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Schönesding!

Schönesding!

Titel: Schönesding!
Autoren: Peter Boehm
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die nicht lange bleiben. Und es gibt dort eine Abteilung, wo man den Entzug machen kann. Außerdem gibt es dort einen Bereich für Leute, die vor den anderen Häftlingen beschützt werden müssen, lies: Kinderonkel.
    In Haus 3 wiederum sind Langstrafer, aber solche, denen man nicht traut, die als Bedrohung gelten und die man deshalb nicht in Wohngruppen oder die Therapie schicken konnte. Das sind allesamt harte Hunde. Da wollen Sie nicht rein, glauben Sie mir.
    Dann gibt es noch die SothA, die Sozialtherapeutische Abteilung, in der fast alle Gewaltdelikte, Mord, Raub, Vergewaltigung, auf dem Kerbholz haben. Aber im Gegensatz zu Haus 3 glauben hier die Psychologen, dass man mit Therapie und ein bisschen gutem Zureden noch etwas machen kann.
    In den Häusern 5 und 6 sind die Wohngruppen, lies: die Häftlinge, die in ruhigere Fahrwasser eingeschippert sind. Dort hast du eine ganze Menge Erleichterungen, Sprecher (Besuche), nach einer Zeit sogar Langzeitsprecher (allein sein mit deiner Frau in der kleinen Wohnung, jawoll!) und vielleicht sogar Urlaub.
    In Haus 5 sind die Langstrafer. Ich bin in Haus 6. Dort sind die Kurzstrafer, die mit bis zu drei Jahren. Das ist der einzige Unterschied, aber der Unterschied von uns zu den Häusern 1 bis 3 ist fast wie der von Tag und Nacht.
    Die Häuser 1 bis 3 sind nach der alten, klassischen Bauweise für Gefängnisse hochgezogen. Lange, mehrstöckige Flügel mit Zellen, die wie Waben in die Wände gebaut sind. Zu den Stahl-Balustraden vor den Zellen führen Stahltreppen, und zwischen den Stockwerken sind Drahtnetze eingezogen, damit du dich nicht von einem der oberen Stockwerk stürzen kannst.
    Dagegen wirken unsere Häuser 5 und 6 wie Studentenwohnheime. Sie sind erst in den Achtzigern gebaut und sehen fast aus wie ganz normale Wohnblocks, wie ein bisschen heruntergekommene in der Dritten Welt vielleicht. Denn Gitter an den Fenstern haben sie schon, aber bei uns sind sie nötig, damit keiner raus kann, während sie in der Dritten Welt gebraucht werden, damit kein Einbrecher rein kann.
    Jeder bleibt aber zuerst ein paar Monate in der Einweisungsabteilung im Haus 1. Bis sein Haftplan fertig ist. Erstellt wird der von einer Gruppe Psychologen anhand von ein paar Gesprächen und deinen Polizei- und Gerichtsakten.
    Dieser Haftplan ist eine Art Fahrplan, was sie mit dir im Gefängnis vorhaben. Selbst jetzt kannst du noch jederzeit in die Klapse verschoben werden. Oder machst du besser eine Ausbildung? Eignest du dich vielleicht für eine Therapie? In welches Haus kommst du? Aber vor allem: Für wann ist geplant dich wieder raus zu lassen? Bist du kein LLer (Lebenslänglich) mit Rucksack (Sicherheitsverwahrung), kommst du ja vielleicht nach der Hälfte deines Strafmaßes in den Offenen Vollzug. Da kannst du tagsüber raus und musst nur in der Anstalt übernachten. Oder deine Strafe wird gar nach zwei Dritteln auf Bewährung ausgesetzt.
    Dieser Haftplan ist enorm wichtig für dich. Das hat mir mein Anwalt schon ganz am Anfang eingebläut. Deshalb geht es vor allem darum deinen besten Fuß nach vorne zu stellen, damit die Gutachter dich auf den richtigen Pfad schicken.
    Denn die Gruppenleiter, die Psychologen in deinem Haus, halten sich später vielleicht selbst dann an deinen Haftplan, in dem du als unverbesserlicher Schweinehund eingestuft wurdest, obwohl du längst zahm geworden bist wie ein Osterlamm. Dann ist es aber vielleicht schon zu spät. Also: Es kommt am Anfang darauf an die richtigen Weichen zu stellen. Sonst wirst du dafür zahlen.
     

* 8 *
     
    Dann kam Felder.
    Es kann ein beunruhigendes Gefühl sein von einem Mann in Unterhosen in sein Zimmer gebeten zu werden. Denn erst jetzt, als ich hinter Felder hertrottete, merkte ich, dass er nur Buchsen trug und darüber ein offenes Baumwollhemd.
    Als wir jedoch schließlich in sein Wohnzimmer traten, war mir klar, dass es einfach nur zu warm war für lange Hosen. Der Erker in seinem Wohnzimmer zeigte nach Süden, und nachmittags brannte dort die Sonne rein, dass es warm war wie in einem Treibhaus.
    Seine zwei Zimmer plus Bad waren größer als meine. Trotzdem wirkten sie viel zu klein. Sie waren so vollgestopft, dass man Angst hatte die Tür länger offen stehen zu lassen, damit die Sachen nicht einfach rausquollen.
    Gleich im Gang bahnten wir uns unseren Weg durch Stapel alter Zeitschriften. Darauf lagen drei staubige Perücken und ein alter Bowlingkegel. An der Wand hing ein orientalisches Schwert. An der anderen lehnte ein
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