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Schockwelle

Schockwelle

Titel: Schockwelle
Autoren: Clive Cussler
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Scaggs, Dorsett, Betsy Fletcher, drei Seeleute und vier Sträflinge übrig, darunter eine Frau. Jeglicher Lebensmut war längst erloschen. Sie dämmerten nur noch vor sich hin, hatten sich bereits mit dem Tod abgefunden. Die Meeräschen waren längst verzehrt, und obwohl sie sich vom Fleisch der Toten ernährten, war allen bewußt, daß sie, ohne Wasser und schutzlos der glühenden Sonne ausgesetzt, die nächsten achtundvierzig Stunden nicht überstehen würden.
    Dann geschah etwas, was sie von den unsäglichen Schrecken der letzten zwei Wochen ablenkte. Plötzlich tauchte ein großer, grünbrauner Vogel am Himmel auf, umkreiste dreimal das Floß und ließ sich auf der Rahnock des Vormastes nieder. Die gelben Augen mit den schwarzen Pupillen betrachteten die jämmerlichen Gestalten auf dem Floß, die zerfetzte Kleidung, die vom Kampf und der sengenden Sonne zernarbten Gesichter.
    Die Überlebenden wiederum wollten den Vogel sofort fangen und verzehren.
    »Was für ein komischer Vogel ist das denn?« fragte Betsy, deren Zunge so geschwollen war, daß sie nur flüstern konnte.
    »Ein Kea«, murmelte Scaggs. »Einer meiner ehemaligen Offiziere hat mal einen gehabt.«
    »Fliegen die wie Möwen übers Meer?« fragte Dorsett.
    »Nein. Es ist eine Papageienart, die nur auf Neuseeland und den umliegenden Inseln vorkommt. Ich habe noch nie gehört, daß sie übers Meer fliegen, es sei denn…« Scaggs stockte. »Es sei denn, es handelt sich um eine weitere Botschaft des Allmächtigen.«
    Mühsam richtete er sich auf und ließ den Blick zum Horizont schweifen. »Land!« schrie er plötzlich. »Land in Sicht. Westlich von uns.«
    Vor Mattheit und Erschöpfung hatten sie bislang nicht bemerkt, daß ihr Floß von der Dünung auf zwei grüne Bergkuppen zugetrieben wurde, die nicht mehr als zehn Meilen entfernt aus dem Meer aufragten. Alle wandten die Blicke gen Westen und sahen eine große Insel mit zwei niedrigen Erhebungen, eine an jedem Ende, und dazwischen grünes Waldland. Eine Zeitlang sprach niemand.
    Jeder war gespannt vor Erwartung und zugleich gebannt vor Angst, daß die Strömung sie an dem rettenden Eiland vorbeitragen könnte.
    So entkräftet das Häuflein Überlebender auch war, jetzt mühten sich fast alle auf und beteten auf Knien um Erlösung an diesem lockenden Gestade.
    Eine weitere Stunde verrann, bis Scaggs feststellte, daß die Insel tatsächlich größer wurde. »Die Strömung treibt uns darauf zu«, tat er freudig kund. »Es ist ein Wunder, ein verdammtes Wunder. Meines Wissens ist in diesen Gewässern nirgendwo eine Insel verzeichnet.«
    »Vermutlich unbewohnt«, meine Dorsett.
    »Wunderschön«, murmelte Betsy und starrte zu dem üppig grünen Waldland zwischen den beiden Bergkuppen. »Ich hoffe, dort gibt es kühles, frisches Wasser.«
    Die unerwartete Aussicht auf ein Weiterleben verlieh ihnen neue Kraft und frischen Tatendrang. Niemand dachte mehr daran, den Papagei einzufangen und zu verzehren – der gefiederte Bote wurde jetzt als gutes Omen betrachtet. Scaggs und die wenigen verbliebenen Seeleute setzten ein Segel, das sie aus den zerfetzten Überresten des Sonnenschutzes zusammenflickten, während Dorsett und die übrigen Sträflinge Planken losrissen und fieberhaft damit paddelten. Dann schwang sich der Papagei wieder in die Lüfte und flog auf die Insel zu, als wollte er sie führen.
    Immer höher ragte das Eiland auf, das sich breit über den westlichen Horizont erstreckte und sie wie magisch anzog. Sie ruderten wie die Wahnsinnigen, fest entschlossen, ihrem Leid ein Ende zu bereiten. Leichter Rückenwind kam auf, der sie rascher auf das rettende Gestade zutrieb und ihre fieberhafte Hoffnung weiter schürte. Niemand dachte mehr daran, sich widerstandslos in den Tod zu ergeben. Nur noch drei Meilen voraus lockte die Erlösung von all ihrer Qual.
    Mit letzter Kraft stieg einer der Seeleute in die Wanten und kletterte auf die Rahnock des Mastes. Er schirmte die Augen vor der Sonne ab und spähte über die See.
    »Wie ist die Küste beschaffen?« wollte Scaggs wissen.
    »Sieht so aus, als ob wir auf ein Korallenriff zuhalten, das eine Lagune umgibt.«
    Scaggs wandte sich an Dorsett und Fletcher. »Wenn wir keine Durchfahrt finden, werden uns die Brecher auf das Riff schleudern.«
    Eine halbe Stunde später rief der Seemann: »Zweihundert Yards nach Steuerbord seh’ ich ruhiges Fahrwasser.«
    »Schlagt ein Notruder an!« befahl Scaggs seinen überlebenden Besatzungsmitgliedern. »Schnell!« Dann
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