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Schmeckts noch

Titel: Schmeckts noch
Autoren: Eva Goris
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Zusatzstoffen und Reinigungsmitteln aus dem Stall direkt auf dem Acker.
    Ist von Medikamenten in der Massentierhaltung die Rede, zeigen alle Schweinebarone mit Unschuldsmiene sofort auf die »schwarzen Schafe« und reden von »kriminellen Machenschaften«, gegen die niemand gefeit sei. Doch selbst der ganz legale Einsatz von Medikamenten, damit die Tiere den eigenen Tod auf der Schlachtbank noch erleben, reicht nicht immer aus. Die Schweinepest beispielsweise macht seit Jahren immer wieder Schlag zeilen. Bei Massentötungen werden dann ganze Bestände, unter Umständen ein paar hunderttausend Schweine, ausgerottet, ihr Fleisch wird vernichtet, weil sich sonst in den Tierfbriken schnell Krankheiten ausbreiten können. Bei so vielen Tieren auf so engem Raum ist die Gefahr für epidemieartige Ausbrüche groß, denn ein Schwein steckt in der Enge unweigerlich das andere an.
    So grassieren Pest und Wahnsinn in den industriellen Tierfabriken. Auch wegen des Rinderwahnsinns (BSE) wurden viele Millionen gesunde Tiere »gekeult« und auf dem Scheiterhaufen verbrannt – alles mit dem Geld der Steuerzahler. Aber auch die gefürchtete Vogelgrippe wurde in den Megaställen ausgebrütet, denn hinter deren Türen wird nicht nur Fleisch produziert, hier gedeihen auch widerstandsfähige Keime und Bakterien, die mit jedem Umschlag der »Ware Tier« weiterverbreitet werden.
     
Deutschland, einig Schweineland
     
    Wenn das Fabrikschwein die Mast überlebt, wird es auf Tiertransporter verladen und viele Kilometer über die Autobahn Richtung Schlachthof gekarrt. In Schweinejahren gemessen, sind nur Tierkinder auf der Ladefläche zusammengepfercht, die nach einem kurzen Leben von 180 Tagen vom Fließband der Tierfabriken rollen. Sie haben Todesangst.
    Offiziell bleibt rund 1 Prozent auf der Strecke – das heißt, sie verenden schon vor der Ankunft im Schlachthaus auf der Ladefläche. Das sind pro Jahr rund eine halbe Million Tiere. Damit die stressempfindlichen Schweine die Fahrt zum Schlachthof überleben, werden ihnen vorher manchmal vorsorglich Betablocker und Beruhigungsmittel verabreicht. Psychopharmaka erleichtern den Weg zur Schlachtbank ungemein – da geht das Schwein irgendwie entspannter in den Tod …
    All die Qualen, die die Fabrikschweine auf ihrem kurzen Lebensweg vom Stall bis zur Schlachtbank erdulden müssen, werden von Tierschützern, aber auch von Verhaltensforschern und kritischen Wissenschaftlern mit Folter verglichen. Tierschützer reden seit langem vom »Krieg gegen die Tiere«, wenn es um Massentierhaltung geht.
    Und in Zukunft? Deutschland wird ein »einig Schweineland« mit historischen Dimensionen werden. In puncto Massentierhaltung ist der Osten unaufhaltsam auf dem Vormarsch: Sachsen-Anhalt und Brandenburg ziehen mit dem Weser-Ems-Gebiet in Niedersachsen gleich, wenn es um die Zahl der Schweinehaltungsplätze geht.
    Überall in der Republik boomen die Fleisch fabriken. Die Schweinebestände werden in den nächsten Jahren einen historischen Höchststand erreichen, so der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Deutschland wird mit Megaställen von 80 000 bis 100 000 Mastplätzen, die mit staatlichen Beihilfen aus Steuergeldern gefördert werden, zum Schweineland Nummer eins in Europa.
    Gibt es dann wenigstens mehr Arbeitsplätze in der Landwirtschaft? Fehlanzeige. Die Zahl der Schweinehalter hat sich in den letzten Jahren mehr als halbiert, die Zahl der Schweine pro Betrieb dagegen im Durchschnitt verdoppelt, wie die Umweltstiftung Euronatur ermittelt hat. Der Staat fördert ein Mehr an Schweinen und den Abbau von Arbeitsplätzen.
    Das gilt generell in der Landwirtschaft: Die Zahl der bäuerlichen Betriebe hat sich in den letzten 50 Jahren von 2,2 Millionen auf knapp 400 000 Betriebe verringert. Die letzten zehn Jahre waren in puncto Höfesterben besonders krass: Anfang der neunziger Jahre gab es noch 650 000 Bauernhöfe, heute sind es ein Drittel weniger, und ein Ende des Höfesterbens ist längst noch nicht abzusehen. Dabei werden nicht nur Existenzen vernichtet, sondern auch Kulturlandschaften zerstört. Pendler ziehen aufs Land, weil sie nach Feierabend eine bäuerliche Idylle suchen, die es in weiten Landstrichen längst nicht mehr gibt.
    Etwa 20 000 Landwirte leben in Deutschland von der Schweinehaltung. Viele von ihnen werden in Zukunft den Giganten weichen müssen – »Bauernopfer« im wahren Sinn des Wortes. In den Tierfabriken gibt es keine Bauern mehr, sondern nur nochHilfsarbeiter oder
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