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Schlaf in himmlischer Ruh

Schlaf in himmlischer Ruh

Titel: Schlaf in himmlischer Ruh
Autoren: Charlotte MacLeod
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der Party geblieben.«
    »War ihr Mann dabei?«
    »Zum Teufel, er erinnert sich nicht
daran, wo er war. Höchstwahrscheinlich zu Hause mit der Nase in einem Buch oder
oben im Erdlabor beim Matschkuchenbacken.«
    »Das ist anzunehmen«, pflichtete ihm
Shandy bei.
    Timothy Ames verließ sein Arbeitszimmer
nie, wenn er es vermeiden konnte, außer um eine Vorlesung zu halten oder sich
in seinem Bodenprüflabor einzuschließen. Er war taub wie ein Schellfisch und
beim Smalltalk verloren, so daß nichts Ungewöhnliches daran war, daß Jemima
einem gesellschaftlichen Ereignis ohne ihren Gemahl beigewohnt hatte.
    »Wo ist sie hingegangen, als sie die
Party verließ?«
    »Mir scheint, sie ist direkt
hierhergekommen. Sie trug diesen Purpurumhang, den sie jetzt anhat, haben sie
gesagt. Professor Dysart sagt, er hat ihr hineingeholfen und sie zur Tür
gebracht. Wahrscheinlich ist sie auf den Saum getreten und hat so die Leiter
umgeworfen. Sie war rasend wegen dieser Dekorationen von Ihnen, haben sie
gesagt. Muß ein paar Drinks intus gehabt haben und hat wohl beschlossen,
rüberzukommen und sie runterzunehmen. Sehen Sie, da liegt so ein
Nikolausgesicht auf ihr drauf. So was sieht ihr ähnlich.«
    »Ja«, sagte der Professor betrübt, »das
tut es. Ich hätte es besser wissen müssen. Ich fühle mich persönlich
verantwortlich für diesen schrecklichen —«
    Er wollte »Unfall« ergänzen, aber das
Wort kam ihm nicht über die Lippen. Professor Shandy war ein ehrlicher Mann,
und da war die Sache mit der fehlenden Murmel, die noch erklärt werden mußte.
Sollte er Grimble diesen merkwürdigen Umstand erläutern oder nicht?
    Alles in allem eher nicht, dachte er.
Die Wachdiensttruppe des College war vornehmlich dafür ausgebildet, mit
unbefugten Eindringlingen und Ausschreitungen seitens der Studenten fertig zu
werden. Meister Grimble war ein Mann mit gutem Herzen, aber von beschränkter
Intelligenz. Man mußte ohnedies die Polizei rufen, so daß er seine Geschichte
genausogut erzählen konnte, wenn es etwas nützen würde. Je eher, desto besser.
Er fühlte sich mit jeder Sekunde erschöpfter.
    »Wollen Sie mein Telefon benutzen?«
drängte er.
    »Meinen Sie nicht, wir sollten
rübergehen und es Professor Ames persönlich sagen?« sagte der Wachdienstchef.
»In tausend Jahren würde der kein Telefon hören.«
    »Ja, aber sollten wir nicht zuerst die
Polizei verständigen? Wir haben einen ungeklärten Todesfall vor uns.«
    »Was ist so ungeklärt daran? Sie ist
gestürzt und hat sich den Schädel gebrochen.«
    »Aber muß man nicht gewisse, eh,
Formalitäten beachten?«
    »Fragen Sie mich was Leichteres. Ich
weiß nur, daß der Präsident uns die Hölle heiß macht, wenn das in die Zeitungen
kommt.«
    Grimble war wohl doch nicht so dumm.
Die Große Lichterwoche sollte bis Neujahr dauern. Mindestens die Hälfte der
Studenten hatte die Möglichkeit, Weihnachten bei ihrer Familie zu verbringen,
geopfert, um die Parkplätze, die Schlittenfahrten und die Erfrischungsbüdchen
einzurichten, um die riesigen Schneemänner zu bauen, die Weihnachtslieder zu
singen, die Freudenfeuer zu entfachen, die Eislaufteiche zu fegen oder Kostüme
anzuziehen und in pittoresker Haltung herumzustehen — alles zu Nutz und Frommen
jener goldenen Kälber, der Touristen. Die ganze Angelegenheit war für Studenten
und College ein ausgezeichnetes Geschäft, und der Präsident hätte allen Grund,
ärgerlich zu sein, wenn abträgliche Publicity die Besucher fernhielte. Auch
tapferere Männer als Grimble oder als fast jeder andere taten gut daran,
zweimal nachzudenken und vielleicht noch ein paar Mal mehr, bevor sie den Zorn
von Thorkjeld Svenson erregten.
    Dennoch erwiderte Shandy: »Dann
benachrichtigen wir ihn besser sofort.«
    »Gottseidank ist er beim Skifahren«,
sagte Grimble. »Ich schnappe mir wohl besser Fred Ottermole von der Polizeistation
unten. Er ist kein schlechter Kerl.«
    »Ja, tun Sie das. Eh — soll ich uns
nicht eine Tasse Kaffee machen, während wir auf ihn warten?«
    »Prima Idee. Drei Stück Zucker für
mich, wenn Sie sie entbehren können.«
    Der Wachdienstchef steckte einen dicken
Finger in die Wählscheibe, und Professor Shandy schaffte es endlich, seine
Küche zu erreichen.

Drittes Kapitel
     
     
     
     
     
     
     
    M it einem heißen Getränk und ein paar
altbackenen Plätzchen unter dem Gürtel fühlte sich Shandy schlechter, aber
nicht mehr so erledigt. Er schaffte es, Polizeichef Ottermole mit einer
angemessenen Mischung aus
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