ist, dass ich sterbe. Innerlich. Er ist dabei, mich umzubringen.
    „Entschuldige, Kay“, sagt er wenigstens, und ich hasse ihn für seine Unverschämtheit, meinen Kosenamen zu benutzen. Es hört sich angenehm und freundschaftlich an, aber die Zunge, mit der er den vertrauten Laut formt, hat eben noch in ihrem Mund gesteckt, und ich würde sie ihm am liebsten mit einer Machete herausschneiden. „Entschuldige“, wiederholt er noch einmal, während meine Wangen heiß werden, als würden sie in Flammen stehen, und meine Welt hinter einem Schleier aus Tränen verschwindet. „Sie weiß eben, was mir gefällt. Und sie ziert sich nicht, es mir zu geben …“
    Lautes Gelächter bricht aus, und wenn die Menge auch nur ein Gesicht haben mag, Stimmen hat sie viele. Schrille und höhnische Stimmen. Und sie alle lachen mich aus. Sogar Emma.
    „Ich hab’s dir gesagt“, spottet sie kopfschüttelnd, wobei sie bemüht ist, ein Kichern zu unterdrücken. Und ich rechne ihr hoch an, dass sie es immerhin versucht, selbst wenn es ihr am Ende doch nicht gelingt. Es ist nicht ihre Schuld. Sie spielt nur ihre Rolle, und die Zeilen müssen nun mal gesprochen werden, egal ob jedes Wort wie Salz in einer offenen Wunde brennt.
    „Hab ich nicht gesagt, die Warterei ist Schwachsinn? Bei diesem Spiel verlierst du, wenn du
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