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Schluessel zur Hoelle

Schluessel zur Hoelle

Titel: Schluessel zur Hoelle
Autoren: Jack Higgins
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ging. Er nahm eine Flasche Whisky heraus und spülte in der Schüssel auf dem Waschtisch zwei Gläser. Als er sich umdrehte, stand sie neben dem Bett und blickte zu ihm herüber. Sie sah in dem viel zu weiten Pullover seltsam hilflos aus.
      »Um Gottes willen, setzen Sie sich, bevor Sie zusammenklappen«, sagte er.
      Sie ließ sich in den Rohrsessel neben der Balkontür sinken, legte ihren Kopf an das Fenster und starrte in die Dunkelheit hinaus. Draußen auf dem Meer heulte unheimlich ein Nebelhorn. Sie erschauerte.
      »Das dürfte wohl das trostloseste Geräusch sein, das es gibt.«
      »Thomas Wolfe hielt das Pfeifen einer Lokomotive für noch trostloser«, sagte Chavasse. Er schüttete Whisky in das eine Glas und gab es ihr.
    Sie sah ihn fragend an. »Thomas Wolfe? Wer war das?«
      Er zuckte die Achseln. »Ach, ein Dichter – ein Mann, der wußte, was Trostlosigkeit ist.« Er trank einen Schluck. »Mädchen wie Sie sollten sich nicht mitten in der Nacht am Hafen herumtreiben – das müßten Sie eigentlich wissen. Wenn ich nicht zufällig aufgekreuzt wäre, hätten sie Sie wahrscheinlich vergewaltigt und ins Wasser geworfen.«
      Sie schüttelte den Kopf. »Sie wollten mich nicht vergewaltigen.«
      Er trank noch einen Schluck Whisky und dachte einen Moment nach. »Wollen Sie mir nicht erzählen, was los ist? Vielleicht kann ich Ihnen helfen.«
    Sie hielt ihr Glas in beiden Händen und starrte mit düsterem Gesicht darauf nieder. Er fügte leise hinzu: »Ist es eine Geheimdienstsache? Hat Sie die S2-Zentrale hierhergeschickt?«
      Sie blickte erschrocken auf und schüttelte heftig den Kopf. »Nein, die Zentrale weiß nichts davon, und sie darf es auch nicht erfahren. Das müssen Sie mir versprechen. Es ist eine Familienangelegenheit, etwas völlig Privates.«
      Sie stellte ihr Glas hin, stand auf und ging im Zimmer auf und ab. Dann blieb sie stehen und sah ihn an. Angst stand in ihrem Gesicht. Sie warf mit einer raschen nervösen Bewegung den Kopf zurück und lachte.
      »Das Dumme ist, daß ich immer nur im Innendienst gearbeitet habe, nie im Außendienst. Ich weiß einfach nicht, was man in so einer Situation tut.«
      Chavasse holte seine Zigaretten hervor, steckte sich eine in den Mund und warf ihr die Schachtel zu. »Warum schütten Sie mir nicht Ihr Herz aus? Ich habe große Erfahrung im Trösten hübscher Mädchen.«
      Sie fing die Schachtel automatisch auf und sah ihn stirnrunzelnd an. »Gut, Paul, aber alles, was ich Ihnen sage, muß unter uns bleiben. Meine Vorgesetzten bei S2 dürfen nichts davon erfahren. Es könnte mich in ernstliche Schwierigkeiten bringen.«
    »Okay.«
      Sie setzte sich, nahm eine Zigarette aus der Schachtel und zündete sie an. »Was wissen Sie von mir, Paul?«
      Er zuckte die Achseln. »Daß Sie für S2 in Rom arbeiten. Mein Chef hat mir gesagt, daß Sie eine unserer besten Mitarbeiterinnen hier unten sind.«
      »Ich bin seit zwei Jahren bei S2«, begann sie. »Meine Mutter war Albanierin, daher spreche ich fließend Albanisch. Ich nehme an, deshalb hat sich S2 für mich interessiert. Sie war die Tochter eines Geg-Häuptlings. Mein Vater war 1939 Alpinioberst bei der italienischen Besatzungsarmee. Er fiel gleich zu Beginn des Krieges.«
    »Lebt Ihre Mutter noch?«
    »Sie ist vor fünf Jahren gestorben. Nachdem Enver Hodscha und die Kommunisten die Macht übernommen hatten, konnte sie nicht mehr nach Albanien zurück. Zwei Brüder von ihr gehörten den Legaliteti in Nordalbanien an, die für die Monarchie eintraten. Während des Krieges kämpften sie unter Abas Kupi. 1945 wurden sie von Hodscha liquidiert.«
      In ihrem Gesicht war kein Schmerz. Sie schien sich schon lange damit abgefunden zu haben.
      »Das erklärt, warum Sie bereit waren, für S2 zu arbeiten«, sagte Chavasse leise.
      »Der Entschluß fiel mir nicht schwer. Ich hatte nur noch einen alten Onkel, einen Bruder meines Vaters, der uns aufgezogen hatte, und meinen Bruder, der an der Sorbonne Volkswirtschaft studierte.«
    »Wo ist er jetzt?«
      »Ich sah ihn zum letztenmal in den Bojanasümpfen in Nordalbanien. Er lag mit dem Gesicht nach unten in einem Schlammloch. Sein Rücken war von einer Maschinengewehrsalve zerfetzt.«
      Einen Moment herrschte Schweigen. Dann sagte Chavasse behutsam: »Wann war das?«
      »Vor drei Monaten. Ich war damals auf Urlaub in Albanien.« Sie hielt ihm ihr Glas hin. »Kann ich noch etwas haben?«
      Er schenkte ihr ein. Sie trank
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