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Schokoherz

Schokoherz

Titel: Schokoherz
Autoren: Alice Castle
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offensichtlich so schnell, wie die von Tim Radisson stiegen. Und dabei war sie so ein nettes Mädchen. Ein gemeiner Anflug von Schadenfreude gab mir den nötigen Auftrieb, um nach einer Lösung zu suchen.
    »Kannst du das Ganze nicht einfach rumdrehen?«
    »Rumdrehen? Wie soll das denn bitte schön gehen?«
    Ich dachte fieberhaft nach. Plötzlich schaltete sich wieder mein altes Journalistenhirn ein. Blitzschnell entwarf ich verschiedene Szenarien und verwarf sie sogleich wieder, bis sich eine Idee meldete, die meiner Meinung nach einen Funken Hoffnung enthielt. »Wie wäre es, sich jetzt hinter den Wohltätigkeitsverband zu stellen? Es so hinzudrehen, dass du nur versucht hast, die Aufmerksamkeit auf Radissons gute Taten zu lenken? Das war deine einzige Motivation für den Artikel.«
    Tomsah mich aufmerksam an, und in seinem Blick flackerte Hoffnung auf, bevor sie wieder erlosch.
    »Nein. Das würde nicht funktionieren.«
    »Natürlich nicht, wenn du's nicht einmal versuchst. Probier's aus. Tätige ein paar Anrufe. Du kennst doch viele Leute, die dir einen Gefallen schulden. Ich kann von mir aus Gail anrufen. Wir haben uns damals beim Interview gut verstanden.« Wie elektrisiert sprang ich auf, um meine Schublade zu durchforsten. Wo hatte ich bloß mein Adressbuch hingeräumt? Seit Monaten hatte ich kaum einen Blick darauf geworfen, geschweige denn es aufgeschlagen, doch Gails Nummer musste darin irgendwo stehen. Ah, hier war es. Ich zog das zerfledderte Buch heraus, fuhr rasch mit dem Finger die R-Seiten hinunter und wählte in der nächsten Sekunde bereits Gails Nummer. Erste Journalistenregel: Wirf niemals eine Telefonnummer weg.
    Tom saß regungslos da und sah aus, als hätte man ihn ausgestopft. Er rührte keinen Finger, um seinen Hals aus der Schlinge zu ziehen, während ich auf Autopilot flog: erinnerte Gail munter daran, wer ich war, und stellte dann rasch wieder einen guten Draht her. Zum Glück hatte der Redakteur damals die Zeile rausgenommen, in der ich mich über Gails abscheulichen Einrichtungsgeschmack ausließ. Nur ein Wort darüber, was ich wirklich von ihren pfirsichfarbenen Feston-Gardinen hielt, und dieser Anruf hier wäre undenkbar gewesen. Doch da sie hocherfreut gewesen war über das, was letzten Endes in der Zeitung stand, plauderten wir bald wieder wie beste Freundinnen.
    Ich ließ sie eine Weile reden, während ich meinen Mut zusammennahm. Dann wagte ich mich an dasheikle Thema. »Der Grund, weshalb ich anrufe, Gail, ist der, dass mein Mann ein bisschen in der Patsche sitzt – und zwar in Bezug auf Ihren Vater. Ja, genau, Tom Richardson. Ja, genau der. Hm, ich kann schon verstehen, warum Sie das denken. Nun ja, schon, aber sehen Sie ... nein, nein, das verstehe ich völlig, Gail, aber ... Tatsache ist, dass mein Mann es gerne wiedergutmachen würde. Es bedrückt ihn wirklich sehr.«
    Dieser Teil zumindest stimmte. Allerdings war es nicht das schlechte Gewissen, das ihn plagte, sondern die Angst – Angst, einen gutbezahlten Job zu verlieren, der ihm viel bedeutete und der unseren Lebensunterhalt sicherte. Aber das musste Gail ja nicht wissen.
    »Wir haben uns Folgendes überlegt, Gail: Tom könnte die Zeitung dazu veranlassen, einen saftigen Sponsorship-Deal mit Ihnen abzuschließen. Wie saftig?« Ich blickte zu Tom hinüber, der nun nicht mehr ganz so bleich war und eher wie ein eifriger Welpe wirkte. »Absolut supersaftig, Gail. Ich kann Ihnen nur versichern, dass die Zeitung Sie in ihrer Mission unterstützen will.« Mehr konnte ich ihr in der Tat nicht sagen, weil ich ja nicht mehr wusste – aber auch das behielt ich für mich. »Ja, da haben Sie recht, ein bisschen Publicity hat noch nie geschadet, nicht wahr? Ja, das würde sicher funktionieren. Doch, doch, er trifft Sie gerne in London, um alles zu besprechen. Meinen Sie, es besteht die Chance, dass Ihr Vater dazukommt? Nur um die Sache wirklich zu klären, verstehen Sie ... Ja, ich weiß, dass er in Erwägung zieht, meinen Mann zu verklagen. Aber diese Prozesse ziehen sich immer dermaßen in die Länge und werden meist auch teuer ... Vielleicht könnte ein Treffen ja helfen, die Sache aus der Welt zu schaffen? Nein, keine Eile.Natürlich, natürlich verstehe ich, dass Sie beide wütend sind. Und dazu haben Sie selbstverständlich auch allen Grund. Im Laufe der nächsten Tage? Ich gebe Ihnen am besten Toms Büronummer, denn ich bin sicher, dass er es jederzeit einrichten kann.« Ich sah Tom fragend an, der rasch nickte. Als ich das
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