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Schlangenblut (German Edition)

Schlangenblut (German Edition)

Titel: Schlangenblut (German Edition)
Autoren: C. J. Lyons
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Spiegel. Sie wollte Bobby und Ashley nicht mit ihrem Aussehen erschrecken, aber Nick hatte sie ganz gut hinbekommen. Das frische weiße T-Shirt verbarg einen Großteil ihrer Verletzungen, und den Rest erledigte die Schlinge. Abgesehen von ihrem Veilchen, aber dagegen war wenig zu machen. Nick schlang ihr einen Arm um die Taille, und sie gingen zusammen zur Tür.
    Megan überraschte sie mit einer ungestümen Umarmung. »Ich bin ja so froh, dass es dir gutgeht, Mom.« Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und gab Lucy einen schnellen Kuss.
    Über Megans Kopf hinweg sah sie, wie Taylor und Walden sie grinsend beobachteten. Neben ihnen saß in seinem Rollstuhl Bobby Fegley, hinter ihm stand ein Mann in Pflegeruniform.
    »Bobby«, begrüßte sie ihn, auch wenn es ihr schwerfiel, Megan loszulassen. »Vielen Dank dafür, dass Sie gekommen sind. Ich kann mir vorstellen, wie schwer Ihnen das gefallen sein muss –«
    »Unsinn«, sagte der Pfleger. »Ich versuch ihn schon seit Monaten zu überreden, dass er mal aus dem Haus geht. Ihm kann es nur guttun, mal von seinem Computer wegzukommen und die wirkliche Welt zu sehen statt der virtuellen.«
    Bobby verzog das Gesicht, um klarzustellen, dass er die Weltsicht seines Pflegers nicht unbedingt teilte. Und Lucy verstand, warum das so war. In seiner eigenen Welt hatte Bobby alles im Griff, er konnte notfalls sogar Gott spielen und vor allem seine Körperbehinderung verdrängen.
    »Ich glaube, dass es Ashley sehr viel bedeuten wird, Sie einmal persönlich kennenzulernen.«
    »Taylor hat gesagt, dieser Kerl, der sie entführt hat, hätte behauptet, er wäre ich? Wird sie« – er hielt inne und wischte sich das Gesicht an dem Handtuch über seiner Nackenstütze ab –, »wird sie mich da nicht hassen?«
    »Sie haben geholfen, ihr das Leben zu retten. Ich denke, wenn Ashley erst einmal begreift, dass Sie wirklich ihr Freund waren und sie genau so mochten, wie sie war – sie selbst, und nicht die Charaktere, hinter denen sie sich versteckte –, dann wird ihr das ganz bestimmt helfen.« Lucy schaute Nick an in der Hoffnung, dass er es ebenso sah. Er nickte zustimmend. »Du bist alles, was sie hat.«
    Nick blieb bei Megan, während Lucy und die anderen durch den Flur zu Ashleys Zimmer gingen. Bobby hielt vor der Tür an, wo ihr Arzt sie bereits erwartete.
    »Das ist also der junge Mann?«, sagte er und bückte sich, um Bobby die Anstrengung zu ersparen, zu ihm hochblicken zu müssen. »Freut mich, Sie kennenzulernen. Bitte erschrecken Sie nicht über das, was Sie gleich sehen werden. Wir mussten sie sichern, um sie davon abzuhalten, sich selbst zu verletzen, und obwohl sie nicht mehr unter dem Einfluss von Beruhigungsmitteln steht, spricht sie nicht viel. Wundern Sie sich also nicht, falls sie keine Lust zum Reden hat.«
    Bobby nickte. »Lucy, kommen Sie auch mit?«
    »Sie hat schon nach Ihnen gefragt«, sagte der Arzt zu Lucy, als er die Tür öffnete.
    Lucy ließ Bobby den Vortritt und redet sich ein, dies zu tun, damit er mehr Platz für seinen Rollstuhl hatte. Dabei wusste sie ganz genau, dass es in Wirklichkeit nur Feigheit war. Dann holte sie tief Luft und folgte ihm. Der Arzt ließ die Tür offen stehen und wartete mit den anderen im Flur, von wo aus er alles hören konnte.
    Ashley lag reglos auf ihrem Bett. Mit ihren fächerförmig auf dem Kissen ausgebreiteten dunklen Haaren sah sie aus wie ein Dornröschen oder Schneewittchen, das auf den Kuss ihres Prinzen wartet – wenn man mal davon absah, dass ihre Handgelenke mit weichen Fesseln angeschnallt waren, auf der Innenseite ihres linken Unterarms hässliche frische Schnitte klafften und ihre Augen, ohne zu blinzeln, ins Leere starrten.
    »Ashley?« Bobby steuerte seinen Rollstuhl neben ihr Bett, um sie anzusehen. »Hallo, ich bin Bobby. Draco.« Keine Reaktion. Er blickte Lucy an, den Tränen so nahe, wie man nur sein konnte, ohne zu weinen. »Ich bin hier, Ashley. Und Lucy auch. Sie hat dich gerettet, weißt du noch?«
    Lucy trat näher und stellte sich hinter Bobbys Rollstuhl, damit Ashley sie ansehen konnte für den Fall, dass sie das wollte. »Nicht ich, wir beide haben dich gerettet. Bobby war mir eine große Hilfe. Er ist der echte Bobby – nicht der Mann, der dich entführt hat. Dieser Mann hat dich angelogen.«
    Schweigen. Was konnte sie sonst schon sagen? Wie sollte sie dieses Mädchen, das so viel durchgemacht und so viel verloren hatte, wieder zurücklocken in ein Leben, das weiteres Leid für sie
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