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Schluessel zur Hoelle

Schluessel zur Hoelle

Titel: Schluessel zur Hoelle
Autoren: Jack Higgins
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Kinnspitze lief eine alte weiße Narbe. Zwischen seinen Zähnen steckte eine dünne Zigarre, wie sie holländische Seeleute zu rauchen pflegen. Ohne sie herauszunehmen, sagte er: »Giulio Orsini, Besitzer der Buona Esperanza.«
    Noci spürte, wie ein Gefühl der Erleichterung in ihm aufstieg.
    »Enrico Noci.«
      Er streckte die Hand aus. Orsini drückte sie kurz; dann nickt er dem jungen Matrosen zu. »Leg ab, Carlo«. Er deutete auf die Kajütentreppe. »Gehen Sie runter und nehmen Sie sich einen Drink. Bleiben Sie unten, bis ich Sie hole.«
      Während Noci zur Treppe ging, machte Carlo die Jacht los und lief schnell zum Heck. Der Motor sprang donnernd an, und die Buona Esperanza glitt in den Nebel.
      Die Kajüte war warm und gemütlich eingerichtet. Noci sah sich befriedigt um, stellte seine Segeltuchtasche auf den Tisch, nahm eine Flasche aus einem Eckschrank und schenkte sich einen Whisky ein. Er kippte ihn hinunter, legte sich auf eine der Kojen und zündete sich eine Zigarette an. Eine angenehme Wärme durchströmte ihn.
      Im Vergleich zu dem alten Kahn, mit dem er bisher nach Albanien gefahren war, war diese Jacht luxuriös. Orsini war ein neues Gesicht, doch daran war nichts Überraschendes. Die Gesichter wechselten ständig. In dieser Branche durfte man kein Risiko eingehen.
      Ein zufriedenes Lächeln umspielte Nocis Mund, während die Jacht voranschoß. Wenn man die Geschwindigkeit beibehielt, würde man ihn noch vor Morgengrauen an der Küste bei Dürres absetzen. Gegen Mittag würde er in Tirana sein. Dies war seine sechste Reise innerhalb sechs Monaten, und wenn er sie hinter sich hatte, würden weitere fünftausend Dollar auf seinem Konto bei der Genfer Bank liegen. Kein schlechtes Geschäft, doch man durfte es nicht übertreiben. Nach dieser Fahrt war ein Urlaub angebracht – ein langer Urlaub.
    Er hatte beschlossen, ihn auf den Bahamas zu verbringen. Weiße Strände, ein tiefblauer Himmel und ein hübsches bronzebraunes Mädchen, das durchs Wasser auf ihn zuwatete. Am liebsten eine Amerikanerin. Sie waren so naiv und hatten noch so viel zu lernen.
      Plötzlich verschluckte sich der Motor und starb ab; der Bug der Buona Esperanza senkte sich, und sie verlor rasch an Fahrt. Noci setzte sich auf, neigte den Kopf zur Seite und lauschte. Er hörte nichts außer dem plätschernden Geräusch, mit dem die Wellen an den Rumpf schlugen.
      Irgendein sechster Sinn, den er in all den Jahren des Doppelspiels und Verrats entwickelt hatte, sagte ihm, daß etwas nicht stimmte. Er sprang auf, zerrte den Reißverschluß der Segeltuchtasche auf und nahm eine Beretta heraus. Er entsicherte sie und schlich zum Fuß der Kajütentreppe. Die Jacht schaukelte hin und her, und oben drehte sich leise quietschend die Tür in den Angeln.
      Er lief rasch, sich mit der Hand die Wand entlangtastend, die Treppe hinauf und steckte vorsichtig den Kopf hinaus. Das Deck schien leer zu sein; der Nebel umhüllte die Navigationslichter wie silberne Spinnweben.
      Als er hinauskam, sah er rechts von sich ein Streichholz aufflammen. Ein Mann trat aus dem Dunkel. Er beugte den Kopf und zündete sich eine Zigarette an. Im Schein der Flamme sah Noci ein scharfgeschnittenes Teufelsgesicht mit hohen Backenknochen, unter denen die Augen wie schwarze Höhlen lagen. Der Mann warf das Streichholz weg, und steckte dann die Hände in die Hosentaschen. Er trug einen dicken Seemannspullover, und sein dunkles Haar glänzte feucht.
    »Signor Noci?« sagte er leise in fließendem Italienisch.
      »Wer sind Sie, zum Teufel?«fragte Noci. Sein Magen krampfte sich zusammen.
    »Mein Name ist Chavasse – Paul Chavasse.«
    Es war ein Name, den Noci nur zu gut kannte. Er seufzte unwillkürlich und hob die Beretta. Da packte eine Hand mit eisernem Griff seinen Arm und entwand ihm die Waffe. Als Noci herumfuhr, sah er, daß es Giulio Orsini war. Er sagte: »Machen Sie keine Dummheiten.«
      Links von ihm trat Carlo aus dem Dunkel und starrte ihn an. Noci blickte sich hilflos um, und Chavasse streckte die Hand aus.
    »Geben Sie mir das Kuvert.«
      Noci holte es zögernd hervor, reichte es ihm und stand regungslos da, während Chavasse den Inhalt studierte. Die Küste konnte kaum einen Kilometer weit weg sein. Keine Entfernung für einen geübten Schwimmer wie ihn, und Noci war klar, was passieren würde, wenn er nicht machte, daß er wegkam.
      Als Chavasse das erste Blatt umdrehte, schlüpfte Noci unter Orsinis Arm durch und rannte
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