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Schmeckts noch

Titel: Schmeckts noch
Autoren: Eva Goris
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gibt es jede Menge Prämien wie die Ackerprämie, Stallbauinvestitionen und Subventionen für EU-Kühllager. Deutschland finanziert insgesamt 33 Prozent der gesamten EU-Gelder, und so zahlt der deutsche Steuerzahler für die Agrarsünden in anderen Ländern gleich mit.
    Noch teurer kommt es uns zu stehen, dass die Nutztiere aus den Tierfabriken Lebewesen mit Körpern wie Hochleistungsmaschinen sind, und so anfällig wie der Motor eines Formel-1-Rennwagens für technische Probleme ist, so anfällig sind die überzüchteten Körper der Tiere für Krankheiten. Die Erzeuger haben den Marktdruck im Rücken, ihnen geht es nur um eines: in möglichst kurzer Zeit mit möglichst wenig Aufwand und möglichst geringen Kosten möglichst viel Fleisch zu produzieren. Das heißt für die armen Schweine: wenig bewegen und fressen, fressen, fressen, um schnell viel Körpermasse anzusetzen.
     
Mit Antibiotika spielt man nicht
     
    Computergesteuerte Futterautomaten geben den Takt vor, in dem Schweine rasant schlachtreif gemästet werden. Gut die Hälfte des Futters wird – wie Soja – aus Ländern importiert, in denen die Menschen wenig zu essen haben. Bis 2006 wurden Antibiotika als »Leistungsförderer« gleich mit dem Futter verabreicht. Die antibiotische Masthilfe bewirkte eine bessere Nährstoffverwertung – auf gut deutsch: Die Schweine setzten schneller Muskelmasse an. Praktischerweise hemmten die Medikamente ganz nebenbei auch das Wachstum schädlicher Mikroorganismen imDarm. So konnte man die »Masse Tier« im Stall einigermaßen gesund halten.
    Doch dass man mit Antibiotika nicht spielen soll, zeigte sich spätestens Ende der neunziger Jahre, als es zu Problemen in der Humanmedizin kam, weil Antibiotika, die wirksamsten Waffen der Ärzte, plötzlich stumpf geworden waren. Obwohl die Ursachen dafür durchaus bekannt waren, wurde der Schwarze Peter zumindest sprachlich den Patienten zugeschoben: Patienten, die auf Antibiotika nicht mehr ansprechen, heißen in der Fachsprache ironischerweise »Therapieversager«.
    Vier der sogenannten Leistungsförderer (Spiramycin, Tylosinphosphat, Virginiamycin und Zink-Bacitracin), die als Zusatzstoffe bei der Tierernährung verwendet wurden, mussten deshalb schon vor der Jahrtausendwende europaweit verboten werden. Da sich in der Tiermedizin eingesetzte Antibiotika im Aufbau unwesentlich von den Antibiotika in der Humanmedizin unterscheiden, war es zu Resistenzen gekommen, das heißt, man hat sich widerstandsfähige Bakterien an den Hals gezüchtet, gegen die die Humanmedizin zunehmend hilflos ist. Zum Beispiel gibt es mehr und mehr Resistenzen gegenüber Fluorchinolonen: 40 Prozent der Campylobacterkeime und Salmonellen sind mittlerweile gegen diese Gruppe von Antibiotika resistent, die Keime sind also trotz Medikamenteneinsatz überlebensfähig. Beim Menschen wurden diese Antibiotika, die in der Geflügelzucht eine große Rolle spielen, lange erfolgreich gegen Harnwegsinfekte und Atemwegserkrankungen eingesetzt.
    Mittlerweile dürfen Antibiotika zwar nicht mehr als Masthilfe, sondern nur noch zur Behandlung von Krankheiten in den Ställen eingesetzt werden. Aber 80 Prozent aller Antibiotika sind von dem Verbot nicht betroffen, denn sie werden den Tieren jetzt zu Therapiezwecken verabreicht. Die Rede ist nicht von ein, zwei Pillen und ein wenig Pülverchen, sondern von mehreren hundert Tonnen Antibiotika, die den Tieren Jahr für Jahr verabreicht werden,denn die sensiblen, bei natürlicher Haltung äußerst robusten Schweine reagieren auf die Qualen in den Tierfabriken häufig mit Krankheiten.
    Es gibt eine vorgeschriebene Wartezeit bis zur Schlachtung, damit der tierische Organismus genug Zeit hat, das Medikament abzubauen. So werden Rückstände im Fleisch vermieden. Doch was passiert im Darm der Tiere? In der Gülle, die als Dünger auf die Felder gebracht wird, finden sich die Medikamente wieder und gelangen über frisch geerntetes Gemüse auf den Tisch der Verbraucher. Tetracyclin zum Beispiel können Tiere im Körper nicht ganz verstoffwechseln – es landet mit der Gülle auf den Feldern und später im Gemüse. Selbst Vegetarier sind daher heute nicht mehr sicher vor den Auswirkungen der großindustriellen Tierzucht: Was auf Gülleflächen wächst, kann mit Antibiotika belastet sein. Wissenschaftler haben auf Versuchsfeldern Rückstände von Chlortetracyclin in Feldsalat und sogar in reifem Korn von Winterweizen gefunden. Mit der Gülle landen obendrein Keime, Rückstände aus
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