Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schnitt: Psychothriller

Schnitt: Psychothriller

Titel: Schnitt: Psychothriller
Autoren: Marc Raabe
Vom Netzwerk:
nicht an!
    Â»Schon gut. Schon gut«, murmelte er leise, ohne es zu merken.
    Â»Was hast du gesagt?«, fragte Cogan.
    Â»Hm? Ach, nichts«, sagte Gabriel rasch. Schweigend fischte er das Handy aus der Innentasche seiner schwarzen Lederjacke und wählte die Mobilnummer von Yuri Sarkov.
    Es klingelte eine Weile, dann hob Yuri ab. »Hallo Gabriel«, schnarrte er. Seine Stimme klang hellwach, obwohl es in Moskau bereits deutlich nach ein Uhr war. »Was gibt’s?«
    Â»Hallo«, murmelte Gabriel und fragte sich einmal mehr, ob Yuri jemals in seinem Leben schlief oder das Telefon abstellte. »Wir haben hier was Merkwürdiges. Ein stiller Alarm in Lichterfelde-West, mitten im Villenviertel. Aber das Haus gehört gar nicht zu unseren Kunden.«
    Â»Hm. Wie ist denn die Adresse?«
    Â»Kadettenweg 107«, sagte Gabriel und hielt das Handy so, dass Cogan mithören konnte.
    Stille. Nur ein leises Rauschen in der Leitung.
    Â»Yuri? Bist du noch dran?«
    Â»107? Kadettenweg? Bist du sicher?«, fragte Yuri.
    Â»Steht hier auf dem Monitor«, brummte Gabriel. »Sagt dir das was?«
    Â»Bljad« , murmelte Yuri, so leise, dass Gabriel es kaum verstehen konnte. Yuri war Halbrusse, und immer wenn es etwas zu fluchen gab, wechselte er automatisch ins Russische.
    Â»Ist das ein Kunde von uns?«
    Â»Eigentlich schon.«
    Eigentlich? Gabriel hob die Brauen. Entweder jemand war Kunde oder eben nicht. »Wer ist denn der Besitzer? Wenn du ’ne Telefonnummer hast, kümmere ich mich drum.«
    Â»Das Haus ist nicht bewohnt«, entgegnete Yuri.
    Gabriel schwieg einen langen Moment. »Und jetzt?«
    Aus dem Telefon quoll Stille. Gabriel sah Yuri Sarkov förmlich vor sich, irgendwo in Moskau, bei einem lästigen Verwandtenbesuch, sah, wie er überlegte, das Telefon ans Ohr gepresst, die schmalen Lippen ausdruckslos und immer etwas blau, das schüttere Haar, die randlose Buchhalterbrille, dahinter die grauen Augen, die für einen Sechzigjährigen von derart wenig Falten umgeben waren, dass man vermuten musste, dass er weder lachte noch wütend wurde und die Haut in seinem Gesicht gar nicht wusste, in welche Richtung sie die Falten werfen sollte.
    Schließlich seufzte Yuri. »Schick jemanden vorbei. Wer ist denn noch da?«
    Â»Nur noch Cogan und ich. Sollen wir’s bei der Polizei melden?«
    Â»Nein, nein. Ist unsere Sache. Hört sich nicht nach was Großem an. Schick Cogan, das reicht.«
    Cogan schüttelte vehement den Kopf und deutete auf seine Beine. Gabriel signalisierte ihm, den Mund zu halten. »Warum Cogan? Der macht doch sonst keinen Außendienst.«
    Â»Ich sagte: Schick Cogan«, knurrte Yuri gereizt. »Sonst klebt der noch an seinem Monitor fest. Der weiß schon gar nicht mehr, wie das draußen ist.«
    Â»Okay. Cogan fährt«, sagte Gabriel. »Und wer ist der Besitzer? Muss ich da nicht anrufen, bevor jemand von uns aufkreuzt?«
    Â»Lass das mal meine Sorge sein«, sagte Yuri. »Du übernimmst die Zentrale, solange Cogan weg ist.«
    Cogan rollte mit den Augen, breitete in demonstrativer Verzweiflung die Arme aus und deutete wieder auf seine Beine.
    Â»Und die Schlüssel?«, fragte Gabriel.
    Â»Gib mir einfach Cogan, ja?«
    Wortlos reichte Gabriel den Hörer an seinen Kollegen weiter. Cogan drückte das Telefon mit einem gequälten Gesichtsausdruck an sein Ohr. »Chef?«
    Â»Hör zu«, schnarrte Sarkovs Stimme leise aus dem Hörer, »ich will, dass du da vorbeischaust. Aber mach nichts auf eigene Faust, klar? Nur die übliche Routine, mehr nicht! Ich will erst mal wissen, was da eigentlich los ist.«
    Â»Chef, könnte nicht … Ich meine … eigentlich hab ich gar keinen Außendienst und –«
    Â»Halt einfach die Klappe und mach, was ich sage«, bellte Sarkovs Stimme aus dem Hörer.
    Â»Alles klar, Chef«, sagte Cogan rasch. Auf seinen Wangen traten rote Flecken hervor.
    Â»Die Schlüssel sind im kleinen Schlüsselsafe bei mir im Büro. Es steht K107 drauf. Die Kombination ist auf 3722 eingestellt. Meld dich, wenn du weißt, was da los ist, klar?«
    Â»Klar«, antwortete Cogan beklommen, aber Sarkov hatte bereits aufgelegt. Cogan ließ den Hörer sinken und sah Gabriel an. »Scheiße, Mann«, stöhnte er leise und rieb sich die Stirn. »Der ahnt was.«
    Gabriel verzog den Mund. Cogan war Diabetiker, und sein Zucker
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher