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Schnapsdrosseln - Kriminalroman

Schnapsdrosseln - Kriminalroman

Titel: Schnapsdrosseln - Kriminalroman
Autoren: Sabine Trinkaus
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eierschalenfarbenen Küchenschränke und nahm drei Becher heraus. Sie schlug die Schranktür ein bisschen zu hart zu, griff nach einer Packung Teebeutel. »Ich war geschockt«, wiederholte sie, während sie das kochende Wasser in die Becher goss. »Aber nicht traurig«, sagte sie, als sie diese auf den Tisch stellte. Sie sah Margot an. »Mir ist schon klar, wie das aussieht. Aber ich bin keine Heuchlerin. Er war ein gieriger, selbstsüchtiger Mensch. Einer, der über Leichen ging. Es tut mir nicht leid, dass er tot ist.« Ihre Stimme klang jetzt ganz ruhig. »Mein Mann hatte jeden Grund, ihn zu hassen. Aber er würde nie … das könnte er gar nicht …« Sie griff nach einem der Becher. »Verdammt, wie kann er nur einfach abhauen? Sich sogar jetzt noch in Teufels Küche bringen lassen von Bernd!«
    »Was für einen Grund hatte er denn?«, erkundigte sich Margot beiläufig. »Ihn zu hassen, meine ich.«
    Anna Reuter lachte bitter. »Er hat unser Leben zerstört. Reicht das?« Sie fuhr sich mit der Hand durch die kurzen dunklen Haare, in denen sichtbar graue Strähnen schimmerten. »Sie waren mal die besten Freunde. Bernd und Norbert, schon in der Grundschule unzertrennlich. Norbert hat nie kapiert, dass einer wie Bernd keine Freunde hat, sondern sich nur mit denen umgibt, die irgendwie nützlich für ihn sind. Und treu ergeben.«
    Erneut lachte sie, kurz und freudlos. »Als Bernd mit der Idee kam, zusammen eine Firma zu gründen, war Norbert Feuer und Flamme. Ich habe ihn gewarnt. Er hatte damals eine gute Stelle. Kein Spitzengehalt, aber solide und sicher. Sein Chef hat ihn sehr geschätzt. Trotzdem hat er keine Sekunde gezögert und alles weggeschmissen für Bernd und seine hochtrabenden Träume.«
    Sie lehnte sich auf dem Stuhl zurück und entfernte einen unsichtbaren Fussel vom Ärmel des dunkelblauen verwaschenen Sweatshirts. »Am Anfang lief es tatsächlich ganz gut. Es gab nur eine Baufirma hier, die vom alten Erlen, und der war im Begriff, sich zur Ruhe zu setzen. Er hat die beiden nicht als Konkurrenz gesehen, sondern eher als Nachfolger. Er kannte sie ja ewig, mochte sie. Er hat ihnen sogar die Aufträge zugeschanzt, die er nicht annehmen konnte. Damals sind hier die Neubauten nur so aus dem Boden geschossen, es gab mehr Arbeit als Kapazitäten. Bernd hat den großen Unternehmer gespielt, Anzug, Meeting, fettes Auto, ganz der wichtige Geschäftsmann. Norbert hat sich um die echte Arbeit gekümmert. Aber das war okay. Er ist ein Handwerker, er fühlt sich im Grunde nur auf der Baustelle wohl. Trotzdem war er derjenige, der dafür gesorgt hat, dass das, was der feine Herr Nolden versprochen und berechnet hat, auch wirklich gebaut wurde.«
    Anna Reuter trank einen Schluck Tee. »Aber dann wurden die Zeiten plötzlich schlechter. Keiner hatte mehr Geld, von überall kam billige Konkurrenz. Es war erschreckend, wie schnell man eine an sich doch solide Firma vor die Wand fahren kann.«
    Ihre Hände umklammerten den Becher, schoben ihn auf der Tischplatte hin und her. »Bernd hat gesagt, man müsse jetzt durchhalten. Investieren. Visionen haben!« Sie ließ den Becher los. »Visionen«, wiederholte sie höhnisch. »Darin war Bernd immer ganz groß. Das ist ja auch nicht schwer mit einer gut verdienenden Ehefrau und einem reichen Schwiegervater. Norbert und ich hatten nichts. Nur das Haus hier. Ich habe es geerbt, wir haben jeden Cent in die Renovierung gesteckt. Weil wir dachten, dass das vernünftig sei. Ich bin Erzieherin, ich verdiene nicht die Welt, aber wenn wir mietfrei wohnen, kommen wir über die Runden. Dieses Haus war unsere einzige Sicherheit. Da nimmt man doch keine Hypothek auf, weil irgendwer von Visionen faselt. Bernd wusste genau, wie es finanziell aussieht bei uns. Ihm war klar, dass wir keine Reserven hatten, um in irgendetwas zu investieren. Aber wir haben es nicht kapiert. Ich war genauso naiv wie Norbert. Als Bernd angeboten hat, ihn auszuzahlen, war ich fast noch dankbar. Fand ihn großzügig.«
    Abermals ließ sie das bittere Lachen hören. »Keine zwei Monate später hatte er diesen Großauftrag. Die Baskets-Halle oben in Duisdorf. Fett, fetter, am fettesten. Ein lustiger Zufall, oder? Schwiegervater und Gattin mit besten Verbindungen. Per Du mit denen, die was zu sagen haben. Von wegen Visionen! Er hat genau gewusst, was kommt. Und hat dafür gesorgt, dass er Norbert rechtzeitig loswird.«
    Anna Reuter presste kurz die Lippen zusammen. »Ihn hat das jedenfalls saniert. Er scheffelt das
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