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Schmeckts noch

Titel: Schmeckts noch
Autoren: Eva Goris
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Artgenossen schon, bevor sie den Schlachthof erreichen. Dass die Tiere leiden, kann der Fleischesser hinterher schmecken. In Todesangst werden die Muskeln der Tiere mit dem Stresshormon Adrenalin überschwemmt – das Fleisch bekommt den typischen, unangenehm strengen »Schweinegeruch«, der jedem Gourmet den Appetit verdirbt.
     
Blass, weich und wässrig
     
    Nach all den Qualen schmeckt dem Verbraucher das Billigfleisch am Ende oft nicht. Zu fad sei es, klagt er. Und es schrumpfe in der Pfanne. Dafür gibt es in der Fleischerbranche einen Fachbegriff: Man redet von »PSE-Fleisch«. Die drei Buchstaben kommen aus dem Englischen und stehen für »pale« (blass), »soft« (weich) und »exudative« (wässrig). Was die Werbung als »ein Stück Lebenskraft«verkauft, verliert beim Garen oder Braten viel Wasser und spritzt dabei die Küche voll. Das ist typisch für Fleisch aus Massentierhaltung, das mit Kraftfutter zu möglichst schnellem Muskelwachstum angeregt wird und dabei Wasser einlagert. Beim Einkauf erkennt man Fabrikfleisch schon an der blassrosa Farbe. Es ist nahezu fettfrei und schwimmt oft schon in der Auslage an der Fleischtheke im eigenen Saft. Doch am Markt ist man erfinderisch. Weil das Fleisch nicht schmeckt, hat die Gewürzindustrie eigens Kotelettund Schnitzelwürze erfunden, die den Geschmack etwas aufpeppen soll.
    Gutes Schweinefleisch braucht nicht viel Würze. Es ist langsam gewachsen, hat eine kräftige, hellrote Farbe und ist marmoriert, das heißt, feine Fettäderchen durchziehen die Muskelfasern. Beim Schwein ist Fett im Muskelfleisch kein Manko, sondern ein Qualitätsmerkmal. Das Fleisch ist saftiger und viel zarter als das Fleisch der mageren Kastraten, die aus der Massentierhaltung in die Supermärkte kommen. Intramuskuläres Fett von langsam gewachsenen Schweinen ist nicht nur Träger all der wunderbaren Aroma- und Geschmacksstoffe, die gutes Schweinefleisch zum Genuss machen, sondern auch wichtig für die Fülle an Vitaminen, die in tierischen Lebensmitteln vorhanden ist: Fleisch von glücklichen Schweinen schmeckt nicht nur besser, es ist auch gesünder.
    Da kann das Massenschwein nicht mithalten, denn die Marmorierung ist abhängig vom sogenannten Ausmästungsgrad der Tiere. Fleisch von Jungtieren kann noch keine Marmorierung haben, denn der Muskel hatte keine Zeit, langsam zu wachsen und Fett anzusetzen. Kalorienmäßig schlägt dieser Fettanteil übrigens kaum zu Buche. 100 Gramm Schweineschnitzel haben etwa 200 Kilokalorien, ein Kotelett gut 150 kcal. Fürs Übergewicht ist da schon eher die fette Soße verantwortlich.
    »Wer zuviel Fleisch isst, lebt generell nicht gesund«, sagt der Ernährungswissenschaftler Günter Wagner vom Institut für Sporternährungin Bad Nauheim. »Harnsäure und speziell Purine aus Innereien wie der Leber können sich im Körper anreichern und sind nur schwer abbaubar.« Sportler kommen schnell in eine Unterversorgung mit Flüssigkeit, wenn sie beim Training viel schwitzen. »Dann wächst mit dem Purin im Körper die Verletzungsgefahr«, sagt Wagner. Sportmediziner raten heute von zu hohem Fleischkonsum ab und propagieren Bio. Die Mär von einem höheren Fleischbedarf für den Muskelaufbau hält sich jedoch hartnäckig. Dabei ist für einen Muskelaufbau von zehn Kilogramm im Laufe eines Jahres nur etwa ein Mehrbedarf von sechs Gramm Eiweiß am Tag nötig. Das ist die Menge Eiweiß, die in einem 125-g-Becher Joghurt enthalten ist. Die Legende vom kraftspendenden Steak ist dennoch nicht totzukriegen. Dabei sind sehr viele Profisportler weltweit heute Vegetarier. Wer Getreideprodukte clever mit Milch kombiniert (zum Beispiel im Müsli), versorgt den Körper mit allen wichtigen Aminosäuren.
     
Nur wo Bio draufsteht, ist auch Bio drin
     
    Wenn es um Qualität geht, lässt der Kunde sich leicht an der Nase herumführen. Man kann es kaum glauben, aber es gibt gut 70 000 verschiedene Gütesiegel, die den Markt mit Qualitätsversprechen überschwemmen. Im Dschungel der Gütesiegel wird mit Wortspielereien gesundes Landleben suggeriert und eine Heile-Welt-Tierzucht versprochen, obwohl das Produkt geradewegs aus den Tierquälanstalten der Massenhaltung stammt. Von »artgerechter Tierhaltung« ist da die Rede, von »kontrolliertem Anbau« und »traditioneller Produktion«. Klingt gut, doch die Begriffe sind nicht geschützt und damit völlig bedeutungslos. Sie bieten ein perfektes Deckmäntelchen, unter dem sich konventionelle Wareals Bio- oder Ökoprodukte tarnen
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