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Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern (German Edition)

Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern (German Edition)

Titel: Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern (German Edition)
Autoren: Hagen Seidel
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mit Zalando-Aufkleber machten die Chefs selber, fürs Fotografieren der Ware beschäftigten sie immerhin schon einen Praktikanten. Zwischen 400 und 500 Paar Schuhe hatte Zalando zu Beginn im Sortiment, mehr noch nicht. Eine bunte – erfahrene Schuhhändler hätten wohl gesagt: wirre – Mischung aus sieben oder acht sehr unterschiedlichen Marken zwischen Adidas, Gabor und den hippen Sneakers von Creative Recreation bildete das erste Zalando-Sortiment. Von jedem Paar gab es vier oder fünf unterschiedliche Größen.
    Wie schon bei den Flipflops war es David Schneiders Job, für das vollkommen unbekannte Unternehmen die Ware zu besorgen. »Das brauchte eine ganze Menge Überzeugungsarbeit. Ich bin zu den Schuhherstellern und auf Fachmessen gefahren und habe versucht, den Leuten unsere Idee zu erklären«, erinnert er sich. Damals war das Internet noch mehr als heute mit Begriffen wie »Rabatt« und »billig« verbunden. »Viele Hersteller waren skeptisch, weil sie eine Verwässerung ihrer Marke befürchteten, wenn es sie im Netz über Zalando gab. Dabei wollten wir ja genau das Gegenteil, nämlich erstmals auch im Netz diese Markenwelten zeigen. Einige Hersteller allerdings haben die Chance sofort erkannt. Ihr Risiko war gering: Wir haben ja mit sehr kleinen Volumina begonnen.« Adidas und Diesel gehörten zu den aufgeschlossenen Marken, die Vorsichtigen will Schneider nicht nennen. Dass von Anfang an bekannte Marken dabei waren, half, die Skepsis bei kleineren Herstellern langsam zu verringern. Immerhin bekam Schneider rechtzeitig ein Sortiment zusammen. Eines jedoch, das sich als viel zu klein herausstellte: »Wir hatten fast immer mehr Nachfrage als Angebot.« Was eigentlich toll ist für einen Händler. Doch wenn der Kunde die Ware nicht bekommt, die ihm versprochen wurde, bestellt er bei diesem Laden oder Onlinestore wahrscheinlich nie wieder.
    Ändern konnten Schneider und Gentz diese missliche Situation zunächst jedoch nicht. Dass die erfahrenen Leute von den Markenherstellern den Neulingen auch mal angestaubte Modelle angedreht haben, die ihnen sonst kein Händler abgekauft hätte, wollen die Gründer durchaus nicht ausschließen.
    Zumeist mussten sie die Ware bezahlen, bevor sie sie fotografieren, die Bilder auf die Seite hochladen und dann im besten Fall schnell mit Gewinn verkaufen konnten. Wenn viele Artikel lange Zeit unbestellt im Keller herumlagen, reduzierte das das ohnehin schmale Einkaufsbudget zusätzlich. Dann stand das Kapital in Leder und Gummi gebunden im Regal herum. Das galt es zu vermeiden.
    Also vertiefte sich Gentz weiter in die Mysterien der Suchmaschinen-Welt. Wonach googeln die Nutzer? Welche Schuhe, welche Marken muss man folglich im Angebot haben? Bei einigen Marken verbanden die Nutzer ihre Suchanfrage mit einem Ort. Wenn das öfter vorkam, war klar, dass die Kunden diese Schuhe klassisch im Laden und nicht im Webshop einkaufen wollten. Solche Marken würden Zalando also kaum große Umsätze bringen. Bei jüngeren, trendigeren Marken wie »Blowfish« war das anders, da suchten die Kundinnen kein Geschäft in der Fußgängerzone, sondern den besten Shop im Netz. Das war die Chance für Zalando, diese Kundinnen passten genau ins Beuteschema. Mithilfe der inzwischen branchenweit üblichen Suchmaschinenoptimierung (SEO) versuchte Gentz zudem, die Angebote seiner Seite so zu präsentieren und zu formulieren, dass Zalando bei Suchanfrage nach Schuhen bei Google, Yahoo oder den kleineren Suchmaschinen ganz oben auftauchte. Am besten gleich an erster Stelle. »Wir haben den Markt Stück für Stück erarbeitet«, sagt Gentz.
    Mit den ersten Bestellungen kamen Erfahrungen und Daten hinzu, mit denen Gentz und Schneider ihr Angebot kundennäher und damit umsatzträchtiger gestalten konnten. Vom ersten Tag an wurde alles trocken ausgewertet, das Bauchgefühl zählte nicht viel: Welche Artikel hat der Kunde gesucht und angeschaut, was hat er gekauft und was hat er sich nur angeschaut? Wofür interessiert er sich noch? Wie hoch sind nach dem Kauf die Retourenquoten der einzelnen Artikel? So bekamen die Rationalisten mithilfe ihrer geliebten Zahlen und Daten ein Gefühl für den Markt, den sie aufzurollen gedachten.
    Derart akribisch arbeitet Zalando noch heute, nur auf ungleich größerer Datenbasis. Was die analytischen und die handwerklichen Qualitäten der Arbeit betrifft, sehen viele E-Commerce-Experten Zalando längst als Europameister. Mancher stellt die Perfektion der Verkaufsmaschine
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