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Schöne Leichen (Ein Lisa Becker Krimi) (German Edition)

Schöne Leichen (Ein Lisa Becker Krimi) (German Edition)

Titel: Schöne Leichen (Ein Lisa Becker Krimi) (German Edition)
Autoren: Falko Rademacher
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ins Gesicht von dem Spieler rechts.“
    Dix hatte etwas hineingeklebt, das aussah wie Alufolie, und beschriftet war es mit „Unterkiefer-Prothese Marke Dix“. Daneben war sogar ein kleines Foto des Künstlers selbst, und im Stil eines Werbeslogans stand darum: „Nur echt mit dem Bild des Erfinders“.
    „Witziger Typ, dieser Dix“, grinste Fabian. „Das sind also drei verkrüppelte Soldaten aus dem Ersten Weltkrieg, die kaum noch Gliedmaßen haben, stattdessen die irrsinnigsten Prothesen und... mein Gott, sollen das da die Genitalien sein?“
    „Was? Genitalien? Wo?“ Lisa kam näher ran. „Ach du Schreck, das hab ich noch gar nicht gesehen.“
    Der Mann mit der Kieferprothese hatte keine Beine, stat t dessen lugten unter seinem Rumpf Penis und Hoden hervor. Sie waren recht schwach gemalt, vielleicht erst ganz zum Schluss aus Spaß eingefügt, quasi wie Graffiti.
    „ Oh Mann, das ist jetzt mein Lieblingsbild“, kicherte Lisa. „Mal sehen, ob’s im Shop ein Poster davon gibt.“
    Sie sahen sich noch mehr Bilder der Neuen Sachlichkeit an, jenes kurzlebigen Stils, der Mike Warburg so viel bedeutet hatte. George Grosz‘ „Stützen der Gesellschaft“ war besonders beeindruckend: Eine bittere Karikatur der Zustände in der Weimarer Republik. Ein Parlamentarier mit Scheiße im Kopf , ein bigotter Pfaffe, ein Militarist und ein Nazi, das waren die Stützen der Gesellschaft. Nicht zu vergessen der Zeitung s mann mit seinen hasserfüllten und zugleich zutiefst däml i chen Schlagzeilen, die sich um Kindesmord, Kommunisten und Frisurtrends rankten.
    „So sachlich finde ich das gar nicht“, meinte Fabian. „Aber man muss sagen, dass sich seit... wann hat er das gemalt, 1926? Seitdem hat sich viel geändert, aber der Typ mit den Zeitungen könnte wahrscheinlich sofort Chefredakteur der BILD werden.“
    Die Presse hatte eher zart schaumgebremst reagiert, als Agatha Kohlers Verhaftung bekanntgegeben wurde. Schlie ß lich hatte man sich darauf geeinigt, dass das LKA aus Idioten bestand, und die schnelle Ergreifung der Dreifach-Mörderin passte nicht so recht ins Konzept. Besonders der Boulevard war ungehalten ob der unverschämten Verbrechensaufkl ä rung. So wurde die Story eher nach hinten verlagert, auf den Titelseiten ging es um die bevorstehende Trainerentlassung bei Hertha, die vor allem deshalb bevorstand, weil die Presse das so beschlossen hatte und sich auch durch kurzfristige E r folge nicht mehr beirren ließ. Eine andere Geschichte hatte L i sas Aufmerksamkeit erregt: Mehrere Künstler des Tacheles hatten einige ihrer Bilder öffentlich verbrannt, um Aufmer k samkeit für ihre immer aussichtslosere Lage zu erlangen. Die Idee hatten sie geklaut von einem privaten Kunstmuseum in Neapel, wo man gegen Kürzungen im Kultur-Etat protestierte. Der Journalist meinte, die Künstler im Tacheles spielten keine große Rolle in der Berliner Kunstszene, und befand die ganze Aktion als billige Effekthascherei.
    „Ich habe gehört, dass eine Berliner Privatgalerie die drei Bronzestücke erwerben will“, sagte Fabian , als sie dem Au s gang zu schlenderten . „Und auch andere frühere Werke von der Schlampe. Im Endeffekt hat sie gekriegt, was sie wollte: Aufmerksamkeit, Berühmtheit. Wenn die irgendwann rau s kommt, wird sie wahrscheinlich steinreich sein .“
    „ Bis dahin kassieren wahrscheinlich die Eltern ab? “
    „Die wollen nichts mit ihr zu tun haben. Eigentlich sind die beiden das einzige, das man für sie ins Feld führen kön n te. Dieser Perfektionismus ist laut Dr. Schwenk das Resultat ihrer Erziehung. Die Eltern waren nie zufrieden mit ihr, haben sie ständig kritisiert, und das hat abgefärbt. Sie wollte immer nur gefallen, und wurde dann genauso intolerant wie Mama und Papa. Woher all‘ das andere kommt, weiß der Himmel. Ich bin auf Schwenks Bericht gespannt.“
    Agathas Eltern hatten Lisa von verstümmelten und getöt e ten Tieren erzählt, die sie in ihrem Garten gefunden hatten. Mitschüler sprachen von „Folterspielen“ und auch emotionaler Grausamkeit. Der Vater eines Jungen war gestorben, und sie redete ihrem Mitschüler erfolgreich ein, dass es seine Schuld war. Und später kamen sexuelle Elemente hinzu, einmal b e schuldigte sie einen Lehrer des Missbrauchs, was der nur mit großer Mühe entkräften konnte. Sie hatte gelogen, aber der Lehrer hatte die Schule wechseln müssen .
    Irgendwie kam sie immer mit allem durch, und sie hatte erkannt, dass es an ihrem Äußeren lag. Sie war schon
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