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Schnappschuss

Schnappschuss

Titel: Schnappschuss
Autoren: Garry Disher
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daran knabbern und berichtete ihnen dann weiter von Nathan Gent. »Nach dem Verlust seines Fingers bot man ihm einen Schreibtischjob an, doch er lehnte ab und beschloss, die Navy zu verlassen. Einem Psychologen zufolge, der ihn damals begutachtete, war er zutiefst deprimiert. Vielleicht hat sich das zu einer massiven Entfremdung entwickelt. Er verlässt die Navy und schließt sich mit anderen entfremdeten Ex-Navy-Leuten zusammen – zumindest einem davon, unserem Schützen.«
    Er schaute zu, wie seine Leute das alles aufnahmen, und fuhr dann fort: »Er wird als Fahrer angeheuert und begeht dabei den Fehler, sein eigenes Auto zu benutzen. Als er den Fehler erkennt, verscherbelt er den Wagen an einen Schrottplatz in der Nähe von Baxter. Keine Nummernschilder, aber der Platzbesitzer erinnert sich an Gent und hat uns eine ziemlich treffende Beschreibung gegeben. Bis jetzt«, sagte Challis und ließ seinen Blick um den Tisch herum wandern, »gibt es noch keine brauchbaren Spuren. Jede Menge Fingerabdrücke – viel zu viele. Der Wagen hat keine Sitze mehr, Lenkrad, Radio, Sicherheitsgurte, Rückspiegel, Handschuhfachdeckel, praktisch alles ist fort. Aber im Labor lassen sie gerade alle Fingerabdrücke durchlaufen, wollen wir also hoffen, dass sie auf jemanden stoßen, der im Computer steckt.«
    »Und wir wissen genau, dass es der richtige Wagen ist?«
    »Ja. Die Nummernschilder wurden entfernt, aber Fahrgestell- und Motornummer stimmen mit denen des Wagens überein, der Nora Gent gehörte.«
    »Also brauchen wir nur einen Abdruck, Chef.«
    »Richtig, aber vielleicht sind die Fingerabdrücke unseres Mannes nicht im Computer. Vielleicht trug er die ganze Zeit Handschuhe. Außerdem brauchen wir noch Nathan Gents Abdrücke.«
    Alle grübelten darüber nach. Mit halbem Ohr hörten sie auf die Telefone im Raum. Fast schien es, als würde ihre Ungeduld das Warten nur noch weiter in die Länge ziehen. Als sie endlich aufstanden, um das Zimmer zu verlassen, kam ein Anruf. Challis bedeutete ihnen, sich wieder zu setzen, legte auf und grinste. »Wir haben unseren einen Abdruck«, sagte er. »Offenbar hat unser Mann sein Aussehen im Kosmetikspiegel überprüft.« Er hielt kurz inne. »Trevor Vyner, Haftstrafen wegen Tätlichkeit und bewaffneten Raubüberfalls. Und«, fügte er hinzu, »Ex-Navy.«
    Auf einmal schienen sich alle besser auf ihren Stühlen zu fühlen.

61
    Am späten Nachmittag hatten sie zu dem Namen auch eine Adresse, Durchsuchungsbeschlüsse und einen Haftbefehl. Vier schwer bewaffnete Polizisten des Armed Response Team sollten als Erste hineingehen. Challis sah zwar ein, dass ihr Einsatz nötig war, aber nervös machten sie ihn trotzdem. Es gab so gut wie keinen öffentlichen Waffenbesitz, was taten diese Polizisten also Tag für Tag, außer zu trainieren und sich Fantasien hinzugeben? Übertrainiert und unerfahren, wie sie waren, bestanden ihre einzigen Verhaltensmuster in denen aus amerikanischen Filmen. Er beobachtete ihr Gehabe im Foyer von Vyners Wohnhaus, junge, schießwütige Burschen in funkelnagelneuer Ausrüstung wie für den Straßenkampf. Sie wussten, wer Challis war: der gehörnte Ehemann, dessen Frau ihn reingelegt und versucht hatte, ihn von einem Kollegen umbringen zu lassen. Und sie wussten, wer Ellen war: die Polizistin – eine Polizistin ,die sich hatte anschießen lassen. Also, ihnen würde so etwas nicht zustoßen, schienen ihre Kaugummi malmenden Kiefer zu signalisieren.
    Challis war beinahe froh, dass Vyners Wohnung leer war. Er hatte veranlasst, dass das Haus überwacht wurde, bis die Durchsuchungsbeschlüsse fertig waren. Es war niemand gesehen worden, der hinein ging oder heraus kam, aber das musste ja noch nicht bedeuten, dass Vyner nicht doch da war und darauf gefasst war, es bis zum letzten Atemzug auszuschießen. Challis trat durch den zersplitterten Türrahmen – die Hausverwaltung hatte ihnen einen Schlüssel zur Verfügung gestellt, aber das war ja nicht die Art der harten Jungs vom Armed Response Team – und besah sich schnell die vier leeren, lieblos mit Ikea-Möbeln eingerichteten Zimmer. Er ging davon aus, dass Vyner immer noch die Gewohnheiten seiner Jugendstrafen, des Armeelebens und der Gefängniszeit hatte und in seinem Leben wenig Raum oder Verlangen nach Besitz hatte.
    »Sie können jetzt gehen«, sagte Challis, als er es leid war, sich immer an breitschultrigen Kerlen vorbeizudrücken, die bis an die Zähne bewaffnet waren.
    »Und was, wenn er zurückkommt?«
    »Stellen
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