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Schönheit der toten Mädchen

Schönheit der toten Mädchen

Titel: Schönheit der toten Mädchen
Autoren: B Akunin
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gibt.« Fandorin lachte bitter auf. Nach der Festnahme des Verbrechers stotterte er wieder, stärker als vorher, als wollte er das Versäumte nachholen. »Wer braucht so einen S-Skandalprozeß? Man wird Sozki für unzurechnungsfähig erklären und ins Irrenhaus sperren, ausdem er unter Garantie fliehen wird. So einer ist nicht mit Gittern festzuhalten. Ich wollte ihn töten, wie man einen tollwütigen Hund tötet, aber du hast es v-verhindert. Jetzt entscheide selbst über sein Schicksal, da du dich nun einmal eingemischt hast. Die Taten dieser Ausgeburt sind d-dir bekannt.«
    »Bist du sicher, daß er es war? Können Sie sich nicht irren?« entgegnete Angelina hitzig, wobei sie Fandorin mal duzte, mal siezte.
    »Ich werde dir beweisen, daß er der Mörder ist. Dazu bin ich der S-Staatsanwalt. Und du übe G-Gerechtigkeit. Einen barmherzigeren Richter als dich wird er in der ganzen Welt nicht finden. Wenn du nicht seine Richterin sein willst, f-fahre ins ›Metropol‹ und störe mich nicht.«
    »Nein, ich fahre nicht«, sagte sie rasch. »Ich bin einverstanden mit der Verhandlung. Aber wer wird sein Anwalt sein? Wer wird ihn verteidigen?«
    »Ich versichere dir, dieser H-Herr wird die Rolle des Verteidigers keinem andern überlassen. Er kann für sich selbst ei-einstehen. Fangen wir an!«
    Fandorin nickte Masa zu, und der hielt dem Sitzenden ein Fläschchen mit Salmiakgeist unter die Nase.
    Der Mann im Frauenkleid ruckte mit dem Kopf und blinzelte. Die Augen, anfangs trüb, gewannen lasurblaue Klarheit und Verständigkeit. Die weichen Züge wurden von einem freundlichen Lächeln erhellt.
    »Ihr Name und R-Rang«, sagte Fandorin, der auch die Prärogative des Vorsitzenden für sich in Anspruch nahm.
    Der Sitzende betrachtete das Szenario. Das Lächeln wich nicht von seinem Gesicht, war aber nicht mehr freundlich, sondern ironisch.
    »Sie haben beschlossen, Gericht zu spielen? Na gut, bitte sehr. Name und Rang? Ja, Sozki … Ehemaliger Adliger, ehemaliger Student, ehemaliger Häftling Nr. 3576. Jetzt – niemand.«
    »Bekennen Sie sich schuldig des Mordes«, Fandorin las aus seinem Notizbuch ab und machte nach jedem Namen eine Pause, »an der Prostituierten Emma Elizabeth Smith am 3. April 1888 in der Osborne Street in London; an der Prostituierten Martha Tabram am 7. August 1888 am George Yard in London; an der Prostituierten Mary Ann Nicholls am 31. August 1888 in der Bucks Row in London; an der Prostituierten Annie Chapman am 8. September 1888 in der Hanbury Street in London; an der Prostituierten Elizabeth Stride am 30. September 1888 in der Berners Street in London; an der Prostituierten Catherine Eddowes ebenfalls am 30. September am Mitre Square London; an der Prostituierten Mary Jane Kelly am 9. November 1888 in der Dorset Street in London; an der Prostituierten Rose Mylett am 20. Dezember 1888 in der Poplar High Street in London; an der Prostituierten Alexandra Sotowa am 5. Februar 1889 in der Swinjin-Gasse in Moskau; an der Bettlerin Marja Kossaja am 11. Februar 1889 in der Kleinen Trjochswjatski-Gasse in Moskau; an der Prostituierten Stepanida Andrejitschkina in der Nacht zum 4. April 1889 in der Selesnjowskaja-Straße in Moskau; an einer unbekannten minderjährigen Bettlerin am 5. April 1889 in der Nähe des Nowo-Tichwinsker Bahnübergangs in Moskau; an dem Hofrat Leonti Ishizyn und seiner Bediensteten Sinaida Matjuschkina in der Nacht auf den 6. April 1889 in der Wosdwishenka in Moskau; an Sonja Tulpowa und ihrer Pflegerin Pelageja Makarowa am 7. April in der Granatny-Gasse in Moskau; an demGouvernementsekretär Anissi Tulpow und an dem Arzt Jegor Sacharow in der Nacht auf den 8. April 1889 auf dem Boshedomka-Friedhof in Moskau? Insgesamt achtzehn Menschen, von denen Sie acht in England und zehn in Rußland getötet haben. Und das sind nur die Opfer, die zuverlässig ermittelt sind. Ich wiederhole die Frage: Bekennen Sie sich schuldig, diese Verbrechen begangen zu haben?«
    Fandorins Stimme, vom Verlesen der langen Liste gleichsam erstarkt, tönte, als spreche er vor einem vollen Saal. Das Stottern war wieder auf merkwürdige Weise verschwunden.
    »Das, mein lieber Erast Petrowitsch, hängt von den Beweisen ab«, antwortete freundlich der Angeklagte, der an dem Spiel Gefallen zu finden schien. »Nun, gehen wir davon aus, daß ich mich nicht schuldig bekenne. Ich möchte sehr gern die Anklagerede hören. Einfach aus Neugier. Da Sie nun einmal beschlossen haben, meine Vernichtung hinauszuzögern.«
    »Dann
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