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Schnapsdrosseln - Kriminalroman

Schnapsdrosseln - Kriminalroman

Titel: Schnapsdrosseln - Kriminalroman
Autoren: Sabine Trinkaus
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Grundsätzlich.
    »Britta!« Wörner klang, als sei es um seine Beherrschung nicht gut bestellt.
    Sie widerstand dem Drang, ihm die Zunge herauszustrecken.
    »Meine Kollegin hat völlig recht«, sagte Margot, wobei sie das Wort »Kollegin« ein wenig zu sehr betonte. »Verweigern Sie die Aussage. Sie müssen der Polizei ja nicht die ganze Arbeit abnehmen. Der Herr Wörner ist ein sehr fähiger Beamter. Der kennt sich aus. Der hat Verständnis dafür, wenn Sie sich genau so verhalten, wie es in dieser Lage zulässig und angeraten ist.« Sie erhob sich, gab Britta einen Wink. »Wir gehen dann mal. Wir melden uns bei Ihnen.«
    »Den Teufel werdet ihr tun«, knurrte Wörner.
    »Freies Land, Schätzchen!«, gab Margot zurück und zerrte Britta aus der Küche.
    Stefanie ließ die Sense sinken und fuhr sich mit der Hand durchs schweißfeuchte Haar. Es war ein hartes Stück Arbeit, die seit Jahren vor sich hin wuchernde Wiese wieder in eine nutzbare Fläche zu verwandeln. Ihr Blick glitt über das bereits gemähte Stück bis zum Haus. Sie spürte die Wärme der Sonne auf der Haut, roch den Duft des frisch geschnittenen Grases. Sie war glücklich. Das hier war richtig. Es war gut. Das hier war es wert.
    Sie hatte lange gesucht. Ohne zu wissen, dass sie auf der Suche war. Nach etwas, das sich richtig anfühlte. Einem Ort, der ihr gehörte und an dem sie so leben konnte, wie sie wollte. Es entbehrte nicht einer gewissen Ironie, dass sie diesen Ort ausgerechnet hier gefunden hatte.
    Stefanie glaubte nicht an Gott. Und doch gefiel ihr der Gedanke, dass es möglicherweise eine höhere Macht gab, die sie für die Kindheit und Jugend, die sie hier verlebt hatte, entschädigte. Die Macht, die ihre Mutter für Gott gehalten hatte. Gott ohne lieb als Attribut, ein diffuses Maß aller Dinge, dem niemand gerecht werden konnte. Der alles verdammte, was sich gut und leicht anfühlte, dem Glück als schwerste aller denkbaren Sünden galt.
    Und jetzt war sie hier und hatte gewonnen. Ihre Mutter hatte es versäumt, auf Erden an so profane Dinge zu denken wie ein Testament. Darum waren all ihre irdischen Besitztümer an ihre Tochter gefallen. Das Grundstück mit dem Haus, aus dem Stefanie vor zwanzig Jahren geflohen war, genau wie das Sparbuch, auf dem kein Vermögen, aber doch eine solide Summe lag.
    Sie war hier und genoss das Glück, auf eine trotzige und triumphierende Weise.
    Ihr erster Impuls war gewesen, das Haus zu verkaufen. Es lag perfekt, im Herzen von Lengsdorf, gegenüber der alten Kirche. Der Wohnbereich war winzig, ein uraltes Häuschen mit Räumen, in die kaum ein Schrank passte. Die Wirtschaftsgebäude und die große Scheune waren in schlechtem Zustand. Aber das Grundstück war wunderschön, genau richtig verwinkelt und geschützt vor neugierigen Blicken.
    Es hätte sich sicher ein Investor gefunden, der trotz Denkmalschutz aus Haus und Scheune einen edlen Wohntraum gezaubert hätte. Aber etwas in ihr hatte sich gegen diesen Gedanken gesträubt. Sie brauchte kein Geld. Sie brauchte ein Zuhause. Und das hier war trotz allem ihr Zuhause. Alles passte. Alles war perfekt.
    Sie war im Herbst eingezogen, hatte den Winter genutzt, um die bösen Geister auszutreiben. Sie hatte alles weggeworfen. Möbel, Lampen, Geschirr. Hatte Teppiche von den Böden, Tapeten von den Wänden gekratzt, das Haus in Besitz genommen. Jetzt kam der Frühling, und es war an der Zeit, sich um das Grundstück zu kümmern.
    Sie hörte ein Motorengeräusch von der Straße. Die Polizei, dachte sie, und ihre Schultern verkrampften sich.
    Sie hatten Bernds Leiche gefunden. Die Polizei würde kommen und Fragen stellen.
    Das Geräusch entfernte sich. Stefanie atmete auf und hob erneut die Sense. Konzentriert mähte sie die hohen Büschel. Mähte Angst und Nervosität weg und auch die Erinnerungen, die sie heimsuchten. Bernds Stimme, sein Gesicht.
    Bernd war es gewohnt, das zu bekommen, was er wollte. Er war zornig gewesen. Und sie auch. Er hatte nicht verstanden, was er kaputt machte.
    Letztlich lag der Fehler bei ihr. Sie war davon ausgegangen, dass er sich verändert hatte. So wie sie. Ein gefährlicher Irrtum. Aber so war das. Menschen irrten sich. Dinge hatten Konsequenzen. Jeder tat, was er tun musste. Wenn Stefanie eins gelernt hatte, war es, dass sie sich um sich selbst kümmern musste. Ihre Grenzen verteidigen. Eine so wichtige Aufgabe konnte man niemand anderem überlassen.
    Bernd war tot, Norbert war weg. Das alles war entsetzlich, es tat weh, aber dieser
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