Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schneestille

Schneestille

Titel: Schneestille
Autoren: Graham Joyce
Vom Netzwerk:
Hotel.
    »Meinst du, das ganze Dorf ist evakuiert worden?«, fragte Zoe.
    »Hast du noch die Telefonnummer von dem Mädel?«
    »Was für einem Mädel?«
    »Das dösige Mädel.«
    »Was für ein dösiges Mädel?«
    »Das Mädel vom Reiseveranstalter. Das die ganze Zeit gegrinst hat wie ein Honigkuchenpferd. Hat sie dir nicht eine Karte mit ihrer Telefonnummer zugesteckt?«
    Zoe öffnete den Reißverschluss ihrer Handtasche und nahm das Portemonnaie heraus. Schnell ging sie die Kreditkarten und Plastik-Klubkarten durch auf der Suche nach der Visitenkarte der jungen Frau. »Hab ich nicht. Du musst sie haben.«
    »Ich hab sie nicht. Sie hat sie dir gegeben.«
    »Mir hat sie die nicht gegeben. Ich habe sie nicht. Ich weiß noch ganz genau, wie ihre Augen geblitzt haben, als sie dir die Karte zugesteckt hat. Folglich musst du sie haben.«
    »Geblitzt?«
    » Du hattest sie!«
    »Schon gut! Ruhig Blut!« Jake knöpfte die Jacke auf, öffnete den Reißverschluss der Innentasche und holte seine Brieftasche heraus. In der fand er schließlich zwischen den Kreditkarten die Karte des Reiseveranstalters mit der Telefonnummer der Frau.
    »Hab ich doch gesagt, dass du sie hast. Du findest sie gut.«
    »Genau, ich steh auf lächelnde Frauen. Sind selten hier in der Gegend.«
    »Gib her.«
    ELFINDA CATER
    Chefreiseleiterin
    Wintertours Holidays
    Tel: 07797 551737
     
    »Was ist denn Elfinda bitte für ein Name?«, meinte sie.
    »Vielleicht ist sie eine Elfe.«
    »Elfinda, die gute Glitzerfee, wie mir scheint.«
    »Ich schäme mich für dich.«
    Als Elfinda, die Reiseleiterin, ihm ihre Karte gegeben hatte, da hatte sie Jake im Gegenzug gebeten, ihr seine Nummer zu geben. Das werde immer so gemacht, falls der Reiseveranstalter sie wegen Ausflügen oder Veranstaltungen kontaktieren musste. Zoe, des Glitzerstaubs und Grinsens in der Luft müde, hatte sich vorgebeugt und der verdutzten Reiseleiterin einfach ihre Visitenkarte statt Jakes in die Hand gedrückt.
    »Du schämst dich für mich? Ich hätte sie in ihren mageren kleinen Hintern treten sollen.«
    Zoe griff über die Empfangstheke und schnappte sich das Telefon. Ein lauter Wählton tutete ihr entgegen. Schnell tippte sie die auf der Karte aufgedruckten Zahlen ein. Das Telefon läutete, und sie überkreuzte die Beine, während sie darauf wartete, dass jemand abhob.
    Das Telefon klingelte eine halbe Ewigkeit, dann wurde die Verbindung unterbrochen.
    »Keiner da?«
    »Keiner da. Weder Elfe noch sonst wer.«
    »Im Dorf gibt es eine Polizeiwache, gleich hinter dem Supermarkt. Da sollten wir hingehen. Mal nachfragen, was los ist.«
    Also verließen sie das Petit la Creu und stapften durch den Ort, an der hübschen Kirche mit dem schlanken Turm vorbei, und bogen dann rechts in eine Seitenstraße ab Richtung Supermarkt und Polizeiwache. Niemand begegnete ihnen auf dem Weg. Noch war irgendwo in den Geschäften irgendwer zu sehen. In manchen Läden brannte die Beleuchtung, in anderen nicht. Der Supermarkt war hell erleuchtet, aber auch hier war durch die Schaufenster keiner zu sehen, weder Kunden noch Personal.
    Im Hof stand ein Polizeiauto mit Vierradantrieb und Schneeketten. Die Polizeiwache selbst war in einem kleinen, unscheinbaren Betongebäude untergebracht, beinahe völlig hinter dem Supermarkt versteckt. Sie drückten die schwere Tür aus Glas und Stahl auf und gelangten dann durch eine zweite Tür in einen kleinen Raum mit einer weißen Melamin-Theke und drei vergammelten Plastikstühlen.
    Laut machte Jake sich bemerkbar. Und diesmal rief er nicht Kundschaft !
    Zoe trat hinter die Theke und ging zu einer Tür, die über und über mit Plakaten und Zetteln beklebt war. Sie klopfte an, und als keine Antwort kam, öffnete sie die Tür. Dahinter lag ein vollgestopftes Büro, ausgestattet mit ein paar Schreibtischen, PCs, einem Drucker, einer Reihe Aktenschränke und einer Kaffeemaschine. Das rote Lämpchen der Kaffeemaschine leuchtete, und die halb volle Kaffeekanne stand noch auf der eingeschalteten Warmhalteplatte. Dahinter war ein weiteres Zimmerchen mit einem Garderobenständer und einem Polizeimantel an einem der Haken zu sehen.
    »Hallo!«
    Eine halbe Stunde lang saßen sie an der Theke, warteten, die Hände tief in den Jackentaschen vergraben, und überlegten angestrengt, was sie nun tun sollten.
    »Okay«, meinte Jake. »Das ganze Dorf ist geräumt worden. Warum? Lawinengefahr. Das ist die Erklärung. Manchmal können Lawinen – große Lawinen, nicht so eine, wie uns heute Morgen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher