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Schlangenaugen

Schlangenaugen

Titel: Schlangenaugen
Autoren: Carol Grayson
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er dabei, ohne André anzusehen.
    Am Kai stand Emily und heulte sich die Augen aus. Sie hatte die Reisetasche zu seinen Füßen gepackt, die André jetzt hoch nahm. „Machen Sie´s auch gut, Sheriff“, versuchte er möglichst lässig zu antworten. Doch ob er wollte oder nicht, auch ihm saß ein Kloß im Hals. Jenkins nickte nur und ging über den Holzsteg zurück an Land.
    Der Kapitän gab das Zeichen zum Einziehen des Stegs und ein lautes Tuten bedeutete, dass der Dampfer sich nun in Bewegung setzen würde. André LeClerq atmete tief durch. Seine Ziehmutter hatte ihm eine einfache Kabine gemietet und etwas Geld zugesteckt mit der Ermahnung, nicht alles am Spieltisch einzusetzen. Ihr flehender Blick würde ihn noch lange verfolgen. Ob er Baton Rouge jemals wiedersehen würde? Freunde hatte er in dieser Stadt nur wenige besessen. Der alte Doc Brown gehörte dazu, doch der war vor einigen Jahren gestorben. Er hatte Emily und ihm sein Haus vermacht, so dass seine Ziehmutter gut versorgt war. Er selbst hatte sich nie viel aus Besitz gemacht. Emily arbeitete als Küchenhilfe in einem der Hotels. Von ihrer frühen Vergangenheit wusste er so gut wie gar nichts.
    André seufzte, als er sich auf Deck umschaute. Zeit für einen Whiskey. Ohne große Eile schlenderte er die Treppe hinunter zur Bar, um sich das braungoldene Getränk zu bestellen. Er kippte das fingerhoch gefüllte Glas auf einen Schluck hinunter und begab sich dann zu seiner Kabine auf dem Unterdeck. Er legte seine Reisetasche auf das schmale Bett, packte sein Rasierzeug aus und ging dann wieder nach oben an Deck.
    Die Kabinen auf dem Oberdeck waren den besser zahlenden Passagieren vorbehalten. Dort lag auch der Spielsaal mit den Roulette- und Black-Jack-Tischen, ein geradezu magnetischer Anziehungspunkt für den eleganten jungen Mann, der selbst jetzt, nach der kurzen Inhaftierung, aussah, als käme er von einem Ball. Eine gestreifte Seidenweste über einem weißen Hemd, eine schwarze Anzugjacke mit passender Hose und einem flachen, schwarzen Hut. Nicht zu vergessen den kleinen silbernen Taschenrevolver für Damen, den er stets im Stiefel versteckt bei sich trug. Natürlich nur für alle Fälle! Seinen richtigen Colt hatte der Sheriff beim Zahlmeister deponiert.
    Ein rhythmisches Zittern lief durch den hölzernen Rumpf des riesigen Schiffes, die Schaufelräder setzten sich behäbig in Bewegung. Die „Elizabeth Kane“ nahm Kurs auf die Flussmitte, um ihren Weg in Richtung Memphis anzutreten. Der breite Korpus mit den hohen und seltsam fragil wirkenden Säulen-Aufbauten erinnerte an ein übergroßes Spielzeug. Dampf trat aus den beiden Kaminen in der Mitte aus, als die „Kane“ Fahrt aufnahm.  
    „Auf zu neuen Ufern" , dachte André mit leichter Selbstironie, als er über die Reling schaute und noch einmal Emily Haven zuwinkte, der Frau, die ihn als Waisenjungen großgezogen hatte.  Sie war es gewesen, die ihm von seiner leiblichen Mutter erzählt hatte und ihm ihr zu Ehren einen französischen Vornamen gegeben hatte. Dennoch nannte sie ihn als Kind oft zärtlich „Andy“. André schüttelte sich, als wolle er die Erinnerungen wegwischen und ging dann hinunter in den Salon des Schiffes.  
    Das satte Grün der Pokertische leuchtete ihm entgegen. Die ersten Spieler hatten bereits einige der Tische besetzt. In einem anderen Salon wurde Roulette gespielt. Hier herrschte andächtige Stelle, wenn das rotschwarze Rad sich zu drehen begann. Dann folgte meist ein "Ah" oder "Oh", seltener auch so etwas wie ein Freudenruf, wenn es einen Gewinner zu verzeichnen gab. Roulette war nichts für André. Viel zu langweilig, wie er fand. Ihn reizte viel mehr ein verheißungsvolles Kartenblatt. Er hatte gelernt, in den Gesichtern seiner Mitspieler zu lesen. Jede Schweißperle, jede erweitere Pupille verriet ihm, wie es um den Gegner stand. Je höher die Einsätze wurden, desto höher stieg auch sein Adrenalinspiegel. Aber das war alles nichts gegen die Musik rollender Würfel! Und genau diese hatten dafür gesorgt, dass er nun in eine ungewisse Zukunft fuhr. Im Stillen fluchte er vor sich hin. Nach außen jedoch wirkte er cool und gelassen, während abschätzende Blicke ihn durch den Raum zur Bar geleiteten.
    Schon von weitem sah man ihm den professionellen Spieler an, trotz seiner Jugend und der kindlich blauen Augen, die neugierig umher schweiften. Nur nicht ans Spielen denken! Einen Whiskey noch und dann zurück an Deck. Eilig spülte er den Frust hinunter. Er warf dem
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