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Schreckensbleich

Schreckensbleich

Titel: Schreckensbleich
Autoren: Urban Waite
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Lebens hinken. Sheri saß in einem kleinen Sessel neben seinem Bett. Sie hatte den Sessel von der Wand weggezogen, damit sie einander um die Infusion herum ansehen konnten, und von Zeit zu Zeit hielt sie seine Hand und sagte ihm, er solle ja nie wieder so blöd sein.
    Drake sah Sheris säuerliche Miene, als Driscoll zur Tür hereinkam. »Ich hole mal Eis«, sagte sie. Und dann, als sie an Driscoll vorbeikam: »Keine Abenteuer mehr.«
    Driscoll öffnete den Mund, sagte jedoch nichts. Er sah zu, wie sie vorbeiging, und als sie fort war, fragte er: »Haben Sie die Zeitung von heute gelesen?«
    »Ich lese nie Zeitung.«
    »Kann ich Ihnen nicht verdenken.«
    Drake hustete. »Hab damit aufgehört, nachdem sie meinen Vater eingebuchtet haben. Ist irgendwie komisch, so über die eigenen Angehörigen in der Zeitung zu lesen. Das ist, als würde man einen Bericht über das eigene Leben lesen, während man es gerade lebt. Hab mich dabei nie besonders wohl gefühlt.«
    »Ihr Name steht drin.« Driscoll lächelte und fügte dann mit offenkundigem Sarkasmus hinzu: »Sie sind wieder berühmt.«
    »Anscheinend halte ich dieser Tage keine Woche durch, ohne dass mein Name gedruckt wird. Ich weiß auch so, was los war, ich war dabei.«
    »Noch immer keine Spur von Hunt. Wissen Sie was darüber?«
    »Was sagen denn die Zeitungen?«
    »Ein Koffer voller Messer und ’n Beutel voll Heroin im Schnee. Zwei tote Vietnamesen in dem Haus. Nichts über Hunt.«
    »Sie glauben, damit hat sich’s?«
    »Heroin für fast hunderttausend Dollar.«
    »So viel hatte das Mädchen intus?«
    »Ein bisschen weniger«, meinte Driscoll. »Aber wir haben Beweise dafür gefunden, dass die fast jeden Monat junge Frauen eingeschleust haben.«
    »Noch irgendwelche anderen Mädchen?«
    »Nein.«
    »Glauben Sie, nach dem, was mit Thu passiert ist, sind die schlau geworden?«
    »Ich weiß nicht«, antwortete Driscoll. »Diese Geschichte wird niemals über den Pazifik dringen. Die werden einfach behaupten, das alles sei nie passiert, dass Thu noch lebt und es sich irgendwo gutgehen lässt.«
    »Sich gutgehen lassen, wie?«
    »Ja.«
    »Das ist eine verrückte Art, es auszudrücken.«
    »Verrückt ist, dass das Ganze wieder von vorn losgehen wird.«
    »Und Hunt? Irgendwas Neues?«
    »Nichts.«
    »Was ist mit den Drogen? Was ist mit dem Zeug, das er Thu abgenommen hat?«
    »Ich weiß es nicht. Ist wahrscheinlich inzwischen weggefixt worden, von Junkies von hier bis Montana.« Driscoll seufzte. »Ich kann’s wirklich nicht sagen.«
    »Glauben Sie, er hätte das Zeug verkauft?«
    »Er ist doch jetzt Ihr bester Kumpel. Sagen Sie’s mir.«
    Drake schnitt eine Grimasse. »Ich ruf ihn gleich mal an. Haben Sie Ihr Handy dabei?«
    »Jetzt kommen Sie schon, Drake. Ich weiß es nicht, ich verarsche Sie nur ein bisschen. Darf ich das nicht? Wer weiß, wo diese Drogen jetzt sind. Hunt weiß es. Aber wer weiß, wo der steckt.«
    »Das wär’s dann also?«
    »Wir haben noch einen Toten gefunden, in einem Haus im Norden von Seattle. Ist in seinem eigenen Wohnzimmer exekutiert worden. Nette Hütte, mit Blick übers Wasser. Angeblich war der Typ Anwalt, scheint so ziemlich alles gemacht zu haben, Sie verstehen? Ein bisschen dies, ein bisschen das. Die Kugel, die wir aus seinem Kopf geholt haben, passt zu der 22er, die wir in Gradys Messerkoffer gefunden haben. Wir überprüfen das gerade, aber wir sind uns ziemlich sicher, dass dieser Tote wohl derjenige war, der das Ganze aufgezogen hat.«
    Drake hustete und sah zum Fenster hinaus; der Schmerz in seinen Muskeln ließ seinen ganzen Körper starr werden, als seine Lunge sich mit Luft füllte.
    Die Wunde in seinem Arm war jetzt nur noch eine dicke Reihe von Stichen, aber nichts gebrochen, nichts irreparabel beschädigt.
    Driscoll ging zu dem Infusionsständer hinüber und befingerte den Beutel. »Was ist denn da drin?«, erkundigte er sich. »Irgendwas Gutes?«
    »Kochsalz. Vitamine. Superkräfte.«
    »Im Ernst?
    »Im Ernst.«
    »Eins noch«, sagte Driscoll. »War schwer zu erkennen bei all dem Schnee da draußen und dem Kampf. Fußabdrücke von den Rettungshelfern, von den Cops, von unseren Leuten. Ich meine, da war überall Blut, unter dem Schnee – oft haben wir gar nicht gemerkt, dass wir da reingetreten sind. Aber nach dem, was ich gesehen habe, sah es so aus, als hätte derjenige, der Grady erschossen hat, aufrecht gestanden.«
    Drake ließ sich das einen Moment durch den Kopf gehen. Fast unbewusst griff er sich an den
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