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Schlangenlinien

Titel: Schlangenlinien
Autoren: Minette Walters
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sei auf der Suche nach Jock gewesen.«
    »Was bedrängst du eigentlich mich?«, fragte sie ärgerlich. »Sam ist derjenige, der gelogen hat. Ich habe mich an die Wahrheit gehalten, als ich ausgesagt habe, dass ich den ganzen Abend zu Hause war und auf meinen Mann gewartet habe. Ich brauche gar nicht zu lügen und zu behaupten, ich wäre allein gewesen; diesen Schluss hat die Polizei von sich aus gezogen. Kann ich vielleicht was dafür, wenn Sam eine Aussage unterschreibt, der zufolge er bei euch zu Hause war, obwohl das gar nicht stimmt?«
    »Na ja, es ist ja wohl so, dass du ihm keine Wahl gelassen hast. Du hast ihn, sagt er, am nächsten Morgen in der Firma angerufen und erzählt, die Polizei wolle von allen Leuten in der Graham Road wissen, wo sie sich am Abend zuvor aufgehalten hätten, weil sie nach Zeugen suchten, die Annie noch gesehen hatten. Angeblich hast du gesagt, du hättest ihm aus der Patsche geholfen, indem du ausgesagt hättest, er und Jock wären von Viertel vor acht Uhr an bei uns zu Hause gewesen; jetzt müsse er nur noch Jock dazu bringen, diese Geschichte zu bestätigen. Ich würde nie im Leben auf den Gedanken kommen, dass er bei dir gewesen ist, hast du ihm erklärt, wenn gerade dein Mann ihm ein Alibi gäbe. Und du hast Recht gehabt, ich bin tatsächlich nicht auf den Gedanken gekommen.«
    »Das ist wohl Sams Version?«, erkundigte sie sich sarkastisch.
    »Richtig.«
    Wieder sah sie zu meinem Rucksack hinunter. »Und es gibt keine Aussage von einer neugierigen Telefonistin, die das Gespräch mitgehört hat und bestätigt?«
    »Nein.«
    »Dann glaub
du
, was
du
willst, und die Polizei soll glauben, was
sie
will«, sagte sie gleichmütig. »Sam wird die Geschichte immer so erzählen, wie es ihm in den Kram passt, das ist nur menschlich. Aber er ist derjenige, der gelogen hat. Ich habe die Wahrheit gesagt, und es fällt mir nicht ein, mich für seine Falschaussagen bestrafen zu lassen.«
    Ich nickte, als wäre ich ganz ihrer Meinung. »Das kann ich verstehen. Aber du musst darauf vorbereitet sein, dass die Polizei dich fragen wird, wer sich was ausgedacht hat und wann. Sams revidierter Aussage zufolge stammten nämlich die Ideen zu der Falschaussage von dir – insbesondere die Behauptung, er und Jock hätten Annie um Viertel vor acht in der Graham Road gesehen.« Ich hielt kurz inne. »Sam sagt, das sei deine Idee gewesen. Du hättest ihm erzählt, die Polizei suche Zeugen, die Annie früher am Abend auf der Straße gesehen hätten, und du hättest gesagt, wenn er eine entsprechende Aussage mache, würde man die ganze verdammte Geschichte als Unfall zu den Akten legen.«
    Ich log natürlich – Sam hatte nie bestritten, dass er Annie nur erwähnt hatte, um seinen Hals aus der Schlinge zu ziehen, die er selbst geknüpft hatte, als er zu mir gesagt hatte, Annie sei betrunken gewesen –, aber Libby hatte die Erfindungsgabe nicht gepachtet. Es war faszinierend zu beobachten, wie schnell es mit ihrer Selbstbeherrschung vorbei war, wenn ihr etwas vorgeworfen wurde, dessen sie nicht schuldig war. Sie erinnerte mich plötzlich auf unangenehme Weise an Maureen. So giftig und gehässig wie diese fiel Libby nun über uns her. Gemeine Schweine seien wir alle miteinander – wir hätten uns gegen sie verschworen, weil wir sie nicht leiden könnten – wir versuchten, Sam als das arme Opfer hinzustellen und alle Schuld auf sie abzuwälzen ...
    »Warum hätte ich einen so idiotischen Vorschlag machen sollen?«, fragte sie zum Schluss. »Was wäre gewesen, wenn die Polizei Jock und Sam nicht geglaubt hätte? Wenn wir alle hätten aufdecken müssen, was wir an dem Abend wirklich getan hatten? Weshalb hätte ich ihn veranlassen sollen zu sagen, er habe Annie gesehen, noch dazu genau in dem Zeitraum, für den wir beide ein todsicheres Alibi hatten? Das wäre doch völlig unnötig gewesen und hätte bei der Polizei höchstens den Verdacht geweckt, wir steckten unter einer Decke und versuchten, von uns abzulenken.«
    Ich betrachtete sie einen Moment lang schweigend. »Aber warum musstest du denn überhaupt fürchten, man würde euch verdächtigen, etwas getan zu haben?«, fragte ich neugierig. »Als du Sam am folgenden Morgen angerufen hast, wusstest du doch nur, dass Annie abends um halb zehn vor unserem Haus ums Leben gekommen war?«
    Sie hatte sich rasch wieder in der Gewalt. »Sam sagte, du hättest behauptet, es wäre Mord.«
    »Das stimmt nicht«, widersprach Sam heftig. »Ich habe mich so entsetzlich
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