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Schneemann

Schneemann

Titel: Schneemann
Autoren: Jo Nesbø
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schwarzen Haare und zog sein Gesicht zu ihrem herunter.
    “Von mir aus kannst du fahren”, fauchte sie. “Aber erst fickst du mich noch mal. Verstanden?”
    Sie spürte seinen keuchenden Atem an ihrem Gesicht. Erneut schlug sie mit der einen Hand zu, während sie spürte, wie sein Glied in ihrer anderen wuchs.
    Er stieß jetzt härter in sie, mit jedem Mal etwas härter, aber trotzdem, es war vorbei. Plötzlich war sie empfindungslos, die Magie war verloschen, die Spannung verschwunden. Einzig ihre Verzweiflung war geblieben. Sie verlor ihn. Jetzt, da sie hier auf seinem Bett lag, verlor sie ihn. All die Jahre der Sehnsucht, all die Tränen, die sie vergossen hatte, all die Verzweiflungstaten, die sie um seinetwillen begangen hatte. Und er hatte ihr niemals etwas zurückgegeben. Abgesehen von dem einen.
    Jetzt stellte er sich ans Fußende des Bettes und nahm sie mit geschlossenen Augen. Sara starrte auf seine Brust. Anfangs hatte sie der Anblick irritiert, doch mit der Zeit hatte sie Gefallen gefunden an der durchgehenden weißen Hautfläche über seinen Brustmuskeln. Er erinnerte sie an alte Statuen, bei denen man die Brustwarzen aus Scham weggelassen hatte.
    Sein Stöhnen wurde lauter. Sie wusste, dass er gleich mit einem gewaltigen Brüllen kommen würde. Wie sie dieses Geräusch geliebt hatte. Diesen immer wieder überraschenden, ekstatischen, beinahe schmerzerfüllten Gesichtsausdruck, als übersteige der Orgasmus jedes Mal aufs Neue seine wildesten Erwartungen. Sie wartete jetzt nur noch auf dieses letzte Brüllen, den dröhnenden Abschied in seinem kahlen Schlafzimmer, das längst all seiner Bilder, Gardinen und Teppiche beraubt war. Danach würde er sich anziehen und in einen anderen Teil des Landes ziehen, wo ihm, wie er ihr beteuert hatte, eine Stelle angeboten worden war, die er nicht ablehnen konnte. Ihre Beziehung jedoch konnte er ablehnen, all das hier. Und trotzdem vor Genuss brüllen.
    Sie schloss die Augen. Aber es kam kein Brüllen. Er war erstarrt. “Was ist los?”, fragte sie und schlug die Augen auf. Sein Gesicht war tatsächlich verzerrt. Aber nicht vor Ekstase. “Ein Gesicht”, flüsterte er.
    Sie zuckte zusammen. ” Wo?”
    ” Da draußen, vor dem Fenster.”
    Das Fenster befand sich am Kopfende des Bettes, direkt über ihr.
    Sie drehte sich herum und spürte ihn aus sich herausgleiten. Sein Glied war bereits erschlafft. Das Fenster über ihrem Kopf war so weit oben, dass sie aus ihrer Position nichts sehen konnte. Und zu weit oben, als dass man von außen hätte hineinsehen können. Da es draußen bereits dunkel wurde, sah sie nur das doppelte Spiegelbild der Deckenlampe.
    “Du hast dich selbst gesehen”, meinte sie. Ihr Ton klang beinahe bittend.
    “Das hab ich auch erst gedacht”, sagte er und starrte noch immer auf das Fenster.
    Sara zog die Knie an, richtete sich auf und blickte in den Garten. Und da war es, das Gesicht.
    Vor lauter Erleichterung lachte sie laut los. Das Gesicht war weiß, mit Augen und Mund aus schwarzem Schotter, der vermutlich aus der Einfahrt stammte. Als Arme dienten zwei Apfelbaumzweige.
    “Aber mein Gott”, rief sie lachend, “das ist doch nur ein Schneemann!”
    Dann ging ihr Lachen in Weinen über, und sie schluchzte hilflos, bis sie seine Arme um sich spürte.
    “Ich muss jetzt gehen”, flüsterte sie unter Tränen. “Bleib noch ein bisschen “, bat er.
    Sie blieb noch.
    Als Sara zur Garage ging, stellte sie fest, dass beinahe vierzig Minuten vergangen waren.
    Er hatte ihr versprochen, sie anzurufen. Er war schon immer ein guter Lügner gewesen, aber dieses Mal freute sie sich darüber. Schon bevor sie zum Auto kam, sah sie das weiße Gesicht des Jungen, der sie von der Rückbank aus anstarrte. Als sie am Türgriff zog, stellte sie zu ihrer Überraschung fest, dass das Auto abgeschlossen war. Sie sah durch die beschlagene Scheibe zu ihm herein, doch erst als sie ans Seitenfenster klopfte, machte er ihr auf.
    Sie stieg ein. Das Radio war aus. Es war eiskalt im Auto. Der Zündschlüssel lag auf dem Beifahrersitz. Sie drehte sich zu ihrem Sohn um. Er war blass, seine Unterlippe zitterte.
    “Alles in Ordnung?”, fragte sie.
    “Nein”, sagte er. “Ich hab ihn gesehen.”
    In seiner Stimme schwang der dünne, schrille Unterton mit, den sie nicht mehr gehört hatte, seit er als kleiner Junge zwischen ihnen auf dem Sofa gesessen und sich beim Fernsehen die Hände vor die Augen gehalten hatte. Doch jetzt war er im Stimmbruch, gab ihr keinen
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