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Schlafender Tiger. Großdruck.

Schlafender Tiger. Großdruck.

Titel: Schlafender Tiger. Großdruck.
Autoren: Rosamunde Pilcher
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weißt doch, wie ner­vös mich Ge­schäf­te im­mer ma­chen. Ich wür­de al­les kau­fen.“
    „Wie sieht das Kleid aus?“
    „Nun, es ist weiß, so ei­ne Art Ro­sa­cre­me­weiß. Ich kann es nicht be­schrei­ben...“
    „Lan­ge Är­mel?“
    „O ja.“
    „Ist es kurz oder lang?“
    Kurz oder lang! Se­li­na starr­te Rod­ney ent­setzt an. „Kurz oder lang? Aber, na­tür­lich ist es lang! Oh, Rod­ney, glaubst du, ich hät­te ein Kur­z­es neh­men sol­len? Mir ist nie der Ge­dan­ke ge­kom­men, mir ein kur­z­es Hoch­zeits­kleid zu kau­fen. Ich wuß­te nicht ein­mal, daß man so et­was kau­fen kann.“
    „Mach nicht so ein be­sorg­tes Ge­sicht, Lieb­ling.“
    „Viel­leicht hät­te ich ein Kur­z­es kau­fen sol­len. Da es doch ei­ne Hoch­zeit im engs­ten Kreis wer­den wird, sieht ein lan­ges Kleid be­stimmt lä­cher­lich aus, nicht?“
    „Du könn­test es än­dern las­sen.“
    „Nein, das kann ich nicht. Es ist schon ge­än­dert wor­den.“
    „Nun, dann... Dann ist es egal“, be­sänf­tig­te Rod­ney sie.
    „Und du meinst nicht, daß ich al­bern aus­se­hen wer­de?“
    „Na­tür­lich nicht.“
    „Es ist sehr hübsch, wirk­lich.“
    „Da bin ich si­cher. Und jetzt ha­be ich ei­ne Neu­ig­keit für dich. Ich ha­be mit Mr. Ar­thur­sto­ne ge­spro­chen, und er hat sich ein­ver­stan­den er­klärt, dich zum Al­tar zu füh­ren.“
    „Oh!“
    Mr. Ar­thur­sto­ne war Rod­neys Se­ni­or­part­ner, ein ält­li­cher Jung­ge­sel­le mit äu­ßerst ver­knö­cher­ten An­sich­ten. Er litt an Ar­thri­tis in den Kni­en, und der Ge­dan­ke, an der Sei­te ei­nes Mr. Ar­thur­sto­ne, der eher ge­stützt wer­den muß­te, als daß er sie stütz­te, zum Al­tar zu schrei­ten, war ein­fach nie­der­schmet­ternd.
    Rod­ney zog die Au­gen­brau­en hoch. „Lieb­ling, et­was er­freu­ter könn­test du schon klin­gen.“
    „Oh, ich freue mich sehr. Es ist nett von ihm, daß er das über­neh­men will. Aber, sag mal, brau­che ich denn un­be­dingt einen Braut­füh­rer? Kön­nen wir nicht ein­fach zu­sam­men zur Kir­che fah­ren, und du und ich ge­hen zum Al­tar und wer­den ge­traut?“
    „Das schickt sich wirk­lich ganz und gar nicht.“
    „Aber ich ken­ne Mr. Ar­thur­sto­ne kaum.“
    „Na­tür­lich kennst du ihn. Er küm­mert sich seit Jah­ren um die Be­lan­ge dei­ner Groß­mut­ter.“
    „Aber das be­deu­tet nicht, daß ich ihn ken­ne.“
    „Du mußt doch nur mit ihm durch die Kir­che ge­hen. Je­mand muß dich zum Al­tar füh­ren.“
    „Ich be­grei­fe nicht, wie­so.“
    „Lieb­ling, so sind die Din­ge nun ein­mal. Und es gibt nie­mand an­de­ren, das weißt du.“
    Na­tür­lich wuß­te Se­li­na das. Es gab kei­nen Va­ter, kei­nen Groß­va­ter, kei­nen On­kel, kei­nen Bru­der. Nie­man­den. Nur Mr. Ar­thur­sto­ne.
    Sie seufz­te tief. „Wahr­schein­lich hast du recht.“
    Rod­ney tät­schel­te ih­re Hand. „Bra­ves Mäd­chen! Und jetzt hab ich ei­ne Über­ra­schung für dich. Ein Ge­schenk.“
    „Ein Ge­schenk?“ Sie war tat­säch­lich über­rascht. Soll­te es mög­lich sein, daß so­gar Rod­ney von der Fröh­lich­keit die­ses strah­len­den März­ta­ges an­ge­steckt wor­den war? Hat­te die­se Früh­lings­lau­ne ihn et­wa auf dem Weg zu sei­ner Ver­ab­re­dung mit Se­li­na in ei­ne rei­zen­de Bou­ti­que ge­führt, wo er ihr ir­gend­ei­ne nutz­lo­se Fri­vo­li­tät ge­kauft hat­te, um et­was Ro­man­tik in ih­ren Tag zu brin­gen? „Wirk­lich, Rod­ney?“ frag­te sie ge­spannt. „Wo ist es?“
    (Viel­leicht in sei­ner Ta­sche? Teu­re Ge­schen­ke wa­ren im­mer in klei­nen Schach­teln.)
    Rod­ney griff hin­ter sich und hielt ihr ein Pa­ket hin, das in Pa­pier ein­ge­wi­ckelt und mit ei­nem Bind­fa­den ver­schnürt war und ganz of­fen­sicht­lich ein Buch ent­hielt. „Hier“, sag­te er.
    Se­li­na ver­such­te, sich die Ent­täu­schung nicht an­mer­ken zu las­sen. Es war ein Buch. Hof­fent­lich war es we­nigs­tens lus­tig.
    „Oh, ein Buch!“ rief sie.
    Es fühl­te sich schwer an, und die Hoff­nung, daß es sie zum La­chen brin­gen wür­de, erstarb. Es wür­de ein äu­ßerst lehr­rei­ches, zum Nach­den­ken an­re­gen­des Buch sein, das auf in­tel­li­gen­te Art und Wei­se die ver­schie­de­nen ge­sell­schaft­li­chen
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