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Schnittmuster

Titel: Schnittmuster
Autoren: Slater Sean
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höllisch schmerzte, und merkte, wie der Civic ausscherte und mit dem Heck haarscharf an den Mülleimern vorbeischrammte. Trotz des kühlen Herbstabends brach ihm der Schweiß aus sämtlichen Poren. Nicht weit von ihm heulten Polizeisirenen.
    Sie würden bald hier sein.
    Er musste sich schleunigst etwas einfallen lassen.
    Er drückte aufs Gas. Auf halber Höhe verlief die Straße in einer Kurve, die von den herabhängenden Zweigen einer Trauerweide verschattet wurde. Er blickte in die Baumkrone. Vor dem eisblauen Himmel zeichnete sich die Rinde schwarz ab.
    Der Baum starb.
    Rotmaske erstickte den Gedanken im Keim. Riss den Blick von dem makaber aussehenden Baum los und steuerte so haarscharf um das Hindernis herum, dass ein Hinterrad des Honda gegen den Stamm knallte. Sein Verstand lief heiß, brodelte über, ein leises Summen vibrierte in seinen Ohren – das nachhallende Echo der Schüsse. Selbst sein Herzschlag klang zu laut, donnerte durch seine Schläfen wie ein Hammer auf Stahl. Er versuchte zu überlegen, aber ein mechanisch knirschendes Geräusch riss ihn aus seinen Gedanken.
    Vor ihm auf dem Grundstück wurde ein Garagentor geöffnet.
    Mit der rechten Hand umschloss Rotmaske die Glock, die auf dem Beifahrersitz lag. Die Pistole im Anschlag, drückte er die Fahrertür auf und sprang in geduckter Haltung aus dem Civic. Er glitt hinter die Weide.
    Beobachtete.
    Wartete.
    Er hörte Motorengeräusche, dann setzte ein schwarzer Lexus rückwärts aus der Garage. Ein teures Modell. Jede Menge Chrom, dunkle Rückfenster, schwarze Perleffektlackierung. Der Fahrer, ein schmächtiger alter Mann, ahnte nichts von Rotmaskes Anwesenheit. Er stellte seelenruhig den Rückspiegel ein.
    Rotmaske trat mitten auf die Straße und brüllte: »Keine Bewegung!«
    Der alte Mann blickte auf. Verwirrung trat in seinen Blick.
    Rotmaske ließ ihm keine Gelegenheit zum Überlegen; er trat mit vorgehaltener Pistole zu dem Lexus. Der Mann nahm die Arme hoch, langsam, zögernd, seine Hände zitterten. Eine goldene Armbanduhr schimmerte auf seiner gebräunten faltigen Haut.
    Â»Immer langsam, mein Junge …«
    Â»Los, raus aus dem Wagen!«
    Der Alte zog stirnrunzelnd die Unterlippe zwischen die Zähne, ehe er unschlüssig ausstieg. Er wirkte winzig neben seiner Luxuslimousine. Seine Statur in dem dunkelgrünen, maßgeschneiderten Anzug klein und gebrechlich. Sein Atem ging schnell und flach.
    Â»Aber … aber … beruhigen Sie sich doch, mein Junge, was wollen Sie denn von mir?«
    Â»Halten Sie die Klappe.« Rotmaske zwang ihn, in den Honda einzusteigen und den Wagen in der Garage zu parken. Er richtete die Glock auf ihn. »Motor aus.«
    Der alte Mann gehorchte.
    Â»Geben Sie mir die Schlüssel.«
    Der Alte gehorchte mit zittrigen Händen, und Rotmaske steckte die Schlüssel ein. Er zog eine Packung Zigaretten aus der Hosentasche – Player’s Filter Lights –, lehnte sich an den Wagen und steckte die Schachtel zwischen die beiden Vordersitze. Dann trat er zurück und hob seine Waffe.
    Der Alte warf ihm einen flehenden Blick zu, und als er sich halbwegs gefasst hatte, klang seine Stimme sehr weich und sehr weit weg.
    Â»Ich hab Geld, Junge, ich hab jede Menge Geld …«
    Rotmaske schoss ihm frontal ins Gesicht.
    Â»Mir geht es nicht um Geld«, sagte er.
5
    Â»Wir hätten in der Schule bleiben sollen«, meinte Felicia zu Striker, als sie über die Imperial Road nach Norden rasten. Es war das dritte Mal, dass sie diesen Satz wiederholte, damit zermürbte sie ihm allmählich die Nerven.
    Â»Es ist unser Job, ihn zu verfolgen.«
    Â»Aber da drin sterben Kinder, Jacob – sie brauchen uns.«
    Er umklammerte das Lenkrad so fest, dass seine Fingerknöchel weiß hervortraten.
    Â»Wie stellst du dir das vor? Dieser Scheißkerl entwischt uns und bringt noch mehr Kinder um. Woanders, an irgendeiner anderen Schule. Wer weiß, wie viele der noch umnietet, bevor die Cops ihn zu fassen kriegen?« Er bedachte sie mit einem stahlharten Blick. »Sieh es mal realistisch, Feleesh, es war ein verdammt glücklicher Zufall, dass wir auf der Bildfläche auftauchten, als es losging, und dieser Zufall hat vermutlich fünfzig weiteren Kindern das Leben gerettet.«
    Â»Wir wissen nicht, ob er weitermordet – wir wissen aber, dass in der Schule verletzte Kinder sind. Angeschossene,
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