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Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern (German Edition)

Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern (German Edition)

Titel: Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern (German Edition)
Autoren: Hagen Seidel
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weil sie befürchteten, es niemals zurückzubekommen. Und am 1. Oktober wollten Gentz und Schneider Zalando starten. »Wir hatten hart dafür gearbeitet und freuten uns auf den Start und dann kam so ein einschneidendes Ereignis«, beschreibt Gentz seine Gefühlslage in diesen Tagen. Würde jetzt noch irgendjemand Geld in die Idee zweier junger Männer investieren, Schuhe über das Internet zu verkaufen?
    »Für uns war klar, dass wir jetzt noch sparsamer sein mussten. Von den 50 000 Euro Startkapital mussten wir jeden Euro zwei- oder dreimal umdrehen. Große Fehler konnten wir uns schlichtweg nicht leisten. Das zwang uns von Anfang an zu einer hohen Risikoaversion. Wir mussten soviel optimieren, wie es irgendwie ging«, sagt Gentz. Diese Erfahrungen der knappen Ressourcen in den frühen Tagen sind Teil der Firmen-DNA von Zalando geworden. Noch heute werden Neuerungen vorsichtig im Kleinen getestet, bevor die Geschäftsführer große Summen dafür ausgeben.
    Im Rückspiegel betrachtet allerdings, haben die Lehman-Pleite und die sich daran anschließende Kreditklemme jungen Händlern wie Zalando im Wettbewerb gegen den alten Handel vielleicht sogar geholfen. Für Arcandor zum Beispiel, den Handelskonzern, der mit Marken wie Quelle und Neckermann neben Otto noch immer zu den ganz großen Spielern im deutschen Versandhausgeschäft gehörte, war diese Krise der letzte Sargnagel. Mit der Royal Bank of Scotland, die fast über Nacht verstaatlicht werden musste, um nicht ebenfalls in die Insolvenz zu rutschen, kam Arcandor-Chef Thomas Middelhoff buchstäblich über Nacht einer von drei Kreditgebern abhanden. Die anderen beiden waren die Commerzbank und die BayernLB, die bald ebenfalls vom Staat gestützt werden mussten. Middelhoff bekam zwar in letzter Minute mithilfe kurzfristiger Kredite und einer Kapitalerhöhung, die das Bankhaus Sal. Oppenheim in Köln zeichnete, noch eine neue Finanzierung gestemmt. Doch als diese Kurzfristkredite im Juni des folgenden Jahres fällig wurden, blieb Arcandor nur die Insolvenz. Zwar wurde die Warenhauskette Karstadt anschließend in verkleinerter Form weitergeführt, bei Quelle allerdings gingen Ende 2009 die Lichter aus. Dieser große und traditionsreiche Versender, der aber immer für die jetzt zu Ende gehende Zeit des gedruckten Universalkataloges gestanden hatte, verschwand vom Markt. Otto übernahm zwar die Marke, hatte aber wenig Erfolg damit. Inzwischen ist quelle.de nur noch ein Marktplatz unter dem Markendach von Otto. (Hagen Seidel, »Arcandors Absturz«, Frankfurt/New York 2010)
    Nach Jahren des Siechtums musste später auch die Geschäftsführung des kleineren Versandhauses Neckermann zum Insolvenzrichter, obwohl sich das Unternehmen schon früh einen E-Commerce-Anstrich gegeben hatte und sich » neckermann.de « nannte.
    Neckermann und vor allem Quelle hatten stets einen hohen Anteil ihrer Umsätze mit Schuhen und Textilien gemacht. Damit wären sie eigentlich einer der großen Konkurrenten von Zalando gewesen. Eigentlich. Doch nun begegneten sich beide – im übertragenen Sinne – allenfalls ganz kurz, nämlich als Zalando auf dem Weg nach oben und Quelle/Neckermann auf dem Sturz nach unten war. Die Milliardenumsätze, die die früheren Arcandor-Versender mit Schuhen und Mode gemacht hatten, waren jetzt frei für andere Anbieter. Auch für Zalando, wie sich schon bald zeigen sollte.
    Doch darauf durften Gentz und Schneider in diesen turbulenten Septembertagen des Finanzkrisenjahres 2008 nicht hoffen. Sie mussten ihre Seite live schalten, was auch immer an der Wall Street in New York, in der Londoner City oder im Frankfurter Bankenviertel passierte. Am 1. Oktober 2008 war dann der offizielle Starttermin für zalando.de , doch schon am 28. September lief die Seite. Sofort beinhaltete sie jene Serviceelemente, mit denen sich der Neuling von der Konkurrenz abheben wollte: keine Versandkosten, kostenlose Retouren, zahlreiche Rechnungsarten über PayOne, Vorkasse und Kreditkarte bis hin zum für Händler riskanten Kauf per Rechnung. Nur bei größeren Bestellungen ab 200 Euro prüfte Zalando am Anfang systematisch durch Abfragen bei Bonitätsspezialisten, ob sie es riskieren konnten, das Paket mit der Rechnung drin rauszuschicken. Trotz des Risikos sei Zahlungsausfall kein großes Problem gewesen.
    Zwei oder drei Bestellungen gingen in den ersten Tagen bei Zalando ein, immerhin. Aus Deutschland und auch aus Österreich. Den Service am Telefon und das Verpacken in braune Pakete
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