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Schneewittchen-Party

Schneewittchen-Party

Titel: Schneewittchen-Party
Autoren: Agatha Christie
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muss gestehen, ich habe Angst. Ja, ich habe Angst, trotz aller Vorsichtsmaßnahmen. Denn sehen Sie, wir haben es hier mit – wie soll ich es ausdrücken? – Skrupellosigkeit zu tun, mit schneller Reaktion, mit einer Gier, die das Maß des menschlich zu Erwartenden sprengt, und vielleicht mit einem Anflug von, sagen wir einmal, Gestörtheit, die nicht von Anfang an da war, sondern kultiviert worden ist.«
    »Wir müssen noch ein paar andere Meinungen dazu hören«, sagte der Herr von der Staatsanwaltschaft. »Wir dürfen nichts übers Knie brechen. Natürlich hängt eine Menge von der – hm – Forstverwaltung und ihrer Arbeit ab. Wenn da das Ergebnis positiv ist, dann können wir weitermachen, aber wenn es negativ ist, müssen wir wieder überlegen.«
    Hercule Poirot erhob sich.
    »Ich darf mich verabschieden. Ich habe Ihnen alles erzählt, was ich weiß, und alles, was ich fürchte und für möglich halte. Ich bleibe mit Ihnen in Verbindung.«
    Er schüttelte allen mit ausländischer Genauigkeit die Hand und verließ den Raum.
    »Der Mann ist ein Hochstapler«, sagte der Herr von der Staatsanwaltschaft. »Glauben Sie, dass er einen kleinen Stich hat? Jedenfalls ist er ganz schön alt. Ich weiß nicht, ob man sich auf die Geisteskräfte eines Mannes in diesem Alter noch verlassen kann.«
    »Ich glaube, Sie können sich auf ihn verlassen«, sagte der Chief Constable. »Das ist zumindest mein Eindruck. Spence, ich kenne Sie nun schon eine ganze Reihe von Jahren. Er ist Ihr Freund. Glauben Sie, dass er ein bisschen senil geworden ist?«
    »Nein«, sagte Superintendent Spence. »Was meinen Sie, Raglan?«
    »Ich habe ihn erst vor Kurzem kennen gelernt, Sir. Zuerst dachte ich – na ja, so wie er denkt und sich benimmt –, dass er ein bisschen verdreht ist. Aber ich bin bekehrt. Ich glaube, es wird sich erweisen, dass er Recht hat.«

24
     
    M rs Oliver hatte sich an einem Fenstertisch im »Schwarzen Buben« niedergelassen. Es war noch ziemlich früh und noch entsprechend leer. Schließlich kam Judith Butler zurück vom Nasepudern, setzte sich ihr gegenüber und begann die Speisekarte zu lesen.
    »Was isst Miranda gern?«, fragte Mrs Oliver. »Wir können doch schon für sie mitbestellen, sie ist sicher gleich da.«
    »Sie isst gern Brathähnchen.«
    »Na, dann ist es ja einfach. Und du?«
    »Ich nehme dasselbe.«
    »Drei Brathähnchen«, bestellte Mrs Oliver.
    Sie lehnte sich zurück und betrachtete ihre Freundin.
    »Warum starrst du mich so an?«
    »Ich habe gerade was gedacht«, sagte Mrs Oliver.
    »Was denn?«
    »Wie wenig ich doch im Grunde über dich weiß.«
    »Nun ja, so geht es einem doch aber mit jedem, nicht?«
    »Du meinst, man weiß über niemand alles.«
    »Ja.«
    »Vielleicht hast du Recht«, sagte Mrs Oliver.
    Beide Frauen saßen eine Zeit lang schweigend da.
    »Scheint ziemlich lange zu dauern, bis das Essen kommt.«
    »Es kommt, glaube ich, gerade«, sagte Mrs Oliver.
    Eine Kellnerin kam mit einem Tablett voller Schüsseln.
    »Miranda bleibt aber lange weg. Weiß sie, wo das Restaurant ist?«
    »Ja, natürlich. Wir haben, bevor wir zum Waschraum gingen, hineingesehen.« Judith stand ungeduldig auf. »Ich muss wohl gehen und sie holen.«
    »Vielleicht ist ihr schlecht vom Autofahren?«
    »Früher, als sie kleiner war, ist ihr immer schlecht geworden.«
    Vier oder fünf Minuten später kam sie zurück.
    »Sie ist nicht im Waschraum«, sagte sie. »Hinten ist ein Ausgang zum Garten. Vielleicht ist sie dort hinausgegangen, um einen Vogel zu beobachten. Das macht sie oft.«
    »Heute ist keine Zeit für so etwas«, sagte Mrs Oliver. »Geh und ruf sie. Wir müssen weiter.«
     
    Elspeth McKay stach mit einer Gabel in zwei Bratwürste, legte sie auf einen Teller und schob sie in den Kühlschrank. Dann fing sie an, Kartoffeln zu schälen.
    Das Telefon klingelte.
    »Mrs McKay? Hier ist Sergeant Goodwin. Ist Ihr Bruder da?«
    »Nein. Er ist heute nach London gefahren.«
    »Ich hab dort angerufen – er ist schon weg. Wenn er zurückkommt, dann sagen Sie ihm doch, das Ergebnis ist positiv.«
    »Sie meinen, Sie haben eine Leiche im Brunnen gefunden?«
    »Na ja, man braucht es jetzt nicht mehr geheim zu halten, es ist inzwischen doch überall rum.«
    »Wer ist es? Das Au-pair-Mädchen?«
    »Scheint so.«
    »Armes Ding«, sagte Elspeth. »Hat sie sich selbst reingestürzt – oder was?«
    »Es war kein Selbstmord – sie ist erstochen worden. Es ist richtiger Mord.«
     
    Nachdem ihre Mutter den Waschraum verlassen
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